Kastell Mehadia
Kastell Mehadia (antiker Name Praetorium) war ein römisches Hilfstruppenlager auf dem Gemeindegebiet von Mehadia, Kreis Caraș-Severin in der rumänischen Region Banat. Gemeinsam mit insgesamt 277 Stätten des Dakischen Limes wurde das Kastell Mehadia 2024 zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben. LageDas Bodendenkmal liegt im heutigen Siedlungsbild etwa einen Kilometer nördlich des Dorfes, westlich der Nationalstraße 6, in der Flur „Zidina“. Topographisch befindet es sich in dem Talengpass Timiș-Cerna auf einer flachen Hochterrasse, unmittelbar im Bereich der Mündung des Gebirgsbaches Bolvașnita in den Fluss Belareca. Das leicht verschobenes Viereck des Kastells sowie der Wall der ehemaligen Umwehrung sind noch deutlich im Gelände auszumachen. In antiker Zeit hatte die Kastellbesatzung die Aufgabe, die strategisch wichtige Straßenverbindung von Dierna über Teregova nach Tibiscum zu überwachen.[8] Das Kastell befand sich zunächst in der Provinz Dacia superior, später in der Dacia Apulensis. In der spätrömischen Zeit war es ein vorgeschobener Posten an der Nordgrenze der Provinz Dacia ripensis. Quellen und ForschungsgeschichtePraetorium findet sich auf der Tabula Peutingeriana[9] als praetorio verzeichnet.[10] Einige Verwirrung verursacht der Umstand, dass sich auch ein theoretisch ebenfalls mit Mehadia gleichsetzbares Ad Mediam auf der Peutingerkarte befindet. Dieses bezieht sich jedoch auf den römischen Kurort Ad aquas Herculi sacras ad Mediam, dem heutigen Băile Herculane (Herkulesbad)[11] im weiter östlich verlaufenden Tal des Flusses Cerna.[12] Die früheste bekannte neuzeitliche Darstellung des Kastells Mehadia findet sich in dem Werk Danubius Pannonico-Mysicus. Observationibus geographicis, astronomicis, hydrographicis, historicis, physicis perlustratus des italienischen Gelehrten Luigi Ferdinando Marsigli, das 1726 erstmals veröffentlicht wurde.[13] Archäologische Ausgrabungen fanden in den Jahren 1909 durch Nikolaus Cena[14] und 1942–1943 unter der Leitung von Mihail Macrea[15] statt. Im Jahre 2000 wurden die Untersuchungen, die seit 2003/2004 wurden unter der Leitung von Doina Benea standen, wieder aufgenommen,[16] was unter anderem zur gesicherten Identifizierung der spätrömischen Festung und zur Kärung der Stratigraphie des Kastellplatzes führte. Archäologische BefundeBei den archäologischen Untersuchungen des 20. Jahrhunderts wurden zunächst eine Holz- und eine Steinbauphase, sowie eine Reparaturphase innerhalb der letzteren differenziert.[8] Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gelang darüber hinaus die Identifizierung der spätantiken Befestigungsanlage.[16] Holz-Erde-LagerZwar konnte die Existenz eines frühen, trajanischen Holz-Erde-Lagers nachgewiesen werden, das wohl schon in der ersten Phase der römischen Okkupation angelegt worden war, jedoch fehlen ausreichende Daten um valide Aussagen zur Gestalt des Kastells in dieser Zeit zu treffen und um einen Gesamtplan desselben zu rekonstruieren.[8] Möglicherweise entsprach es in seinen Abmessungen dem nachfolgenden Steinkastell.[17] Aufgrund von Ziegelstempelfunden konnte diese Periode Vexillationen der Legio IIII Flavia Felix und der Legio VII Claudia zugewiesen werden (siehe weiter unten).[8] SteinkastellVermutlich noch in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts wurde das Holz-Erde-Lager durch ein Steinkastell ersetzt, von dem jedoch bislang außer dem Verlauf und der Struktur der Umwehrung keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen. Demnach handelt es sich um ein Kastell mit rechteckigem Grundriss und abgerundeten Ecken, das mit seinen Seiten in die vier Himmelsrichtungen ausgerichtet war. Die Achsmaße betragen 142,6 m mal 116 m, was einer überbauten Fläche von 1,65 Hektar entspricht. Umgeben war es von einer 1,30 m mächtigen Wehrmauer in der Technik des Opus incertum, vor der als Annäherungshindernis ein sechs Meter breiter und zwei Meter tiefer Spitzgraben verlief. Die Kastellecken waren mit trapezförmigen Ecktürmen versehen, die vier Tore von rechteckigen, leicht nach außen vorspringenden Tortürmen flankiert.