Die Justizvollzugsanstalt Remscheid, ist eine Justizvollzugsanstalt (JVA) in der kreisfreienbergischenGroßstadtRemscheid in Nordrhein-Westfalen (NRW). Sie ist dem Gerichtsbezirk des Landgerichts Wuppertal zugeordnet. Teile der JVA wie das historische Haftgebäude mit dem Kirchturm stehen heute unter Denkmalschutz. Die JVA befindet sich im Nordosten der Stadt im Stadtteil und StadtbezirkLüttringhausen, einer bis zur Eingemeindung im Jahre 1929 selbstständigen Stadtgemeinde im ehemaligen Kreis Lennep. Aufgrund ihrer exponierten Lage, auf einer der höchsten Stellen im Ortskern, ist die Justizvollzugsanstalt sowohl am Tage als auch durch ihre Beleuchtung bei Nacht ein die Silhouette prägendes Gebäude. Die Zweiganstalt in Remscheid bietet 271 Haftplätze im offenen Vollzug.[3]
Die Strafanstalt Lüttringhausen wurde von 1902 bis 1906 auf einem 115.000 Quadratmeter großen Grundstück am damaligen Eingang zur Stadt nahe dem Bahnhof Lüttringhausen errichtet. Idee und Pläne der Anlage beruhten auf den Ausarbeitungen des damaligen Dezernenten für das Gefängniswesen und Vortragendem Rat im Ministerium des Innern in Berlin, dem Geheimen Oberregierungsrat Karl Krohne (1836–1913). Die Gesamtkosten beliefen sich auf 1.305.000 Mark, entsprechend 2.177 Mark für jeden eingerichteten Gefangenenplatz. Die Bauausführung erfolgte durch Gefangene.[4][5] Im Jahr 1906 wurde das Königliche Gefängnis (zu) Lüttringhausen seiner Bestimmung übergeben.[6][7] Später wurde es als Zuchthaus genutzt. Zunächst hatte es die Bezeichnung Zuchthaus Lüttringhausen und nach der 1929 erfolgten Eingemeindung Lüttringhausens bis zur Abschaffung der Zuchthausstrafe im Zuge der Großen Strafrechtsreform in der Bundesrepublik Deutschland durch das 1. Strafrechtsreformgesetz von 1969 die Bezeichnung Zuchthaus Remscheid bzw. Zuchthaus Remscheid-Lüttringhausen.
Der historische Zellentrakt hinter der Eingangspforte neueren Datums besteht aus einem viergeschossigen und vierflügeligen Gebäude aus überwiegend verputzten Backsteinen. An dessen Stirnseite im Eingangsbereich befindet sich ein viereckiger, ebenfalls in Backsteinweise errichteter Kirchturm, der den Gefängniskomplex deutlich überragt. Zur ursprünglichen Ausstattung gehörten unter anderem eine Kirche, ein Badebereich mit zehn Duschen und fünf Wannen, eine Krankenstation, eine Weichzelle und eine Leichenkammer.[7] 1962 wurde die damals noch Zuchthaus genannte JVA um ein Werkstattgebäude erweitert.[6][8] Zu den weiteren in späteren Jahren errichteten Bauabschnitten zählt die Wäscherei von 1980 sowie die heutige Außenpforte mit Verwaltungsgebäude von 1994.[9]
Die einzige Justizvollzugsschule in Nordrhein-Westfalen war nach ihrer Gründung in der ersten Hälfte der 1950er-Jahre (1952?) bis zu ihrem Umzug nach Wuppertal im Jahre 1977 zuerst an die JVA angegliedert und in angrenzenden Gebäuden untergebracht.[10] Nach Um- und Neubau 1978/79 befindet sich heute die „Zweiganstalt“ Masurenstraße 27 mit zunächst etwa 200 und nach der Erweiterung insgesamt 275 Plätzen für Häftlinge im offenen Vollzug in den außerhalb der Gefängnismauern gelegenen Gebäuden.[9]
Im Jahre 2006 wurde innerhalb einer neu aufgeführten 600 Meter langen Gefängnismauer der Neubau der Jugendarrestanstalt mit ca. 70 Plätzen eröffnet, der zwei veraltete Einrichtungen in Remscheid und Solingen ersetzt.[9]
Zuständigkeit
Die JVA Remscheid ist zuständig für die Vollstreckung von:
Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren entsprechend dem Ergebnis des Einweisungsverfahrens
Freiheitsstrafe von mehr als 48 Monaten an Ausländern[11]
Die Zuständigkeiten der Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen sind im Vollstreckungsplan des Landes NRW geregelt (AV d. JM v. 16. September 2003 – 4431 – IV B. 28 -).[12]
Politische Gefangene
Zu fast allen Zeiten, insbesondere aber während der Herrschaft der Nationalsozialisten, wurden in dem damaligen Zuchthaus neben Straftätern auch politische Gefangene inhaftiert. Die folgende, alphabetische Liste ist unvollständig. Nach den Namen ist (sofern bekannt) die Zeit der Inhaftierung in diesem Zuchthaus genannt und gegebenenfalls das weitere Schicksal.
Karl Tuttas (1936–), nach Inhaftierung in mehreren Zuchthäusern 1945 befreit
Johann Vier (1934–1939), nach seiner vorübergehenden Entlassung im September 1944 erneut inhaftiert und ins KZ Flossenbürg überstellt, offenbar verstorben im Oktober 1944 in der Außenstelle Lengenfeld[19]
Es ist darüber hinaus im Inventar der „Euthanasieverbrechen“ des Bundesarchivs unter „Zuchthäuser Lüttringhausen“ (die Verwendung des Plurals könnte darauf hinweisen, dass auch die psychiatrische Klinik Tannenhof gemeint war) aufgeführt.[23]
Paul Pollitz: Strafanstalt Lüttringhausen. In: Landrat des Kreises Lennep (Hrsg.): Der Landkreis Lennep und seine Gemeinden. (= Deutschlands Städtebau.) DARI, Berlin-Halensee 1925, S. 93 f.
↑ abcnrw.de Rede der damaligen Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter anlässlich der Einweihung der Neubauten der JVA Remscheid vom 20. August 2007.