Das K.u.k. Infanterieregiment „Erzherzog Rainer“ Nr. 59 wurde 1682 als kaiserliches deutsches Regiment Beckh zu Fuß in Dienst gestellt. Es bestand bis 1918 im Kaisertum Österreich bzw. in der österreich-ungarischen Monarchie fort. Den Namen „Erzherzog Rainer“ (mit dem Prädikat „Immerwährend“) erhielt das Regiment erst 1913. Im Jahre 1915 wurden die Zusatzbezeichnungen abgeschafft, es sollte von da an nur noch „Infanterieregiment Nr. 59“ heißen.[2] Dies ließ sich jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch nicht durchsetzen. So hatte auch die sparsame k.u.k. Militäradministration verfügt, zuerst alle vorhandenen Stempel und Formulare aufzubrauchen.[3]
Veranlasst durch die drohenden Türkengefahr und der zweiten Türkenbelagerung von Wien wurde zu diesem Zeitpunkt dem Obrist-Lieutenant Leopold Melchior Freiherr von der Beckh ein Patent mit Datum vom 30. Jänner 1682 zur Aufstellung eines Infanterie-Regiments zu Fuß erteilt. Das Regiment sollte aus zehn Kompanien, dem Stab und sonstiger Prima Plana, also etwa 2040 Mann bestehen.
Da es nicht möglich war, durch Anwerbung auf diesen Personalbestand zu kommen, mussten die bereits vorhandenen Regimenter Mannschaften und Offiziere abgeben, um die angestrebte Sollstärke in etwa zu erreichen und so das Regiment einsatzfähig zu machen.
Ende Mai 1682 konnte der zwischenzeitlich zum Obristen ernannte Freiherr von der Beckh die Aufstellung des Regiments abschließen. Dieses Infanterie-Regiment „Freiherr von Beckh“[5] war die Stammeinheit des späteren k.u.k. Infanterie-Regiments Nr. 59.
Im Zeitalter des Barock und der Aufklärung rekrutierte sich das Regiment vor allem aus Oberrheinischen Kreis des Heiligen Römischen Reiches. Kaiserliche Truppen hatten entsprechende privilegierte Werbungsrechte. Es gab nur in großen FestungenKasernen, die für eine Garnisonierung der gesamten Armee bei weitem nicht ausreichten. Das Regiment wurde daher mit je 5 Kompanien in Nieder- und Oberösterreich disloziert. Die Einquartierung erfolgte in Privathäusern beim „Bürger“ oder „Landmann“. Der so beschwerte Quartiergeber war nicht nur für Unterkunft und Einrichtung („Dach und Fach“), sondern auch für die erforderliche Verpflegung („Hausmannskost“) verantwortlich.[6]
Im Jahr 1767 erfolgt eine erste bindende Adjustierungsvorschrift. Der nunmehr einheitlich weiße Rock wurde mit orangegelben Aufschläge und goldfarbenen Knöpfen ausgestattet.[7]
Durch „allerhöchste Entschließung“ wurden dann den einzelnen Regimentern im Jahre 1769 ständige Nummern zugewiesen. Die Nummerierung wurde stark vom Grad, dem gesellschaftlichen Rang und dem Dienstalter des jeweiligen Inhabers beeinflusst. Da zu diesem Zeitpunkt der Inhaber des Regiments der erst 23-jährige Oberst Franz Graf Daun[8] war, der weitaus jüngste alle Regimentsinhaber, wurde das Regiment an die damals letzte Stelle gesetzt und erhielt die bis zum Jahre 1918 gültige Nummer 59.
Im August 1805 marschierte das Infanterieregiment Nr. 59 auf Befehl S.M. Kaiser Franz II. zum ersten Mal in das nun zu Österreich gehörende Herzogtum Salzburg ein (das vorherige Fürsterzbistum Salzburg, der Erzbischof war vor Napoleon geflüchtet und hatte sein Land österreichischer Hoheit übergeben).
Nach dem Abzug der Franzosen kam das Regiment im Jahre 1816 zum zweiten Mal nach Salzburg. Nach der endgültigen Eingliederung des ehemaligen Herzogtums an Österreich durch den Wiener Kongress wurde das Regiment aus dem Erzherzogtum Ob der Enns (Oberösterreich) auf Dauer in die Stadt verlegt. Damit wurde das nunmehrige „k. k. Infanterieregiment Nr. 59“ zum Salzburger Hausregiment. Ständiger Ergänzungsbezirk wurden das Gebiet des Herzogtums Salzburg sowie das Inn- und Hausruckviertel. Seit diesem Zeitpunkt wurde das Regiment als Salzburger Hausregiment bezeichnet, auch wenn sich am Ende nur noch ein Bataillon und der Ersatzbataillonskader in Salzburg selbst befanden.
