Kernkraftwerk Tomari

Kernkraftwerk Tomari
Kernkraftwerk Tomari
Kernkraftwerk Tomari
Lage
Kernkraftwerk Tomari (Präfektur Hokkaidō)
Kernkraftwerk Tomari (Präfektur Hokkaidō)
Koordinaten 43° 2′ 14″ N, 140° 30′ 48″ OKoordinaten: 43° 2′ 14″ N, 140° 30′ 48″ O
Land Japan
Daten
Eigentümer Hokkaidō Denryoku
Betreiber Hokkaidō Denryoku
Projektbeginn 1984
Kommerzieller Betrieb 22. Juni 1989

Aktive Reaktoren (Brutto)

3  (2062 MW)
Eingespeiste Energie im Jahr 2006 8.554 GWh
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme 138.706 GWh
Website Seite des Betreibers (japanisch)
Stand 10. Dezember 2009
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.

Das Kernkraftwerk Tomari (jap. 泊発電所, Tomari hatsudensho), beim Ort Tomari im Landkreis Furuu in der japanischen Präfektur Hokkaidō gelegen, ist das einzige Kernkraftwerk auf Hokkaidō. Auf der Insel wohnen etwa 5,5 Millionen Menschen. Die Anlage auf ihrem 1,35 km2 großen Betriebsgelände gehört der Hokkaidō Denryoku.

Die Anlage hat drei Kernreaktoren von Mitsubishi.[1]

Zwischenfälle und Unfälle

Stromproduktion der Blöcke 1 und 2 des Kernkraftwerks von Inbetriebnahme bis 2007

1995 wurden einige Arbeiter schwer verletzt, als ein Tank mit radioaktivem Abfall Feuer fing.[2]

Am 17. August 2000 fiel ein Arbeiter im Bereich für radioaktive Abfälle in eine Auffangwanne. Er starb später im Krankenhaus. Trotz Dekontamination trug der Arbeiter noch im Krankenwagen kontaminierte Kleidung, weder Krankenwagenfahrer noch Klinikpersonal waren informiert und daher unvorbereitet.[3]

Im September 2003 lief Kühlwasser aus dem Primärkreislauf von Tomari-2 aus.[4]

Im Mai 2005 wurden einige Personen verhaftet, nachdem sie den 2,5 m hohen Sicherheitszaun überstiegen hatten, um Bambussprossen zu schneiden.[5]

Durch einen Computervirus gelangten im Juni 2005 Pläne und Daten vom PC eines Mitsubishi-Mitarbeiters ins Internet. Dazu gehörten auch Pläne der Kernkraftwerke Tomari und Sendai, ähnliches passierte auch einem Mitarbeiter der Nuclear and Industrial Safety Agency, der japanischen Atomaufsichtsbehörde.[6]

Nach Fukushima

Seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima sparen die Japaner massiv Strom, um vorsichtshalber – man befürchtet weitere Beben – möglichst viele Kernreaktoren abgeschaltet lassen zu können.[7]

Reaktor 1 in Tomari wurde am 20. April 2011 wegen „regular maintenance“ (planmäßiger Wartungsarbeiten) abgeschaltet; Reaktor 2 am 26. August 2011.[8]

Nachdem im März 2012 der vorletzte noch laufende Kernreaktor planmäßig vom Netz gegangen war[9], befand sich nur noch ein einziger Kernreaktor in Japan in Betrieb[9]: der Reaktor 3 im KKW Tomari.[8]

Am 5. Mai 2012 ging Tomari-3 als letzter Kernreaktor Japans nach der Atomkatastrophe in Fukushima wegen mehrmonatiger Wartungsarbeiten vorübergehend vom Netz. Damit musste Japan zum ersten Mal seit 42 Jahren vollständig ohne Kernenergie auskommen.[10]

Der Betreiber beantragte am 8. Juli 2013 bei der Aufsichtsbehörde NRA die Wiederinbetriebnahme der Einheiten Tomari-1, -2 und -3.[11]

Die japanische Atomaufsichtsbehörde stellte im Rahmen der fortdauernden Inspektion fest, dass das Notkühl-System des Kernkraftwerks Tomari nicht den neuen Anforderungen entspricht. Der Konzern Hokkaido Electric kündigte daher zusätzliche umfangreiche Maßnahmen an. Aufgrund dieser Umstände soll sich die Inbetriebnahme des Kraftwerks „deutlich“ verzögern.[12]

Im September 2018 kam es durch ein Erdbeben zur Unterbrechung der externen Stromversorgung, daher musste das Abklingbecken mit dieselbetriebenen Notstromaggregaten gekühlt werden. Radioaktivität wurde nicht freigesetzt.[13][14]

