Josef Ignaz Rüsch wurde 1794 im schweizerischen Münchwilen (Kanton Thurgau) als Sohn des Zimmermanns, Mühlenbauers und späteren Munizipalpräsidenten (Bürgermeisters) von Münchwilen Josef Pankraz Rüösch (1759–1837) und der Anna Maria Stoffel (1761–1832) geboren.[1][4][5] Wie sein Vater erlernte Josef Ignaz den Handwerksberuf des Mühlenbauers und dann außerdem des Schmieds.[1] Nach Aufträgen zum Bau von Mühlen und Wasserwerken in der Schweiz kam er 1823 nach Dornbirn und entwarf und baute dort für Franz Karl Ulmer (1773–1843[6]) eine Mahlmühle,[1] worauf sich weitere Aufträge in Vorarlberg und Dornbirn anschlossen.
1824 lernte Josef Ignaz Rüsch die Tochter des Dornbirner Ammans (Bürgermeisters) Katharina Herburger (1798–1863[7]) kennen, die er in seiner schweizerischen Heimat heiraten wollte. Jedoch bewegte der künftige Schwiegervater Martin Herburger (1747–1826[8]) Rüsch zum Bleiben in Dornbirn, wo ihm versprochenerweise künftig „alle Hilfsmittel jeder Art bereit stünden“.[9] Die Hochzeit fand am 25. Juli 1825 statt;[10] das Paar hatte ab 1826 bis 1835 vier Töchter und drei Söhne.[2][11] Als seine Mutter 1832 starb, holte Josef Ignaz Rüsch seinen Vater nach Dornbirn, wo dieser 1837 verstarb.[10]
1827 kaufte Josef Ignaz Rüsch zusammen mit seinem Schwager Josef Herburger (1787–1840[12]) unter dem Firmennamen Herburger & Rüsch zum Eisenhammer[13] eine Hammerschmiede mit Wasserantrieb im Dornbirner Ortsteil Schmelzhütte (Mittebrunnen), wo er dann zusätzlich eine Mühlenwerkstatt betrieb. Im nebenan neu erbauten eigenen Wohnhaus richtete er eine mechanische Werkstätte ein.[10]
Ende 1829 wurde Josef Ignaz Rüsch in die Dornbirner Zunft der Schmiede und Wagner aufgenommen,[14] was Voraussetzung war, um das Gewerbe der Hammer- und Waffenschmiede „auf eigene Rechnung auszuüben“.[10] 1835 nahm Rüsch die österreichische Staatsbürgerschaft an und ab dem gleichen Jahr firmierte er unter Josef Ignaz Rüsch zum Eisenhammer.[13] Es folgte 1836 der Ausbau des Werks im Ortsteil Schmelzhütten (Mittebrunnen) mit einer Eisengießerei, Sägerei und Schreinerei.[13][15] 1838 konnte sich Rüsch endgültig von Herburger loskaufen und war fortan selbständiger Fabrikant.[13]
Josef Ignaz Rüschs Unternehmen plante und baute Sägen, Mühlen[16], Wasserantriebe für Textilfirmen und hydraulische Pressen. Seine Fabrik goss Werkzeuge, Kessel für Chemiefabriken, Säulen, Räder, Bauteile für Kräne und handelte mit Ofenrohren, Sägeblättern, Feuerspritzen, Badewannen sowie Rohren für Vorarlberg, die Schweiz und Deutschland. Das Hauptbetätigungsfeld war weiter der Mühlenbau, wobei sich die Firma durch ein eigenes System von Walzmühlen für Getreide hervortat.[13] Eine ausführliche Beschreibung des Werks erschien 1846 im Journal des Oesterreichischen Lloyd.[17]
Josef Ignaz Rüsch starb 1855 im Alter von 61 Jahren an Magenkrebs.[13] Er liegt begraben auf dem Friedhof Markt in Dornbirn in dem von seiner Familie ursprünglich für seinen früh verstorbenen ältesten Sohn Pankraz Rüsch (1829–1854[18]) um 1854/55 im neugotischen Stil errichteten Erbbegräbnis („Familien Begräbniß“). Die religiöse Frömmigkeit der trauernden Familie drückte sich außer in den altarartig gestalteten Wandtafeln auch aus in dem wohl gleichzeitig entstandenen Deckenbild darüber mit Personifikationen der acht Seligpreisungen.
