Mayrhofer war der Sohn eines Gerichtsprokurators und von 1806 bis 1810 Angehöriger des Stifts Sankt Florian in Oberösterreich. Nach seinem Austritt aus dem Stift studierte er in Wien Rechtswissenschaften und Theologie. Er schloss beide Studien erfolgreich ab. In seiner Studienzeit war er mit dem Schriftsteller Theodor Körner befreundet. Von 1814 bis zum Ende seines Lebens war Mayrhofer als Zensor und Bücherrevisor „K. K. Zentral-Bücher-Revisions-Amt“ im Rahmen der staatlichen Zensur durch das Metternich-Regime tätig. Auf diesen Broterwerb war er, gegen seine eigentliche politische Haltung, angewiesen.[3]
Beziehung zu Franz Schubert 1814–1820
In Wien lernte er 1814 durch Joseph von Spaun den Komponisten Franz Schubert kennen und lebte mit dem 10 Jahre jüngeren Freund von 1818 bis 1821 zusammen in einem Zimmer in einer Wohngemeinschaft im Haus rechts neben dem Alten Rathaus in der Wipplinger Straße 4.[4]
Christoph Schwandt hat in seinem Aufsatz „Unaussprechlich, unbegriffen“[5] die enge Beziehung beider Künstler anhand von zahlreichen Dokumenten und ausführlicher Werkanalysen untersucht und kommt zu dem Schluss, dass es sich sowohl um eine fruchtbare Arbeits- als auch um eine Partnerbeziehung beider Männer gehandelt hat, die 1820 mit Auftauchen von Franz von Schober sowie Moritz von Schwind in Schuberts Leben zu seinem Auszug bei Mayrhofer führte. Zu dieser Zeit schrieb er für ihn den Gedichtzyklus „An Franz“.
„Du liebst mich! Tief hab ich's empfunden,
Du treuer Junge, zart und gut;
so stähle sich denn, schön verbunden,
der edle, jugendliche Mut!
Wie immer auch das Leben dränge,
wir hören die verwandten Klänge.
Doch Wahrheit sei's, womit ich zahle:
Ich bin nicht Guter, wie du wähnst;
Du sprichst zu einem Ideale,
wonach du jugendlich dich sehnst, —
und eines Ringers schweres Streben
hältst du für rasch entquoll'nes Leben. […]
Doch laß uns treu, bis sich dem Willen
die Bildung und die Kraft gesellt,
als Brüder redlich baun im Stillen
an einer schönern, freien Welt;
sie ist es nur, — der ich gesungen, —
und ist sie, — sei das Lied verklungen!“
Schubert vertonte 47 Gedichte von Mayrhofer, darunter das bekannte Lied eines Schiffers an die Dioskuren sowie etwa Der zürnenden Diana. Mayrhofer schuf für ihn außerdem die Libretti zu zwei Bühnenwerken, die jedoch zu Lebzeiten der Autoren nicht aufgeführt wurden: Sowohl zum Singspiel Die Freunde von Salamanca (1815) und zur Oper Adrast sind lediglich die von Schubert vertonten Textteile überliefert. Ernst von Feuchtersleben verzichtete darauf, die ihm noch vorliegenden Manuskripte im Rahmen der Edition von Mayrhofers nachgelassenen Dichtungen zu veröffentlichen. Nach Schuberts Tod wirkte Mayrhofer auf seine Umwelt total verändert, „seine Lebensharmonie sei mit dem Tode Schuberts verklungen“, so der Schubert-Freund Ernst von Feuchtersleben.[8]
1824 erschien eine Sammlung seiner Gedichte. 1829 veröffentlichte er in der Zeitschrift Neues Archiv für Geschichte seine „Erinnerungen an Franz Schubert“,[10][11] durch die einige bemerkenswerte Informationen über Schubert und seinen Freundeskreis überliefert sind.