Nachdem es von 1830 an den Namen „Infanterie-Regiment Leopold, Großherzog von Baden Nr. 59“ nach seinem bisherigen Inhaber getragen hatte, wurde ab 1852 Erzherzog Rainer der neue Regimentsinhaber. Nach dessen Tod im Jahre 1913 wurde, seiner Verdienste wegen im Armeebefehl von S.M. Kaiser Franz Joseph I dem Regiment auf immerwährende Zeiten der Name „Erzherzog Rainer“ verliehen.
Im August 1914 wurde das Regiment mobilisiert und war nachfolgend mit etlichen militärischen Aktionen am Ersten Weltkrieg beteiligt (Siehe Abschnitt zum Ersten Weltkrieg). Am 3. bzw. 4. November 1918 war für Österreich-Ungarn der Erste Weltkrieg zu Ende. Teile des Regimentes befanden sich zu diesem Zeitpunkt im Suganer-Tal (Valsugana) und im Raum Belluno. Diese Soldaten marschierten als einer der wenigen noch intakten Verbände gegen Norden und konnten sich erfolgreich der Gefangennahme entziehen.
Letzte Station war Salurn (Südtirol), wo das Regiment ab Ende Oktober 1918 für Ruhe und Ordnung im Land sorgte. Viele Übergriffe und Plünderungen seitens der nach Norden marschierenden aufgelösten und marodierenden Verbände wurden vom Regiment unterbunden. Die Rainer versuchten, die chaotischen Zustände zu beseitigen, und kümmerte sich um Schutz und Verpflegung der Bevölkerung im südlichen Tirol. Erst als italienische Truppen die Reichsgrenze überschritten, kehrte das Regiment als geschlossene Einheit nach Salzburg zurück. Dort traf es am 10. November 1918 unter seinem letzten Regimentskommandanten Oberst Richard von Schilhavsky ein.
Mit der am 12. November 1918 begonnenen Auflösung endete im 236. Jahr die Geschichte dieses alt-österreichischen Regimentes in Salzburg. Nachfolger war das „Salzburger Alpenjäger-Bataillon Nr. 3“.
1912 Stab, I. Baon: Bregenz - II. Baon: Innsbruck - III. Baon: Schwaz - IV. Baon: Salzburg
Im Jahre 1914 gehörte das Regiment zur 3. Infanterie-Truppendivision im XIV. Armeekorps. Es bestand aus 97 % deutschsprachigen und 3 % anderssprachigen Angehörigen. Die Regimentssprache war Deutsch. Ergänzungsbezirk war Salzburg.
Ein erster Einsatz des Regiments erfolgte im Krieg gegen die Türken Anfang Juni 1683 bei der Belagerung von Neuhäusel.
Es folgten weitere Kämpfe gegen die Türken, bis es am 5. Jänner 1719 den Marschbefehl nach Sizilien ausgehändigt bekam. Die Insel gehörte zu Österreich, war aber in großen Teilen von spanischen Truppen besetzt. Der Marsch ging von Ungarn nach Fiume (Rijeka), dort erfolgte die Einschiffung und der Seetransport nach Manfredonia. Von dort aus marschierte das Regiment quer über die Italienische Halbinsel nach Neapel, um dort nach Milazzo eingeschifft zu werden.
Ständige Kämpfe mit den Spaniern und der feindseligen Bevölkerung sowie die überaus schlechte Verpflegung und das ungewohnte Klima machte den Soldaten schwer zu schaffen. Das Regiment hat in diesem Zeitraum starke Verluste zu beklagen.