Schließlich hatte der aus der Schweiz eingewanderte Josef Ignaz Rüsch zur bürgerlichen Oberschicht von Dornbirn gehört,[13] was sich auch äußerlich in Statussymbolen ausdrückte. Dazu gehörten repräsentative Ölgemälde-Porträts[10] des Ehepaars Rüsch sowie der Kauf der Grabarkade 19 auf dem 1842 neu angelegten Friedhof Markt, in der das Erbbegräbnis errichtet wurde. In dessen Inschriften dokumentierte die Witwe Katharina Rüsch auch Jahrzehnte nach der Einwanderung ihres Mannes mit der herausgehobene Nennung des Geburtsorts „zu Münchweilen Kanton Thurgau“ noch die treue Verbundenheit von Josef Ignaz Rüsch und der ganzen Familie mit dessen ursprünglich Schweizer Heimat.
Die Leitung der Firma Josef Ignaz Rüsch zum Eisenhammer übernahm Alfred Rüsch (1831–1892[19]), das fünfte Kind von Josef Ignaz und Katharina Rüsch. Das Werk existierte und produzierte schließlich in Dornbirn mit mehreren Erweiterungen (und einer Verlegung 1857[20] an die heutige Jahngasse) als „bedeutendster Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter“[21] und unter verschiedenen Bezeichnungen (zuletzt als Rüsch-Werke) bis zum Jahr 1984. Nach einem Umbau des Firmengeländes befinden sich in den großzügigen Werksgebäuden des 19. Jahrhunderts seit 2003 das Naturkundemuseum inatura und die Kunsthalle kunstraum.[22]
Literatur
Rainer Rüsch: Eltern und Nachfahren von Josef Ignaz Rüsch (1794–1855) aus Dornbirn/Vorarlberg. Typoskript, Baden-Baden 1999, S. 7.
Werner Matt: Die Fabrikantenfamilie Rüsch. In: Rüsch Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler, Werner Matt. Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, ISBN 978-3-901900-53-2, S. 1–33, hier S. 2–4.
Weblinks
Rüsch Josef Ignaz, in Lexikon Dornbirn, Familienbuch (lexikon.dornbirn.at)
↑ abcdWerner Matt: Die Fabrikantenfamilie Rüsch. In: Rüsch Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler, Werner Matt. Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, ISBN 978-3-901900-53-2, S. 1–33, hier S. 2.
↑ abRüsch Josef Ignaz. In: Familienbuch Dornboirn. Stadtarchiv Dornbirn, abgerufen am 7. Juni 2024.
↑Der Enkel hatte dieselben Taufnamen Josef Ignaz, doch tatsächlich nur den Rufnamen Ignaz. Die Verwechslung begann mit Klaus Fessler: Der Maschinenfabrikant Josef Ignaz Rüsch (1861–1925). In: Dornbirner Schriften, Beiträge zur Stadtgeschichte, Bd. 3, 1988, ISBN 3-85430-091-3 (Digitalisat auf assets.dornbirn.at, abgerufen am 3. Oktober 2022), S. 3–14.
↑Rainer Rüsch: Vor- und Nachfahren von Anna Maria Stoffel, 1761–1832, aus Arbon (Kt. Thurgau), verheiratet mit Josef Pankraz Rüösch. Typoskript, Baden-Baden 2002.
↑Rainer Rüsch: Eltern und Nachfahren von Josef Ignaz Rüsch (1794–1855) aus Dornbirn/Vorarlberg. Typoskript, Baden-Baden 1999, S. 7.
↑H. Weitensfelder: Ulmer, Franz Karl (1773–1846), Industrieller. In: Österreichisches Biographisches Lexikon (biographien.ac.at). Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage, abgerufen am 25. September 2022.