„Mayrhofer litt ständig unter schlechtem Befinden, seinem Hang zu Melancholie und Einsamkeit. 1830 machte er 2 Jahre nach Schuberts Tod einen ersten Selbstmordversuch. Man rettete ihn aus der Donau.“[12]
1836 starb er in Wien durch Suizid infolge eines depressiven Schubs. Er stürzte sich aus dem dritten Stock des Zensur-Amtes.[3]
Bewertungen
„Mayrhofers Gedichte sind immer wie der Text zu einer Melodie.“
Ilija Dürhammer: »Was ich gefühlt, hast Du gesungen« – Neue Dokumente zu Johann Mayrhofers Leben und Schaffen. In: Mitteilungen der österreichischen Gesellschaft für Musikwissenschaft 31 (März 1997), S. 13–45.
Ilija Dürhammer: Schuberts literarische Heimat. Dichtung und Literatur-Rezeption der Schubert-Freunde. Wien-Köln-Weimar 1999.
Michael Kohlhäufl: Poetisches Vaterland. Dichtung und politisches Denken im Freundeskreis Franz Schuberts. Kassel 1999.
Susan Youens: Schubert’s poets and the making of lieder. Cambridge Univ. Press 1999.
Michael Lorenz: Dokumente zur Biographie Johann Mayrhofers. In: Schubert durch die Brille 25, Juni 2000, S. 21–50.
Rita Steblin: Schubert’s Problematic Relationship with Johann Mayrhofer: New Documentary Evidence. In: Essays on Music and Culture in Honor of Herbert Kellman, 2001, S. 465–495.
Michael Davidson, Henk Hillenaar: Schubert and Mayrhofer. London 2008.
Friedrich Buchmayr: Franz Schubert, der Linzer Freundeskreis und das Stift St. Florian. In: Schubert:Perspektiven, 8, 2008, S. 135–190.
↑Sterbebuch Wien Alservorstadtkrankenhaus, tom. XXIX, fol. 62 (Faksimile). Abweichend werden in der Literatur auch der 3., 6. und 22. Februar sowie „vierzig Stunden“ nach dem 5. Februar als Todesdatum angegeben.
↑ abOtto Erich Deutsch: Schubert: Die Erinnerungen seiner Freunde. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1983, ISBN 3-7651-0186-9, S.9f., 92.
↑Christoph Schwandt, 'Unaussprechlich, unbegriffen'. Indizien und Argumente aus Leben und Werk für die wahrscheinliche Homosexualität des Franz Peter Schubert", in: Franz Schubert "Todesmusik", Verlag edition text + kritik, München 1997 (= Musik-Konzepte 97/98), ISBN 3-88377-572-X, S. 112–194
↑Michael Stegemann: Franz Schubert - Ich bin zu Ende mit allen Träumen. Piper, München 1998, ISBN 978-3-492-03819-5, S.227f.
↑Christoph Schwandt, 'Unaussprechlich, unbegriffen'. Indizien und Argumente aus Leben und Werk für die wahrscheinliche Homosexualität des Franz Peter Schubert", in: Franz Schubert "Todesmusik", Verlag edition text + kritik, München 1997 (= Musik-Konzepte 97/98), ISBN 3-88377-572-X, S. 159
↑vgl.dazu: Christoph Schwandt, 'Unaussprechlich, unbegriffen'. Indizien und Argumente aus Leben und Werk für die wahrscheinliche Homosexualität des Franz Peter Schubert", in: Franz Schubert "Todesmusik", Verlag edition text + kritik, München 1997 (= Musik-Konzepte 97/98), ISBN 3-88377-572-X, S. 147
↑Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band II: Künstler. Winter, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-8253-6813-5, S. 486–487.
↑Johann Mayrhofer: Erinnerungen an Franz Schubert. In: Neues Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst (1829) - Bayerische Staatsbibliothek. Abgerufen am 18. Dezember 2022.
↑Faksimile in: Till Gerrit Waidelich: Franz Schubert. Dokumente 1817-1830 (Tutzing 1993), Nr. 699, S. 491 ff.