Das Regiment kämpfte im Laufe seiner Geschichte noch in den folgenden Kriegen:
Sommerfeldzug 1914 gegen Russland – Aufmarschraum Ostrow – Zagroda
21. August 1914: Versammlung im Rahmen der 3. Infanterie-Truppendivision bei der 3. Armee westlich von Lemberg
Teilnahme an der Schlacht von Komarów bei der 5. Infanterie-Brigade (General Schneider-Mansau), am 26. August Angriff auf Chrystinopol, am 29. August Gefecht bei Poturzyn
2.–3. September 1914: Rückzug nach Rawa Ruska, Verfolgung der Russen
25.–30. Oktober 1917: Angriff gegen Vratni Vrh und Prevalla-Scharte
31. Oktober bis 5. November 1917: Vormarsch an den oberen Tagliamento
6.–7. November 1917: Gefecht bei Selva Piana
8.–12. November 1917: Marsch durch die Venetianer Alpen an den oberen Piave
13.–15. November 1917: Vormarsch des Regiments an die Brenta – Gefecht auf dem Roncone
16.–21. November 1917: Einleitung der Schlacht im Grappa-Gebiet – Erstürmung des Bonato-Rückens
22. November bis 3. Dezember 1917: Kampf um den Col della Beretta
4.–6. Dezember 1917: Eroberung des Meletta-Massivs
7.–22. Dezember 1917: Reserve
Winterschlacht beiderseits der Brenta
23. Dezember 1917 bis Jänner 1918: Erstürmung des Monte Valbella und des Col del Rosso. Stellungskämpfe auf dem Monte Pertica
18. Jänner 1918: III. Bataillon marschiert über Primolano nach Arsiè
19. Jänner 1918: III. Bataillon verlegt über Arten nach Pedavena zurück zum Regiment
21. Jänner 1918: Verlegung des Regimentsstabes, Marsch nach Vezzano, I. Bataillon nach Libano, IV. Bataillon nach Lasserai, II. Bataillon nach erfolgter Ablöse nach Pedavena
28. Jänner 1918: das III. u. X. Bataillon schieden aus dem Regimentsverband aus und wurden zur Aufstellung des Infanterie-Regiments 107 verwendet
5.–11. Februar 1918: Marsch nach Innichen und Retablierung
11.–12. Februar 1918: Verlegung des Regiments zum Truppenübungsplatz Felixdorf
2. April bis 6. Mai 1918: Retablierung in Böhmen, I. u. IV. Bataillon in Lobositz, II. Bataillon in Kladno
Marsch des II. Bataillons nach Libusan; dort verbleibt eine Kompanie, der Rest gelangt nach Smecno
17. Mai 1918: Bahntransport des II. Bataillons nach Prag
22. Mai 1918: Bahntransport des II. Bataillons von Prag nach Pergine Valsugana. I. u. IV. Bataillon marschieren zur Unterdrückung von Unruhen nach Haida und Böhmisch-Leipa
24. Mai 1918: Das II. Bataillon trifft in Pergine ein. Das I. Bataillon verlegt per Bahntransport nach Brüx
2.–14. Juni 1918: Bereitstellung der Edelweiß-Division auf der Hochfläche der Sieben Gemeinden
15. Juni 1918: Erstürmung des Col del Rosso. Steckenbleiben des Angriffes auf dem Monte Melago
16. Juni 1918: Schwere Verteidigungskämpfe auf dem Monte Melago
20. Juni 1918: Ablösung des Regiments und Marsch nach Tre Pali
30. Juni bis 5. Juli 1918: Abwehrkämpfe am Col del Rosso
6. Juli bis 12. Oktober 1918: Abwehrkämpfe im Valsugana
12. Oktober bis 6. November 1918: Absetzbewegungen nach Salurn und Rückkehr nach Salzburg
X. Marschbataillon
(Die Marschbataillone waren nachträglich aufgestellte Reserveverbände, die der Truppe zugeführt und eigentlich eingegliedert werden sollten. Nicht selten, wie in diesem Falle, wurden diese Bataillone jedoch völlig selbstständig eingesetzt.)
31. Mai bis 3. Juni 1916: Kämpfe um dem Monte Cengio
28. Juni 1916: Marsch nach Tezelli und Perempruneri
30. August 1916: Kampfaktion gegen die fdl. Stellung, um einen Abzug fdl. Kräfte aus der Valsugana zu verhindern
1. Dezember 1917: Bataillon wird in der Stellung bei Canove abgelöst und marschiert ins Val di Nos
25. Dezember 1917: In der Winterschlacht beiderseits der Brenta
2. Jänner 1918: Gruppenreserve bei Feldmarschalleutnant Kletter im Campo Mulotale
19. Jänner 1918: Marsch nach Cegno
28. Jänner 1918: Das Bataillon schied aus dem Regimentsverband aus und wurde zur Neuaufstellung des Infanterie-Regiments 107 verwendet
Regimentsmarsch
Regimentsmarsch ist der Rainermarsch, komponiert von Musik-Feldwebel Hans Schmid mit dem Urtext von Musik-Korporal Josef Schopper. Die Uraufführung fand am 11. September 1915 statt.
Alexander von Mörk (1887–1914), als Regimentsangehöriger beim Sturmangriff am San-Ufer gefallen
Tradition und Erinnerungskultur
Mit Gründung der 1. Republik und Schaffung des neuen österreichischen Bundesheeres wurde zunächst das Alpenjäger Bataillon Nr. 3 und später das Infanterie-Regiment Nr. 12 mit der Traditionspflege betraut.
Nach der Eingliederung der österreichischen Truppen in die deutsche Wehrmacht im März 1938 übernahm das 1. Bataillon des Gebirgsjägerregimentes 137 diese Aufgabe.
1967 übernahm das neue Bundesheer die Traditionspflege der „Alten Armee“.
Seit 1960 trägt die „Rainerkaserne“ in Salzburg diesen Namen. Mit der Heeresreform 1998 wurde das in dieser Kaserne untergebrachte Jägerregiment 8 aufgelöst und die Traditionspflege der Rainer ging auf das Militärkommando für Salzburg über.