Die Nachrichtenagentur Reuters bewertete ein Wiederanfahren aller drei Blöcke der Anlage im Jahr 2014 noch als „wahrscheinlich“.[15] Ende Oktober 2018 befand sie, dass ein Wiederanfahren von Block 3 „ungewiss“ sei, von Block 1 und 2 „unwahrscheinlich“. Hokkaidō Denryoku gibt an, man habe etwa 200 Mrd. Yen (ca. 1,75 Mrd. US-Dollar) in die Umrüstung des Kraftwerks investiert. Es wurde ein Tsunamischutzwall errichtet, der nach dem letzten Erdbeben möglicherweise schadhaft ist und erneuert werden muss. Zudem fokussieren sich Untersuchungen der japanischen Atomaufsicht auf eine mögliche aktive Verwerfung, die direkt unter den Reaktorgebäuden verläuft. Es sei nicht auszuschließen, dass das Erdbeben vom September 2018 das Urteil der Atomaufsicht hinsichtlich eines Wiedereinfahrens der Anlage beeinflussen wird.[16]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Tomari hat drei Blöcke:

Reaktorblock[17] Reaktortyp Netto-
leistung
Brutto-
leistung
Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Abschal-
tung
Tomari-1 Druckwasserreaktor 550 MW 575 MW 12.07.1985 06.12.1988 22.06.1989 Seit 4/2011 im Langzeitstillstand
Tomari-2 Druckwasserreaktor 550 MW 575 MW 08.05.1986 27.08.1990 12.04.1991 Seit 8/2011 im Langzeitstillstand
Tomari-3 Druckwasserreaktor 866 MW 912 MW 18.11.2004 10.12.2009 10.12.2009 Seit 5/2012 im Langzeitstillstand[18]

Einzelnachweise

  1. INSC: Database. In: International Nuclear Safety Center. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Mai 2010; abgerufen am 8. August 2016 (englisch).
  2. Haroon Siddique: Fire at Japanese nuclear power plant. In: The Guardian. 24. Juli 2007, abgerufen am 6. September 2018 (englisch).
  3. Chronology of Incidents involving the JCO accident and nuclear energy in Japan (as of the end of Sep. 2001). (PDF; 61 kB) Citizens' Nuclear Information Center, September 2001, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. Mai 2018; abgerufen am 6. September 2018 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cnic.jp
  4. Hokkaido reactor springs coolant leak; no radiation. In: The Japan Times. 9. September 2003, abgerufen am 6. September 2018 (englisch).
  5. People entered Tomari NPP to gather bamboo-shoots. Citizens' Nuclear Information Center, August 2005, abgerufen am 6. September 2018 (englisch).
  6. Confidential nuclear information posted on internet. Citizens' Nuclear Information Center, August 2005, abgerufen am 6. September 2018 (englisch).
  7. Samil Skalli: Japan nach Fukushima: Ein Volk spart Strom. In: zeit.de. 15. August 2011, abgerufen am 6. September 2018.
  8. a b Nuclear Power Plants Operational Status. Citizens' Nuclear Information Center, 20. Februar 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. Mai 2018; abgerufen am 6. September 2018 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cnic.jp
  9. a b Rheinische Post: Japans Atom-Entzug, 28. März 2012, Seite A2.
  10. Japan: Letzter noch betriebener Atomreaktor abgeschaltet. In: welt.de. 5. Mai 2012, abgerufen am 20. Dezember 2014.
  11. nuklearforum.ch: Japan: Anträge für KKW-Wiederinbetriebnahme eingereicht, 17. Juli 2013.
  12. Joachim Wille: Atomkraft: Teurer AKW-Schutz. In: fr-online.de. 7. Februar 2014, abgerufen am 20. Dezember 2014.
  13. Tote und schwere Schäden nach Erdbeben in Japan. In: Die Presse. 6. September 2018, abgerufen am 6. September 2018.
  14. Aaron Sheldrick: Japanese nuclear station on emergency power after quake revives Fukushima memories. In: Reuters. 6. September 2018, abgerufen am 6. September 2018 (englisch).
  15. Mari Saito, Aaron Sheldrick, Kentaro Hamada: FACTBOX-Outlook for Japan nuclear reactor re-starts. In: Reuters. 1. April 2014, abgerufen am 31. Januar 2019 (englisch).
  16. Aaron Sheldrick, Osamu Tsukimori: FACTBOX-Outlook for Japan nuclear restarts. In: Reuters. 31. Oktober 2018, abgerufen am 31. Januar 2019 (englisch).
  17. Power Reactor Information System der IAEA: Japan: Nuclear Power Reactors - Alphabetic (englisch)
  18. http://www.iaea.org/PRIS/CountryStatistics/ReactorDetails.aspx?current=856

Siehe auch