Jutta Neuendorff-FürstenauJutta Neuendorff-Fürstenau geb. Fürstenau (* 21. Februar 1913 in Berlin-Charlottenburg; † 9. Oktober 1997 in Berlin) war eine deutsche Literaturwissenschaftlerin und Fontaneforscherin. LebenJutta Fürstenau wurde am 21. Februar 1913 in Berlin-Charlottenburg geboren. Ihr Vater war der Jurist ‒ und spätere Senatspräsident des Oberverwaltungsgerichts Berlin (seit 1925) ‒ Hermann Fürstenau (1868‒1928); ihre Mutter war Ilse Fürstenau, geb. Genzmer. Sie besuchte bis 1930 eine Privatschule und von 1930 bis 1932 erst das städtische Lyzeum und dann die Reformrealgymnasial-Studienanstalt der Fürstin Bismarck-Schule in Berlin-Charlottenburg, wo sie ihre Schulausbildung mit der Reifeprüfung abschloss. Von 1932 bis 1936 studierte sie Germanistik, Anglistik, Geschichte und Volkskunde in Berlin. Anschließend forschte sie zum Thema ihrer Dissertation „Fontane und die märkische Heimat“. Durch ihre Forschungen lernte sie auch Hermann Fricke kennen, den ersten Leiter des Theodor-Fontane-Archivs, das nach dem Erwerb des Fontane-Nachlasses seit 1935 einen Hauptbestandteil des Brandenburgischen Schrifttumsarchiv bildete. Im Frühjahr 1937 wurde sie, zunächst als Teilzeitkraft, für das Fontane-Archiv angestellt. 1941 promovierte Fürstenau in Berlin bei Julius Petersen; ihre Dissertation erschien im gleichen Jahr in Berlin als Druck. Zwischen 1938 und 1942 erschienen verschiedene ihrer Aufsätze zum Thema Fontane in Zeitschriften, Jahrbüchern und Festschriften. Von 1941 bis 1947 war sie als Archivarin des Theodor-Fontane-Archivs tätig. Hier erarbeitete sie die Bestandsverzeichnisse des Archivs. Nachdem der Archivleiter H. Fricke 1942 für andere Tätigkeiten abgezogen wurde, übernahm Fürstenau immer mehr Aufgaben im Schrifttumsarchiv und in der Landesbücherei. Schließlich fungierte sie auch als Stellvertreterin für die Leiter des Archivs und der Landesbücherei. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges musste sie sich auch um die Bergung von Bibliotheken, herrenlosen Kulturgütern und Auslagerungsbeständen in den verschiedenen Kreisen des Landes Brandenburg kümmern. 1947 heiratete sie Otto Neuendorff (1903‒1989), Professor für Germanistik, der bis 1967 an der Akademie der Wissenschaften in Berlin (Ost) tätig war, und führte seitdem den Familiennamen Neuendorff-Fürstenau. 1948 wurde dem Ehepaar die Tochter Dagmar Neuendorff geboren, die später Sprachwissenschaften studierte, 1979 promovierte und 1994 habilitiert wurde. Jutta Neuendorff-Fürstenau wechselte 1947 als Mitarbeiterin zur Arbeitsstelle des Goethe-Wörterbuchs an der Akademie der Wissenschaften Berlin (Ost). Von 1956 bis 1967 war sie Leiterin dieser Arbeitsstelle. Von 1949 bis 1967 war sie „Grenzgängerin“, d. h. während ihrer Tätigkeit in Berlin/Ost behielt sie ‒ ebenso wie ihr Ehemann ‒ ihren Wohnsitz in Berlin/West bei. 1967 endete ihre Grenzgängerschaft ‒ wahrscheinlich übte man auf ihrer Arbeitsstelle Druck auf sie aus, die im Februar d. J. per Gesetz eingeführte Staatsbürgerschaft der DDR anzunehmen, und sie lehnte das ab; jedenfalls erhielt sie die fristlose Kündigung seitens der Akademie der Wissenschaften Berlin/Ost. Auch ihr Ehemann Otto Neuendorff beendete zur selben Zeit seine Tätigkeit in Berlin/Ost. 1967 wurde sie Mitarbeiterin an der Arbeitsstelle Tübingen des Goethe-Wörterbuchs. 1974 ging sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin zur Arbeitsstelle Weimarer Luther-Ausgabe der Universität Göttingen; diese Tätigkeit endete 1978. Zwischen 1960 und 1990 war sie Mitarbeiterin an diversen Bänden von Fontane-Gesamt- und Briefausgaben bei der Nymphenburger Verlagshandlung und dem Carl Hanser Verlag, beide in München. Am 9. Oktober 1997 verstarb Jutta Neuendorff-Fürstenau nach langer Krankheit in Berlin.[1] VeröffentlichungenSelbständige Publikationen
