Johanna Hilde Hemer wuchs im familiären Umfeld der „universitären Welt und der Kunst“ in Leipzig auf, wohin die Familie 1893 gezogen war. Ihre Taufpaten waren der Ägyptologe Adolf Erman und der österreichische Pianist und Komponist Artur Schnabel. Der Klavierproduzent Edwin Bechstein schenkte ihr, nach Aussage ihres Sohnes Thomas, einen besonders wertvollen Konzertflügel aus russischem Edelholz, das damals kaum noch erhältlich war. Nach einer Probephase bei Schnabels Assistenten wurde Hilde Hemer nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges schließlich am 30. April 1915 Schülerin von Artur Schnabel.[4] Kriegsbedingt wurden die regelmäßigen Fahrten zwischen Leipzig und Berlin zu Schnabels Unterricht immer beschwerlicher, so dass Hilde Hemer nach zwei Jahren ihre Studien am Leipziger Konservatorium bei dem Pianisten Robert Teichmüller fortsetzte.[5]
Während des Ersten Weltkriegs heiratete sie[4] am 29. April 1917 in Leipzig[2] den Cellisten und späteren Pelzhändler Franz Hemer, mit dem sie die Söhne Nikolaus (geboren 24. Februar 1920), Thomas (geboren 20. April 1923) und Rudolf (geboren 3. Juli 1931) bekam.[2][3] Ihr Mann diente während des Krieges als Jagdflieger im Geschwader von Manfred von Richthofen.[4]
Im Jahr 1950 charakterisierte die Zeitung The Van Nuys News Hilde Hemer als „gifted concert pianist“ (begabte Konzertpianistin).[10] Für eine Veranstaltung der Frauenorganisation P.E.O. Sisterhood Mitte Januar 1950 wurde Hemer für den musikalischen Programmpunkt vorgestellt: sie habe in Deutschland schon mit einem Kammerorchester gespielt und große Anerkennung für ihre Kunst erhalten. Hervorgehoben wurden ihre Interpretationen von Schumann, Brahms, Beethoven, Schubert und Chopin.[9] Ende Januar 1950 spielte sie gemeinsam mit dem Solo-Cellisten Nathan Liebenbaum bei einer Ehrenveranstaltung für Margaret Carter, die Großmutter von Ferdinand Mendenhall.[1] Im März 1950 berichtete die Zeitung The Van Nuys News in einer Konzertankündigung, dass Hemer, die als Solistin mit Kammerorchestern in Europa und an der Ostküste der Vereinigten Staaten gespielt habe, bereits seit vielen Jahren in Van Nuys unterrichte.[11] Sie unterrichtete bis ins hohe Alter.[12]
Hilde Hemer hinterließ eine Autobiographie, in der sie das Leben ihrer Familie „as members of high class citizens“ beschrieb, und die ursprünglich für ihre Söhne gedacht war.[4] Diese über fünfzig Seiten starke Abhandlung umfasst größtenteils die Zeit in Leipzig. Eine Kopie befindet sich heute im Archiv des Ägyptischen Museums der Universität Leipzig (ÄMUL-Archiv) und noch Anfang des 21. Jahrhunderts wurde sie für die Entschlüsselung der Biographien von Hemers zahlreichen berühmten Verwandten und Bekannten genutzt.[4][13]
↑ abTrue Pioneer Receives Orchid on Community Sing Program in der Zeitung The Van Nuys News vom 30. Januar 1950, S. 8; Vorschau mit OCR-Text auf der Seite newspapers.com
↑ abcdefDietrich Raue: Der „J'accuse“-Brief an John A. Wilson. Drei Ansichten von Georg Steindorff, in Susanne Bickel, Hans-Werner Fischer-Elfert, Antonio Loprieno, Sebastian Richter (Hrsg.): Ägyptologen und Ägyptologien zwischen Kaiserreich und Gründung der beiden deutschen Staaten. Reflexionen zur Geschichte und Episteme eines altertumswissenschaftlichen Fachs im 150. Jahr der Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde ( = Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde, Beiheft, Heft 1), Berlin: Akademie-Verlag, 2013, ISBN 978-3-05-006340-9, 345–378; hier: S. 357; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
↑Elke Blumenthal: Das „erste Leben“ der Hilde Hemer, geborene Steindorff. In: Leipziger Blätter, Band 59 (2011), S. 56–64; hier: S. 57; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
↑Susanne Bickel, Hans-Werner Fischer-Elfert, Antonio Loprieno, Sebastian Richter: Ägyptologen und Ägyptologien zwischen Kaiserreich und Gründung der beiden deutschen Staaten: Reflexionen zur Geschichte und Episteme eines altertumswissenschaftlichen Fachs im 150. Jahr der Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2014, ISBN 978-3-05-006341-6, S.350 (google.com [abgerufen am 7. Juli 2021]).
↑Cilli Kasper-Holtkotte: Deutschland in Ägypten: Orientalistische Netzwerke, Judenverfolgung und das Leben der Frankfurter Jüdin Mimi Borchardt. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2017, ISBN 978-3-11-052612-7, S.464 (google.com [abgerufen am 10. Juli 2021]).
↑Susanne Voss, Dietrich Raue: Georg Steindorff und die deutsche Ägyptologie im 20. Jahrhundert: Wissenshintergründe und Forschungstransfers. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2016, ISBN 978-3-11-047756-6, S.527 (google.com [abgerufen am 10. Juli 2021]).
↑Three artists in der Zeitung The Van Nuys News vom 16. März 1950, S. 11
↑In einem Kommentar zu einer Radioshow erinnerte sich die Hörerin Abigail Breiseth an ihre Erfahrungen als Zwölfjährige mit ihrer Klavierlehrerin Hilde Hemer, wie „ihre knotigen, arthritischen Hände kaum die Tasten berührten und einen so zarten Klang hervorbrachten“; siehe Simone Dinnerstein: “Something Almost Being Said”, Radioshow von Diane Rehm, 22. Dezember 2012
↑Susanne Voss, Dietrich Raue (Hrsg.): Georg Steindorff und die deutsche Ägyptologie im 20. Jahrhundert. Wissenshintergründe und Forschungstransfers ( = Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde, Beiheft, Band 5), Berlin: De Gruyter, [2016], ISBN 978-3-11-046751-2 und ISBN 3-11-04 6751-8, passim; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche