Küstrinchen ist eine kleine Ansiedlung, die seit dem 13. Jahrhundert besteht. Seit dem Jahr 1990 ist sie ein Ortsteil der Stadt Lychen und gehört zum Bundesland Brandenburg.
Auf einem Dokument des Jahres 1299 ist der Ort erstmals als Costernitz erwähnt, er gehörte zum Herrschaftsgebiet des Grafen von Fürstenberg. Dessen Nachkommen verkauften den Ort 1368 an das Nonnenkloster Boitzenburg. Als das Kloster im Jahr 1539 infolge der Reformation aufgelöst wurde, lebten in Costernitz 19 Bauern in einfachen Hütten und mit geringem Landbesitz. Hinzu kam die Pfarrersfamilie, es waren aber keine Kossäten ansässig. Die Einwohner betrieben Land- und Viehwirtschaft sowie Fischfang. Zeitweise wurde die Namensform Cüstrinchen geführt.[1]
Zwei Personen (Jakob Hase und Hans Schröder) brannten 1586 den Ort ab. Sie wurden als „Mordbrenner“ gefasst und „mit dem Feuer vom Leben zum Tode befördert“. Der Hexenwahn machte vor dem kleinen Ort nicht halt. 1592 wurde die Dorfschulzin Poldi Potza gefoltert und anschließend als Zauberin und Giftmischerin auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) wurden fast alle Gebäude samt der Dorfkirche zerstört. Noch 1687 lag die Ortschaft wüst, es heißt „Küstrinchen hatte so schwer gelitten, dass es aufhörte, ein Bauerndorf zu sein“.
Die Herrschaft Boitzenburg der Grafen von Arnim-Boitzenburg begann 1716 mit dem Versuch der Wiederansiedlung von Bauern, was zunächst nicht gelang. So verpachteten die Besitzer[2] das Land als Vorwerk und 1724 wurden 27 Einwohner gezählt. Die Bevölkerung wuchs wieder und so geben die Dokumente für das Jahr 1861 bereits 155 Personen hier an. zeitgleich wird die Gemarkung Fegefeuer als Schäferei geführt.[3][4] Um 1880 gehörten 395 ha zum dann bestehenden Rittergut mit Vorwerk Fegefeuer.[5] 1901 war Forstmeister Schmidt zuständig für Küstrinchen mit den Waldarbeiterwohnungen.[6] 1910 war August Collin der Pächter.[7] Vor 1930 war das Gut, respektive der See mit 258 ha, samt Fischerei verpachtet an Franz Döhring.[8]
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs gehörte Küstrinchen zum Amtsbereich Boitzenburg, ab 1949 kam es zum Bezirk Neubrandenburg. Infolge der deutschen Wiedervereinigung liegt Küstrinchen seit 1990 im Bundesland Brandenburg und Verwaltungsreformen führten zur Eingliederung nach Lychen.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Die mitten auf dem Hügel stehende Dorfkirche Küstrinchen stammt aus den Anfängen des Ortes. Nach der Reformation wurde sie Gottesdienstort für die evangelischen Christen des Ortes. Im Dreißigjährigen Krieg wie die übrigen Wohngebäude zerstört, ließ der Patron, Arnim von Boitzenburg, sie ab 1747 unter der Verantwortung des Baumeisters A. F. Cavon neu aufbauen. Wie aus der Jahreszahl an der Wetterfahne hervorgeht, erfuhr das Gotteshaus 1828 einen größeren Umbau. Der umgebende Kirchhof wurde im Jahr 1970 stillgelegt, Beisetzungen finden seither in Lychen statt. Das Kirchengebäude diente letztmals 1982 einem Gottesdienst. Von 2002 bis 2020 wurde das ortsbestimmende Gebäude saniert, auch mit Hilfe der Einwohner und dem eigens gegründeten Förderverein.
Im Jahr 1729 erhielt der Ort das erste Schulhaus, das ursprünglich nur als Wohnhaus für den Lehrer errichtet worden war. Erst durch amtliche Verfügung wurde 1887–1889 ein neues eigenes Schulgebäude errichtet.
Einige ältere Gebäude aus dem 19. Jahrhundert sind erhalten, darunter der ehemalige Kolonialwarenladen. Nach der Wende gab es Zuwanderer, die sich Neubauten errichten ließen. Für das Jahr 2012 werden 50 Einwohner von Küstrinchen gezählt.
Direkt am Großen Küstriner See, der zu Küstrinchen gehört, steht ein historisches Fischerhaus, das modernisiert wurde. Es dient als Seminar- und Fortbildungszentrum.
Lieselott Enders: Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil VIII, Uckermark, Band I, A-L, 2. Auflage, Klaus D. Becker, Potsdam 2021, S. 548 f. ISBN 978-3-8837-2308-2.
↑Hartmut Harnisch: Die Herrschaft Boitzenburg. Untersuchungen zur Entwicklung der sozialökonomischen Struktur ländlicher Gebiete in der Mark Brandenburg vom 14. bis zum 19. Jh., Böhlau, Weimar 1968, S. 152 ff.
↑Eugen H. Th Huhn: Topographisch-statistisch-historisches Lexikon von Deutschland. Mit Ansichten, Zweiter Band, Bibliographisches Institut, Hildburghausen 1845, S. 239.
↑Ernst Daniel Martin Kirchner: Das Schloss Boytzenburg und seine Besitzer, insonderheit aus dem von Arnimschen Geschlechte. Aus den Quellen bearbeitet. Alexander Duncker, Berlin 1860, S. 393.
↑P. Ellerholz, H. Lodemann, H. von Wedell: General-Adressbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer im Deutschen Reiche. 1. Band: Das Königreich Preussen, Lfg. 1: Die Provinz Brandenburg. Nicolaische Verlags-Buchhandlung R. Stricker, Berlin 1879, S.206–207, doi:10.18452/377 (hu-berlin.de).
↑Sieghart von Arnim: Dietlof Graf von Arnim-Boitzenburg. Ein preußischer Landedelmann und seine Welt im Umbruch von Staat und Kirche, in: Aus dem Deutschen Adelsarchiv, Band 13, C. A. Starke, Limburg (Lahn) 1998, S. 103. ISBN 3-7980-0685-7.
↑Leuchs Adressbuch aller Länder der Erde, der Kaufleute, Fabrikanten, Gewerbetreibenden, Gutsbesitzer etc. etc., Band 8a: Provinz Brandenburg, 12. Ausgabe, C. Leuchs & Co., Nürnberg 1910, S. 430.
↑Ernst Seyfert, Hans Wehner, Alexander Haußknecht, GF Hogrefe: Landwirtschaftliches Adreßbuch der Rittergüter, Güter und Höfe der Provinz Brandenburg. 1929. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter, Güter und Höfe von ca. 20 ha aufwärts, Mit Unterstützung von Staats- und Kommunalbehörden, sowie des Brandenburgischen Landbundes zu Berlin, sowie der Kreislandbünde. Nach amtlichen Quellen und auf Grund direkter Angaben bearbeitet. in: Niekammer’s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher, Band VII, 4. Auflage, Band Regierungsbezirk Potsdam. Kreis Templin, (Letzte Ausgabe-Paul Niekammer-Reihe), Verlag Niekammer’s Adreßbüchern GmbH, Leipzig 1929, S. 125.