Johannes Schulthess war der vierte und jüngste Sohn des Pfarrers und Philologen Johann Georg Schulthess und dessen Ehefrau Anna (* 4. Oktober 1729 (Taufdatum) in Marthalen; † 3. Juli 1781 in Zürich), Tochter des Pfarrers Johann Heinrich Gossweiler (1688–1734); sein Bruder war der spätere TheologeJohann Georg Schulthess.
Er war in erster Ehe seit 1791 mit Elisabetha (* 17. Februar 1773 in Zürich; † 12. Dezember 1798), Tochter des Hochschullehrers Johann Rudolf Rahn[1] verheiratet, gemeinsam hatten sie drei Kinder[2]:
Hans Georg Schulthess (* 3. Juni 1795 in Zürich; † 1866), Pfarrer;[3]
Hans Rudolf Schulthess (* 18. November 1798 in Zürich; † 10. November 1800 ebenda);
Johannes Schulthess (18. November 1798 in Zürich; † 1871), Französischlehrer an der Industrieschule.[4]
In zweiter Ehe war er seit 1799 mit Anna Maria, Tochter von Salomon Hafner verheiratet; aus ihrer Ehe gingen vier Kinder hervor[5]:
Rudolf Schulthess (* 3. Februar 1802 in Zürich; † 5. August 1833 in Paris), Arzt und Physik- und Botaniklehrer[6];
Louise Schulthess (* 19. November 1806 in Zürich).
Ausbildung
Johannes Schulthess wurde bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr vom Vater unterrichtet und besuchte dann das Collegium humanitatis und das Collegium Carolinum in Zürich.
Werdegang
Nach Beendigung seiner theologischen Studien wurde ihm 1787 am Collegium Carolinum die Professur des Hebräischen übertragen. 1791 gründete er, gemeinsam mit dem Drucker Kaspar Näf (1760–1822), das Verlagshaus Schulthess[8] (heute: Schulthess Juristische Medien); das Hauptanliegen des Verlages war vor allem die Herausgabe von theologischen und von Schulbüchern zur Bildung der Jugend.
Nachdem er sich vergeblich für die Erhaltung des Chorherrenstiftes bei der Neuordnung der Verhältnisse zu Beginn der 1830er Jahre eingesetzt hatte, lehrte er seit 1833 an der neugegründeten Universität Zürich als ausserordentlicher Professor bis zu seinem Tod weiter; zu seinen Studenten gehörte unter anderem Alexander Schweizer.[10]
Theologisches Wirken
Johannes Schulthess beschäftigte sich mit exegetisch-theologischen Forschungen und wurde bekannt, als der schweizerische Vertreter des älteren Rationalismus in der Form von Heinrich Eberhard Gottlob Paulus und Johann Friedrich Röhr. Seine dogmatischen Grundsätze hat er 1822 in der mit Johann Caspar von Orelli herausgegebenen Broschüre Rationalismus und Supernaturalismus, Kanon, Tradition und Scription und von 1823 bis 1826 in seiner Revision des kirchlichen Lehrbegriffs niedergelegt.
Gesellschaftliches Wirken
Johannes Schulthess stiftete und leitete sowohl die Armenschule als auch die Blindenanstalt, die im Brunnenturm untergebracht war. Er war ein Anhänger von Johann Heinrich Pestalozzi’sSchulreform im Kanton Zürich und war von 1801 im Erziehungsrat, wo er sich für die Verbesserung der Lehrerausbildung einsetzte und deren Aktuar er bis 1813 war. Von ihm stammte auch der Plan der 1802 gegründeten Bürgerschule, deren Vorsteher er dann einige Jahre lang war. Gemeinsam mit Johann Heinrich Rusterholz (1760–1806)[11] richtete er Schulmeisterkurse ein, die 1806 und 1807 auf dem Gut Riedtli[12] bei Zürich abgehalten wurden.
Auf Wunsch Pestalozzi’s gründete er die Schweizerische Erziehungsgesellschaft, die, unter der Präsidentschaft von Pestalozzi, von 1808 bis 1812 in Lenzburg ihre jährlichen Zusammenkünfte durchführte und bei der Pestalozzi 1809 seine Rede Ueber die Idee der Elementarbildung hielt, die später von Johannes Niederer (1779–1843)[13] teilweise überarbeitet wurde. Johannes Schulthess war für die Gesellschaft auch als Aktuar tätig und redigierte deren Verhandlungen.
