Johanna KootzJohanna Kootz (* 1942) ist eine deutsche Bibliothekarin und Soziologin. Sie war eine Wegbereiterin der Frauenforschung und -förderung an der Freien Universität Berlin. 2004 wurde sie für ihr Lebenswerk mit dem Margherita-von-Brentano-Preis ausgezeichnet. LebenJohanna Kootz absolvierte eine Ausbildung zur Bibliothekarin und studierte anschließend von 1965 bis 1971 Soziologie in München und Berlin. Ihre Diplomarbeit zusammen mit Gisela Steppke unter dem Titel Zur Frauenfrage im Kapitalismus wurde 1973 unter Mitarbeit der Germanistin Gisela Brandt im Suhrkamp Verlag veröffentlicht; bis 1987 folgten drei weitere Auflagen. Sie gilt als eine der ersten Studien zur Frauen- und Geschlechterforschung im deutschsprachigen Raum nach 1945[1] und laut Sabine Hark „als die erste deutschsprachige feministische Monografie, die im Radius der gerade entstehenden Schnittstelle zwischen Universität und Neuer Frauenbewegung geschrieben wurde“.[2] Johanna Kootz ist Mutter eines Sohnes. Eine Eheschließung kam für sie in den 1970er Jahren nicht in Frage, weil damit nach ihrer Ansicht eine gesellschaftliche und individuelle Diskriminierung verbunden gewesen sei. „Ohne die Frauenbewegung“, die auch Alternativen zur herkömmlichen Ehe und Kleinfamilie aufgezeigt habe, so Kootz 1977 in einem Gespräch mit Spiegel-Redakteurin Ariane Barth, „hätte ich nicht den Mut gehabt, den Gedanken an ein Kind zu erwägen“.[3] WirkenSeit den frühen siebziger Jahren war Johanna Kootz maßgeblich daran beteiligt, frauenrelevante Themen in Lehre und Forschung der FU einzubringen. Zu dieser Zeit waren die Möglichkeiten für Frauen Wissenschaft als Beruf ausüben können begrenzt[4][5] und es gab kaum deutschsprachige Veröffentlichungen, die sich mit der Gleichberechtigung von Frauen beschäftigten.[6] Ab Anfang der 1970er protestierten Studentinnen und Dozentinnen gegen die Unterrepräsentanz von Frauen in Forschung und Lehre und den Androzentrismus in der Wissenschaft. Die ersten Seminare für Frauenforschung – damals „Frauenseminare“ genannt – fanden an der Freien Universität Berlin in der Soziologie und Politologie statt. Zusammen mit den Soziologinnen Ulla Bock und Elisabeth Böhmer gehörte Johanna Kootz zur Planungsgruppe der Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung an der Freien Universität Berlin (seit 2000: Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauen- und Geschlechterforschung, ZEFG), nahezu zeitgleich mit den Aktivitäten an der Universität Bielefeld waren dies die ersten Einrichtungen in Westdeutschland, die „frauenspezifische Forschung“ (wie es damals hieß) und weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchs förderten.[7] 1981 übernahm sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin die Leitung des Zentrums für Frauenforschung. Um die Arbeit und Geschichte von Frauen sichtbar zu machen, baute Johanna Kootz an der FU eine Bibliothek zur Frauen- und Geschlechterforschung auf, die heute mehr als 6200 Bände und 20 laufende Zeitschriften und Periodika umfasst. Dazu dient auch die von ihr initiierte Dokumentation der frauenforschungsbezogenen Abschluss- und Qualifikationsarbeiten an der FU Berlin seit dem Jahr 1979 sowie der Aufbau der Datenbank Habilitierte Frauen in Deutschland seit 1970. Sie gehörte außerdem zu den Initiatorinnen des Rhoda-Erdmann-Programms, das Weiterbildungen für wissenschaftlich tätige Frauen während ihrer Qualifizierungsphase bietet.[8] Außerhalb der Universität war Johanna Kootz 1976 in Berlin an der Gründung des ersten Frauenhauses in Westdeutschland beteiligt[9][10] und gehörte von 1977 bis 1980 zur wissenschaftlichen Begleitung dieses zunächst als Modellprojekt angelegten Hauses. Daraus entstand die erste umfassende Untersuchung über die Situation misshandelter Frauen und Gewalt in der Ehe in Westdeutschland.[11][12] 1995 begann Johanna Kootz ihre Zusammenarbeit mit der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück anlässlich des deutsch-israelischen Projekts „Victims and Survivors. Jewish Women Prisoners in Ravensbrück Concentration Camp During and After World War II“, eine Kooperation der Universität Tel Aviv und der FU Berlin. Sie bot in den folgenden Jahren am Otto-Suhr-Institut Lehrveranstaltungen und Projektkurse zu Geschlechterbeziehungen im Nationalsozialismus und zum Frauenkonzentrationslager Ravensbrück an, zu denen sie auch ehemalige Häftlinge einlud.[13] Im Rahmen einer interdisziplinären Frauenforschungsgruppe der FU veröffentlichte sie 1997 zusammen mit der Gedenkstättenleiterin Insa Eschebach den Band Das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück – Quellenlage und Quellenkritik. Sie beschäftigte sich insb. mit der Geschichte der weiblichen italienischen Häftlinge in Ravensbrück. Sie veranlasste die Übersetzung der Erlebnisberichte von Lidia Beccaria Rolfi und gab 2007 das Buch Zurückkehren als Fremde. Von Ravensbrück nach Italien: 1945-1948 und 2016 Als Italienerin in Ravensbrück heraus. Nach dem Ausscheiden aus der Freien Universität 2003 blieb Johanna Kootz im „Internationalen Freundeskreis Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück“ aktiv.[14] AuszeichnungFür ihr Engagement in der Hochschulpolitik wurde sie 2004 mit dem Margherita-von-Brentano-Preis geehrt. Es sei ihr gelungen, „mit visionärem Engagement, Durchsetzungskraft und Ausdauer Generationen von Frauen nach allen Regeln der Kunst zu fördern.“[15] In seiner Laudatio sagte der Politologe Wolf-Dieter Narr:
– Wolf-Dieter Narr[16] Publikationen
Beiträge
WeblinksEinzelnachweise
|