Karl Steinhoff (Verwaltungsjurist)Karl Steinhoff (* 25. Juni 1893 in Varel; † 2. Juni 1996 in Oldenburg) war ein norddeutscher Lehrer, Jurist, erster Oberkreisdirektor des Landkreises Friesland nach Ende des Zweiten Weltkriegs, Autor und Übersetzer. LebenKarl Steinhoff wurde 1893 als Sohn des Seilermeisters Heinrich Steinhoff in Varel im Landkreis Friesland geboren. Er verbrachte seine Kindheit und Jugend im Haferkamp in Varel. Auf die Frage eines Kunden, ob sein Sohn auch Seilermeister werden würde, antwortete Heinrich Steinhoff: „Och, dor schall woll nich väl van weern, de Jung sitt den ganzen Dag achter de Böker“.[1] Zuhause sprach man Plattdeutsch, in der Schule „als erste (und einzige) Fremdsprache“[2] Hochdeutsch. Er besuchte zunächst die Volksschule für Knaben an der Windallee gemeinsam mit seinem Cousin Ludwig Eden, mit dem er aber keine Freundschaft pflegte. Später wechselte Karl Steinhoff auf die „Höhere Lehranstalt“, das Jungen-Gymnasium der friesischen Kleinstadt. Im Alter von 15 Jahren brannte sein Elternhaus nieder und seine Familie kam bis zum Wiederaufbau des Elternhauses vorübergehend in der Nachbarschaft unter.[3] Um sein Abitur ablegen zu können, wechselte er für einen Tag auf die Leibnizschule Hannover. Auf die Abiturprüfung bereitete er sich 1920 selbst und ohne fremde Hilfe vor, was „ein bißchen Arbeit gekostet hat“.[4] Nach dem Abitur wechselte er nach Oldenburg (Oldb) und absolvierte von 1908 bis 1913 eine Ausbildung am Evangelischen Lehrerseminar Oldenburg. Zu seinen Mitschülern zählte der Dichter Georg von der Vring sowie der spätere Verleger Peter Suhrkamp, mit dem Karl Steinhoff lose befreundet war.[5] Nach seinem Abschluss arbeitete er zwischen 1913 und 1920 als Lehrer an verschiedenen Dorfschulen im Oldenburger Land. Anschließend war er auch am Lehrerseminar Varel tätig. Zwischen all den akademisch geschulten Lehrerkollegen hegte er einen großen Wunsch: an der Universität zu studieren. Karl Steinhoff ließ sich deshalb 1921 von seinem Dienst beurlauben und zog nach Berlin, um dort Rechtswissenschaften zu studieren. Dann wechselte er auch an die Universitäten Heidelberg und Göttingen und schloss sein Studium mit einer Promotion ab. 1925 veröffentlichte er seine rechtswissenschaftliche Dissertation unter dem Titel „Die Entwicklung des Ehescheidungsrechts im Kampf zwischen Staat und Kirche“.[6] Seine Kindheits- und Jugenderinnerungen und damit zugleich eine Dokumentation über eine Jugend in der Jahrhundertwende in Friesland hielt er in der 1980 verfassten Autobiographie „Das Seilerrad“[7] fest. 1934 heiratete er Gretha von Halem aus Glückstadt. Sie brachte drei Töchter mit in die Ehe: Sigrid Feuerherdt, Liselotte Froese, geb. Feuerherdt und Lore Vogt, geb. Feuerherdt. Eines seiner fünf Enkelkinder ist der Kunsthistoriker Paul Vogt, ein weiteres der Physiker Manfried Faber. Er war Logenbruder der Oldenburger Freimaurer.