Aufsätze (Auswahl)
Mitarbeit an Festschriften
Mitarbeit an Editionen
WürdigungenCharlotte Jolles erinnerte in einem Nachruf u. a.: „[…] Jutta ging aus einem der Fontane-Seminare von Julius Petersen an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin hervor und gehörte zu dem frühen Kreis derer, die sich nach Gründung des Theodor-Fontane-Archivs um den Leiter, Hermann Fricke, zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenfanden. […] Sie wurde bald zur Mitarbeit am neugegründeten Archiv herangezogen und hat bei dessen Aufbau eine bedeutende Rolle gespielt, auch durch die Kriegsjahre hindurch. Die vielen von ihr herrührenden Bestandsverzeichnisse des Fontane-Archivs zeugen von ihrer Arbeit. / In Heft 9 der Brandenburgischen Jahrbücher, in dem die Mitglieder des Kreises um Hermann Fricke an die Öffentlichkeit traten, debütierte Jutta Fürstenau mit einem Artikel Theodor Fontanes ‚Ländchen Friesack‘. Ihre Doktorarbeit ‚Fontane und die märkische Heimat‘, die […] das im Fontane-Archiv erstmals zur Verfügung stehende Material verarbeitete, legte den Grundstein für alle weitere Arbeit an den Wanderungen. Der 1969 erschienene Band Register und Nachweise zu den Wanderungsbänden der Nymphenburger Fontane-Ausgabe wurde ein unerläßliches Hilfsmittel für die Forschung. / In der 1959 begonnenen Nymphenburger Fontane-Ausgabe hat Jutta, zum Teil zusammen mit Kurt Schreinert, mehrere Bände bearbeitet, und sie gehörte in den 80er Jahren auch zu den Mitarbeitern am Fontane-Briefverzeichnis. […]“[2] Hanna Delf von Wolzogen und Christine Hehle schrieben 2001 in einem Artikel über das Theodor-Fontane-Archiv u. a.: „Charlotte Jolles, die damals gerade ihre Dissertation bei Julius Petersen beendet hatte, gehörte zu den Mitarbeitern der ersten Stunde, ebenso Jutta Fürstenau, die zweite renommierte Fontane-Forscherin der Anfangszeit. Beide gehörten zu einer Gruppe von Studenten aus Petersens Fontane-Seminar, die sich in lockerer Runde im Archiv in der Matthäikirchstraße 3‒5 trafen und diskutierten.“[3] Klaus Peter-Möller und Peer Trilcke äußerten in einem 2020 erschienenem Artikel zur Geschichte des Theodor-Fontane-Archivs u. a.: „Eine der wichtigsten Aufgaben, denen sich Jutta Fürstenau in ihren Jahren am Fontane-Archiv widmete, war die Ordnung und Verzeichnung der Fontane-Handschriften. […] Während Archivleiter Hermann Fricke 1942 […] abkommandiert wurde, blieb Jutta Fürstenau bis zum Kriegsende in ihrer Position und übernahm immer mehr Aufgaben im Schrifttumsarchiv und in der Landesbücherei. Schließlich fungierte sie auch als Stellvertreterin für die Leiter des Archivs und der Landesbücherei und zeichnete im Auftrag alle Erwerbungsakte der Landesbücherei. […] Nach dem Ende des Weltkrieges war Jutta Fürstenau noch eine Zeitlang für die Kulturabteilung der Brandenburgischen Provinzialverwaltung tätig. Sie war beteiligt an der Bergung von Bibliotheken, herrenlosen Kulturgütern und Auslagerungsbeständen in den verschiedenen Kreisen des Landes Brandenburg […] Auch eine Bescheinigung, ausgestellt am 16. Mai 1946 von der Provinzialverwaltung der Mark Brandenburg, Abt. Volksbildung, fand sich in den Akten: ‚Frl. Dr. Jutta Fürstenau ist beauftragt, auf dem ehemaligen Provinzialgute Rotes Luch [bei Müncheberg (Mark); d. V.] für die Sicherstellung von Akten und anderem Kulturgut der ehemaligen Provinzialverwaltung (Verwaltung des Provinzialverbandes), die seinerzeit dorthin evakuiert wurden, Sorge zu tragen. Es wird gebeten, sie, soweit möglich, dabei zu unterstützen.‘ Auf der Rückseite derselbe Text in russischer Sprache.“[4] Literatur
Einzelnachweise
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