↑Herburger Katharina. In: Familienbuch Dormbirn. Stadtarchiv Dornbirn, abgerufen am 7. Juni 2024.
↑Herburger Franz Martin. In: Familienbuch Dornbirn. Stadtarchiv Dornbirn, abgerufen am 7. Juni 2024.
↑Zitiert aus einen Brief von Josef Ignaz Rüsch an seinen Schweizer Vater von 1824, nach: Werner Matt: Die Fabrikantenfamilie Rüsch. In: Rüsch Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler, Werner Matt. Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, ISBN 978-3-901900-53-2, S. 1–33, hier S. 3.
↑ abcdeWerner Matt: Die Fabrikantenfamilie Rüsch. In: Rüsch Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler, Werner Matt. Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, ISBN 978-3-901900-53-2, S. 1–33, hier S. 3.
↑Übersicht der Kinder bei Werner Matt: Die Fabrikantenfamilie Rüsch. In: Rüsch Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler, Werner Matt. Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, ISBN 978-3-901900-53-2, S. 1–33, hier S. 28.
↑Herburger Johann Josef. In: Familienbuch Dornbirn. Stadtarchiv Dornbirn, abgerufen am 7. Juni 2024.
↑ abcdefgWerner Matt: Die Fabrikantenfamilie Rüsch. In: Rüsch Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler, Werner Matt. Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, ISBN 978-3-901900-53-2, S. 1–33, hier S. 4.
↑Abbildung des Zunft- „Zeugniß“ vom 26. Februar 1829 in: Werner Matt: Die Fabrikantenfamilie Rüsch. In: Rüsch Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler, Werner Matt. Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, ISBN 978-3-901900-53-2, S. 1–33, hier S. 3.
↑Lageplan von 1840 in: Harald Rhomberg: Die Schmelzhütten. Ein frühes Gewerbegebiet Dornbirns und die Keimzelle der Rüsch-Werke. In: Rüsch Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler, Werner Matt. Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, ISBN 978-3-901900-53-2, S. 35–45, hier S. 44.
↑Beispiel eines Mühlenbauplans von Josef Ignaz Rüsch aus dem Jahr 1829 für ein Wasserwerk der Spinnerei Dornbirn-Mittebrunnen von Franz Josef und Johann Michael Rhomberg, in: Klaus Fessler: Turbinen und Wasserkraftwerke. In: Rüsch Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler, Werner Matt. Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, S. 59–149, hier S. 61.
↑Journal des Oesterreichischen Lloyd (Triest), Jg. 11, 1846, Nr. 69 vom 30. April 1846 (Digitalisat auf alex.onb.ac.at, abgerufen am 3. Oktober 2022), S. 280: „Mechanische Werkzeugfabrik“.
↑Rüsch Pankraz Emanuel. In: Familienbuch Dornbirn. Stadtarchiv Dornbirn, abgerufen am 7. Juni 2024.
↑Rüsch Karl Alfred. In: Familienbuch Dormbirn. Stadtarchiv Dornbirn, abgerufen am 7. Juni 2024.
↑Harald Rhomberg: Die Schmelzhütten. Ein frühes Gewerbegebiet Dornbirns und die Keimzelle der Rüsch-Werke. In: Harald Rhomberg: Die Schmelzhütten. Ein frühes Gewerbegebiet Dornbirns und dei Keimzelle der Rüsch-Werke. In: Rüsch Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler, Werner Matt. Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, ISBN 978-3-901900-53-2, S. 35–45, hier S. 43.
↑Buchtitel: Rüsch Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler, Werner Matt. Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, ISBN 978-3-901900-53-2.
↑Werner Matt: Von den Rüsch-Werken zu inatura, Stadtgarten und Kunstraum. In: Rüsch-Werke Dornbirn. Der bedeutendste Metallbetrieb Vorarlbergs im Industriezeitalter. Hrsg. Klaus Fessler und Werner Matt, Selbstverlag Stadtarchiv Dornbirn, Dornbirn 2017, ISBN 978-3-901900-53-2, S. 333–335.