[8] Er war Autor vieler Artikel und einiger Bücher. Als Herausgeber der Geschichte der oldenburgischen Lehrerausbildung erhielt er von der Stiftung Oldenburgische Schulgeschichte der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft am 9. Dezember 1979 einen Literaturpreis. In der Laudatio wurde darauf hingewiesen, dass einer seiner Schüler aus der Bisseler Dorfschule, Wilhelm Grotelüschen, später Professor und Rektor der Pädagogischen Hochschule Oldenburg wurde. Zu seinen persönlichen Vorlieben gehörte das Übersetzen angelsächsischer Lyrik und das Lesen von lateinischen und altgriechischen Originaltexten. Zu seinem 100. Geburtstag erschien ein Auswahlband seiner Übersetzungen. Als langjähriger Kirchenvorsteher der Kirchengemeinde Eversten-Ansgari bat er zu seiner Geburtstagsfeier anstelle von Geschenken oder Blumen um Spenden für die dritte Kirchenglocke. Er lebte zuletzt in der Helene-Lange-Straße 28 im Oldenburger Stadtteil Eversten. Kurz vor seinem 103. Geburtstag verstarb er. Die Trauerfeier wurde in der Ansgari-Kirche Eversten gehalten. LeistungenZwischen 1931 und 1945 war er stellvertretender Leiter der Landesversicherungsanstalt Oldenburg, wo er sich umfangreiche Kenntnisse der Verwaltung aneignete.[9] Da er sich stets vom Nationalsozialismus distanziert hatte, wurde er nach Kriegsende von den Alliierten, Engländern und Kanadiern, gemeinsam mit dem vorübergehenden Oberstadtdirektor Fritz Koch an die Spitze der Verwaltung der Stadt Oldenburg gesetzt. Als Regierungsrat hat Karl Steinhoff mit Wirkung vom 11. Mai 1945 folgende Dezernate übernommen: Fürsorge- und Jugendamt, Amt für Familienunterhalt, Polizeiamt sowie die Krankenanstalten Peter Friedrich Ludwigs Hospital und Oldenburger Frauenklinik. Für einige Wochen hatte er also als „so eine Art Bürgermeister“[4] fungiert und sich für das Wohl Oldenburgs eingesetzt.[10] Seit dem 9. Juni 1945 war er als vorläufiger Landrat in Jever tätig und am 20. Dezember 1945 zum ersten Oberkreisdirektor des Landkreises Friesland gewählt. Zu seiner Haupttätigkeit gehörte der Neuaufbau der öffentlichen Verwaltung und einer neuen Infrastruktur. Er setzte sich beispielsweise für den Ausbau der damaligen Olympia-Werke in Wilhelmshaven ein. Daneben engagierte er sich in seiner Amtszeit für die Aufnahme und Unterstützung von Geflüchteten. In den 60er Jahren war zudem stellvertretender Vorsitzender im Niedersächsischen Landkreistag.[11] Als eine Räumung der Zivilgesellschaft Wangerooges durch einen kanadischen Offizier geplant war, rettete er mit seiner Besonnenheit und seinen ausgezeichneten Sprachkenntnissen die Insel. 1957 ging er in den Ruhestand. In einem Nachruf beschrieb ihn Landrätin Karin Evers-Meyer wie folgt: „Mit Energie, aufopferndem Einsatz, unermüdlicher Tatkraft und hervorragendem Können hat der Verstorbene in den schweren Nachkriegsjahren die Entwicklung des Landkreises und den Aufbau seiner Einrichtungen entscheidend gefördert. Für die Sorgen und Nöte der Bevölkerung hatte er immer großes Verständnis“.[12] Karl Steinhoff war nicht nur hauptberuflich, sondern auch ehrenamtlich hoch engagiert:
Der Präsident der Oldenburgischen Landschaft, der eine Laudatio zu Karl Steinhoffs 95. Geburtstag hielt, würdigte ihn darin als einen Mann, der mit „einem gehörigen Fundus an Bildung und Erfahrung, Können und Leistungsvermögen, mit starkem Einsatz und hoher Integrität, distanzierter Gelassenheit und ruhiger Überlegenheit über viele Jahrzehnte hinweg ehrenamtlich in unserer Region Werte unserer Kultur entwickelt, gepflegt und bewahrt hat“.[16] Werke
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