Jetzt fahr’n wir übern See ist ein deutsches Scherzlied aus dem 19. Jahrhundert. Es handelt sich um ein Volkslied, da nicht überliefert ist, wer für Melodie und Text verantwortlich war.
|: Jetzt fahr’n wir übern See, übern See,
jetzt fahr’n wir übern (—) :| See,
|: mit einer hölzern’ Wurzel, Wurzel, Wurzel,
mit einer hölzern’ Wurzel,
kein Ruder war nicht (—) :| dran.
|: Und als wir drüber war’n, drüber war’n,
und als wir drüber (—) :| war’n,
|: da sangen alle Vöglein,
der helle Tag brach (—) :| an.
|: Der Jäger rief ins Horn, in das Horn,
der Jäger rief ins (—) :| Horn.
|: Da bliesen alle Jäger,
ein jeder in sein (—) :| Horn.
|: Das Liedlein, das ist aus, wieder aus,
das Liedlein, das ist (—) :| aus.
|: Und wer das Lied nicht singen kann,
der fang’s von vorne (—) :| an!
Obwohl die Noten üblicherweise in einem durchlaufenden Metrum notiert sind, wird der zweite Teil der Melodie häufig im doppelten Tempo, oder jedenfalls deutlich schneller gesungen.[1]
Ausführung
Das Lied dient als Pfänderspiel: Dabei müssen die Sänger während der Strophen jeweils bei der ersten Wiederholung der Eingangszeile und der Schlusszeile den Gesang aussetzen. Wer in die Pause hineinsingt, muss als Strafe ein Pfand abgeben. Heute wird das Lied gerne in Kindergärten und in der Grundschule gesungen und als bewegtes Singspiel einstudiert.[2]
Überlieferung
Varianten des Liedes sind seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt. Das Lied Ich fuhr einmal auf Sitt ist seit den 1830er Jahren nachweisbar.
Ich fuhr einmal auf Sitt, wi di witt
ich führ einmal auf — Sitt
mit einem hölzern Löffelchen
lirum larum Löffelchen
mit einem hölzern Löffelchen
ein Stielchen war nicht – dran
Als ich wohl überkam, widewitt.
Da krähten alle Hähnichen
Der helle Tag brach — an
Da saß ein Eul und spann
Auf einem düstern Kämmerchen
Es war kein Fenster — dran
Die Magd die kehrt das Haus:
Was fand sie in dem Kericht?
Ein’n Fuchsschwanz der war — kraus.
Die Frau die nahm einen Brand
Und schlug der armen Dienstmagd
Den Fuchsschwanz aus der — Hand.
Ach Frau das ist nicht fein
Denn was die Magd im Kericht findt
Das muß ihr eigen — sein[3][4][5][6]
Die heute verbreitete Fassung wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Dauba im Norden Böhmens als Lied der Hopfenpflücker aufgezeichnet und 1891 veröffentlicht.[8][5][9]
Die in der ersten Strophe erwähnte hölzerne Wurzel wird in manchen Liederbüchern als „Woidzülln“ (Waidzille = Jagdkahn) gedeutet.[10] Nach dieser Lesart wäre hier also nicht vom Ersatz für ein fehlendes Ruder die Rede, sondern vom Wassergefährt selber.
↑Ludwig Erk, Wilhelm Irmer (Hrsg.): Die deutschen Volkslieder mit ihren Singweisen – Neue Sammlung deutscher Volkslieder mit ihren eigenthümlichen Melodien. Erstes Heft. Berlin, Plahn und Logier 1838, S. 63, Digitalisat in der Google-Buchsuche.
↑Karl Simrock: Das deutsche Kinderbuch. Brönner, Frankfurt am Main 1848, S. 174; Digitalisat in der Google-Buchsuche.
↑Andreas Kretzschmer: Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Weisen. Erster Theil (in 8 Heften). Vereins-Buchhandlung, Berlin 1840, S. 293 f.; Digitalisat in der Google-Buchsuche.
↑Alois Hruschka, Wendelin Toischer: Deutsche Volkslieder aus Böhmen. Verlag des Deutschen Vereins zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse, Prag 1891, S. 257 f. (Text) u. 487 (Melodie); digitale-sammlungen.de.
↑Hermann Peter Gericke: Bruder Singer. Bärenreiter, Kassel 1963; Unser fröhlicher Gesell. Möseler, Wolfenbüttel 1964, S. 144 f. Edgar Hobinka (Hrsg.): Ostdeutsches Liederbuch. Alte Lieder aus den Vertreibungsgebieten. Hessische Staatskanzlei, Wiesbaden o. J. [1987], ISBN 3-89214-005-7, S. 95.