Ihm war auch zu verdanken, dass 1818 die Zwinglifeier im Sihlwald stattfinden durfte; diese Zusammenkunft führte zur Gründung des späteren Schweizerischen Zofingervereins.[14]
Schriftstellerisches Wirken
Für die Zürcher Hülfsgesellschaft schrieb er von 1801 bis 1806 die ersten sechs Neujahrsblätter, und später noch die von 1808, 1811 und 1819. Er redigierte von 1812 bis 1816 die von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft herausgegebene Zeitschrift Der gemeinnützige Schweizer. Er verfasste Schulbücher und Jugendschriften, unter anderem das 1808 veröffentlichte Der Kinderfreund, das später noch in weiteren elf Auflagen publiziert wurde.
Er verfasste eine grosse Anzahl an theologischen und kirchlichen Veröffentlichungen, so gab er unter anderem während der Mediationszeit von 1808 bis 1813 acht Bände Beiträge zur Beförderung des Kirchen- und Schulwesens in der Schweiz und 1814 seine Kinderbibel[15] heraus; weiterhin veröffentlichte er auch Aufsätze in verschiedenen theologischen Zeitschriften, unter anderem in den Analecten von Karl August Gottlieb Keil und Heinrich Gottlieb Tzschirner. Von 1815 bis 1824 veröffentlichte er sein dreibändiges Werk Exegetisch-theologische Forschungen. Von 1826 bis 1830 redigierte er die von Ludwig Wachler gegründete theologische Zeitschrift Neue theologische Annalen.
Sein Hauptwerk war das, gemeinsam mit Johann Melchior Schuler herausgegebenen, achtbändige Werk über Huldrych Zwingli, in dem sie Zwingli, anlässlich des Reformationsjubiläums von 1819, für seinen Freisinn und seine Vaterlandliebe rühmten.[16]
Mitgliedschaften
Johannes Schulthess war Mitglied in der von Hans Caspar Hirzel gegründeten, und noch heute bestehenden, Zürcher Hülfsgesellschaft[17] sowie in der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft.
Auszeichnungen
Johannes Schulthess war Inhaber der königlich-preussischen Reformations-Medaille.
Schriften (Auswahl)
Von der dringenden Nothwendigkeit sich der helvetischen Schulen von Staatswegen anzunehmen. 1798.
Einige Gedanken über das Verhältniß der Wissenschafts-Anstalten, der Schulen und Kirchen zum Staate. 1799.
Das Unchristliche und Vernunftwidrige, geistig und sittlich Ungesunde mehrerer Büchlein, die seit einiger Zeit besonders von der Tractatgesellschaft in Basel und ihren Freunden heimlich ausgestreut werden. Zürich 1815.
Helvetii evangelici quibus francogallica lingua nativa invitantur ad monumentum Huldrici Zwinglii dedicandum una cum Helvetiis alemannicis rerum divinarum humanarumque societate affinibus. Zürich 1827.
↑Ulrike Henschel: Vermittler des Rechts: Juristische Verlage von der Spätaufklärung bis in die frühe Nachkriegszeit. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2015, ISBN 978-3-11-042101-9 (google.de [abgerufen am 9. Juni 2020]).
↑Anton von Tillier: Geschichte der helvetischen Republik: von ihrer Gründung im Frühjahr 1798 bis zu ihrer Auflösung im Frühjahr 1803. C. Fischer, 1843, S.231 (google.de [abgerufen am 10. Juni 2020]).
↑Rebekka Horlacher, Daniel Tröhler: Sämtliche Briefe an Johann Heinrich Pestalozzi. Walter de Gruyter, 2010, ISBN 978-3-11-022833-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 9. Juni 2020]).
↑Marcel Naas: Didaktische Konstruktion des Kindes in Schweizer Kinderbibeln: Zürich, Bern, Luzern (1800-1850). V&R unipress GmbH, 2012, ISBN 978-3-89971-975-8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 9. Juni 2020]).