[18][8] In der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts, unter Severus Alexander (222–235), Gordianus III. (238–244) oder Philippus Arabs (244 bis 249) waren einige Reparaturmaßnahmen erforderlich geworden. Um die Mitte des dritten Jahrhunderts oder bald danach wurde das Kastell durch ein schweres Hochwasser zerstört und der Kastellplatz zunächst nicht weiter genutzt.[16] Spätantike FestungNachdem die dakischen Gebiete nördlich der Donau zunächst unter Aurelian (270 bis 275) aufgegeben worden waren, erfolgte in der Zeit der Tetrarchie (293 bis 305) die Einrichtung der Provinz Dacia ripensis, verbunden mit der Neuanlage beziehungsweise Wiederherstellung von Kastellen an und nördlich der Donau. In diesem Kontext wurde auch das Kastell Mehadia Ende des dritten Jahrhunderts als quasi nach Norden vorgeschobener Grenzposten wiederhergestellt. Durch die Hochwasserflut (siehe oben) war der alte Kastellplatz mit einer Sedimentschicht überlagert worden. Diese wurde zunächst eingeebnet und anschließend durch die Aufbringung einer 0,3 m bis 0,5 m mächtigen Schicht gestampften Lehms und einer darüber liegenden 0,15 m dicken Kiesschicht stabilisiert. Eine neue, mit 1,4 m Breite etwas mächtigere Wehrmauer wurde auf den Fundamenten der alten errichtet, jedoch gegenüber dieser leicht nach innen versetzt, so dass sich ein geringfügig kleinerer Grundriss ergab.[16] TruppenEpigraphisch sind verschiedene Einheiten als Garnisonen von Praetorium bezeugt. Die Errichtung und erste gemeinsame Belegung des Lagers erfolgte vermutlich durch Vexillationes der Legio VII Claudia[2] und der Legio IIII Flavia Felix[3]. Den Umbau in ein Steinkastell nahm – wenn man Nicolae Gudea (1997) folgt – möglicherweise die Cohors III Delmatarum[6] (3. Kohorte der Dalmater) vor.[8] Weitere Truppen, die als Garnisonen des Kastell Mehadia angesehen werden, sind Vexillationes der Legio XIII Gemina[4] und der Legio V Macedonica[5], sowie die Cohors VIII Raetorum[7] (8. Kohorte der Raeter).[18] Darüber hinaus liegen einzelne inschriftliche Nachweise einer Vexillatio Dacia rum[19] und der Cohors I Ubiorum[20] vor,[21] wenngleich diese wohl nicht als Stammbesatzungen des Kastells in Frage kommen dürften. Vicus und KastellthermenRund um das kaiserzeitliche Kastell erstreckte sich ein weitläufiger, bislang nur wenig untersuchter Kastellvicus. Der Vicus war eine zivile Siedlung, die bei nahezu jedem römischen Militärlager anzutreffen ist und in der sich die Wohnquartiere der Angehörigen von Soldaten, der Veteranen, Handwerker, Händler, Schankwirte, Prostituierten und anderer Dienstleister befanden.[22] Etwa einhundert Meter östlich[23] des Kastells gelang es Mihail Macrea 1946 die Kastellthermen zu lokalisieren und teilweise zu untersuchen. Bei diesem Balineum waren die Räumlichkeiten an zwei parallel verlaufenden Achsen arrangiert. Die nördliche Achse bestand aus einem einzigen großen Raum (vermutlich einer Palästra) mit jeweils einer Apsis auf der westlichen und auf der nördlichen Seite. Die südliche Raumflucht setzte sich aus insgesamt fünf Räumen zusammen, von den zwei ebenfalls mit Apsiden (auf der Südseite) versehen waren. Das Praefurnium der Raumflucht befand sich an deren westlichem Ende.[24] Fundverbleib und DenkmalschutzDie Aufbewahrung der archäologischen Funde aus Praetorium erfolgt im Institutul de Arheologie si Istoria Artei[25] (Institut für Archäologie und Kunstgeschichte) in Cluj-Napoca.[22] Die gesamte archäologische Stätte steht nach dem 2001 verabschiedeten Gesetz Nr. 422/2001 als historische Denkmäler unter Schutz und ist mit dem LMI-Code CS-I-m-B-10851.02 in der nationalen Liste der historischen Monumente (Lista Monumentelor Istorice) eingetragen.[26] Der RAN-Code lautet 53283.01.[27] Zuständig ist das Ministerium für Kultur und nationales Erbe (Ministerul Culturii şi Patrimoniului Naţional), insbesondere das Generaldirektorat für nationales Kulturerbe, die Abteilung für bildende Kunst sowie die Nationale Kommission für historische Denkmäler sowie weitere, dem Ministerium untergeordnete Institutionen. Ungenehmigte Ausgrabungen sowie die Ausfuhr von antiken Gegenständen sind in Rumänien verboten. Siehe auchLiteratur
Weblinks
EinzelnachweiseAbkürzungen:
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