Regimentsgedenktag ist der 15. Mai 1916, an dem dem Regiment der Durchbruch durch die italienische Front bei Folgaria gelang.
Auf der Festung Hohensalzburg gibt es seit 1924 das Rainer-Regiments-Museum, in der Stadt Salzburg selbst erinnern ein Gedenkstein kurz hinter dem Schloss Mirabell stadtauswärts auf der linken Straßenseite, ein Obelisk vor dem Eingang zum Kommunalfriedhof bei der Obuskehre, und das Denkmal in der Rainerkaserne an das Regiment. Die Rainerstraße zwischen Mirabellplatz und Hauptbahnhof ist seit den 1930er Jahren nach dem Regiment benannt.
Literatur
Archiv der Offiziersgesellschaft Salzburg
Max Ritter von Hoen: Geschichte des salzburgisch-oberösterreichischen k. u. k. Infanterie-Regiments Erzherzog Rainer Nr. 59 für den Zeitraum des Weltkrieges 1914–1918. Selbstverlag des Rainerbundes und der Rainer-Offiziers-Vereinigung, Salzburg 1931. Digitalisat, bereitgestellt durch die Oberösterreichische Landesbibliothek.
Maximilian Lauer: Unsere Rainer im Weltkrieg 1914/18. Selbstverlag des Regiments, Salzburg 1918.
Otto Sedlař: Die Sprengung des Cimonegipfels am 23. September 1916. In: Rudolf Granichstaedten-Czerva (Hrsg.): Geschichte Tirols 1848 – 1916. Band 1: Cletus Pichler: Der Krieg in Tirol 1915/1916. Pohlschröder, Innsbruck 1924, S. 142–148. (Online bei ALO).
Erich Saffert: Mit der Edelweiß-Division bis zum Monte Cimone. Die Durchbruchskämpfe der Edelweiß-Division in den Südtiroler Alpen im Frühjahr und Sommer 1916, aus dem Tagebuch eines Kriegsfreiwilligen des Salzburger Hausregimentes. Österreichischer Milizverlag, Salzburg 2021, ISBN 978-3-901185-76-2.
Robert Striffler: Der Minenkrieg auf dem Monte Cimone 1916 – 1918. Schriftenreihe zur Zeitgeschichte Tirols, Band (recte:) 13. Buchdienst Südtirol Kienesberger, Nürnberg 2001, ISBN 3-923995-21-0.
Andreas von Thürheim: Gedenkblätter aus der Kriegsgeschichte der k.k. Armee. I. Band. Buchhandlung für Militär -Literatur K. Prochaska, Wien, Teschen 1880, S.409ff. (archive.org).
Seidels kleines Armeeschema „Dislokation und Einteilung des k.u.k. Heeres, der k.u.k. Kriegsmarine, der k.k. Landwehr und der k.u. Landwehr“ Verlag W. Seidl und Sohn, Wien 1914.
Alphons von Wrede, Anton Semek: Die Geschichte der k. u. k. Wehrmacht. Die Regimenter, Corps, Branchen und Anstalten von 1618 bis Ende des XIX. Jahrhunderts. Band I: Infanterie. L.W. Seidel & Sohn, Wien 1898, S.529ff.
↑Diese Nummerierung folgt konsequent den Aufstellungen von Tessin. Georg Tessin: Die Regimenter der europäischen Staaten im Ancien Régime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts. 3 Bände. Biblio Verlag, Osnabrück 1986, ISBN 3-7648-1763-1.
↑wahrscheinlich um alle jetzt unliebsamen Ehren-Regimentsinhaber wie z. B. den König von Montenegro, den König von Italien oder den Zaren von Russland auf diese elegante Weise loszuwerden
↑gem. „Verlautbarung der Quartiermeisterabteilung“ des Heeresgruppenkommando FM. Erzherzog Eugen / Q.Op. Nr 665/15. Ausgegeben vom Feldpostamt 512
↑Eine verbindliche Schreibweise des Regimentsnamens existierte damals noch nicht. Auch die Bezeichnung Infanterie-Regiment „von Beckh“ oder nur „Beckh“ war möglich.
↑Dafür wurde ihm das Quartiergeld (oder auch Kostgeld) gezahlt
↑Erhard Koppensteiner: Das Christian Doppler Gymnasium, erbaut als k. u. k. Infanterie-Bataillonskaserne in Salzburg-Lehen. Beiträge zu seiner Bau-, Kunst- und Militärgeschichte. In: Landesgeschichte aktuell Nr. 137, Dezember 2006, S. 20–26 (Artikel, pdf, rainerregiment.at; ganzes heft, pdf, salzburger-geschichte.at)