Die Jahreslosung gilt vielen Christen vor allem deutscher Sprache als Leitvers für das Jahr. In Kirchen, in denen nicht liturgische Regelungen dem entgegenstehen, wird sie häufig als Predigttext für den ersten Sonntag im Jahr ausgewählt. In der jährlichen Ausgabe der Herrnhuter Losungen erscheint sie jeweils auf einer der ersten Seiten.
Die Jahreslosungen werden seit 1930 veröffentlicht. Die erste Jahreslosung war von dem schwäbischen Pfarrer Otto Riethmüller, dem damaligen Vorsitzenden des Reichsverbandes weiblicher Jugend, in Absprache mit dem Dachverband der Evangelischen Jungmännerbünde, einem Vorläufer des CVJM, gewählt worden. Sie lautete: „Ich schäme mich des Evangeliums von Jesus Christus nicht“ (Röm 1,16 LUT). Riethmüller wollte mit den Losungen den nationalsozialistischen Parolen seiner Zeit ein Bibelwort entgegenstellen.[2]
Die Vorschläge für die Jahreslosung kommen aus den 24 Mitgliedsverbänden der ÖAB. Jeder Verband entnimmt dem aktuellen ökumenischen Bibelleseplan zwei geeignete Bibelverse, die an der Jahrestagung der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen in vier Arbeitsgruppen diskutiert werden. Jede dieser Arbeitsgruppen legt dem Plenum schließlich zwei Vorschläge zur endgültigen Beratung vor. Am Ende dieser Beratung steht eine Einigung auf zwei Verse, die zur Abstimmung vorgelegt werden. Jahreslosung wird schließlich derjenige der beiden Verse, der die absolute Mehrheit der Stimmen erhält.
Es gab bereits mehrere Dopplungen. 1933 und 1949 wurde 2. Timotheus 1,7 LUT sowie 1984 nach EÜ gewählt; 1935 und 1950 aus 1. Petrus 2,5 LUT; 1951 und 1999 Matthäus 28,20 LUT; 1971 und 2015 Römer 15,7 LUT sowie 1977 und 2001 Kolosser 2,3 LUT.
Bis 1970 stammte die Jahreslosung immer aus der Luther-Übersetzung. 1971 wurde erstmals die Einheitsübersetzung ausgewählt. Seither wird willkürlich eine der beiden Übersetzungen verwendet, sofern sich die Übersetzungen beim ausgewählten Vers unterschieden.[3] Bei der Jahreslosung für 2025 begründete die Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen dies mit der „prägnanteren Formulierung“.[4]
Jahreslosungen ab 1930
Die bisher veröffentlichten Jahreslosungen ab 1930 lauten:
Jahr
Bibeltext
Bibelstelle
Anmerkungen
1930
Ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht.
Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Lasset uns aufsehen auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens; welcher, da er wohl hätte mögen Freude haben, erduldete das Kreuz und achtete der Schande nicht und hat sich gesetzt zur Rechten auf den Stuhl Gottes.
Von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen (ÖAB) werden zudem auch biblische Monatssprüche bestimmt, die je für den entsprechenden Monat ebenfalls aus dem ökumenischen Bibelleseplan ausgewählt werden.[5] Der Monatsspruch gilt den Benutzern als Leitvers für einen bestimmten Monat.
Die Monatssprüche erschienen zum ersten Mal 1934. Sie gehen auf eine Idee Oskar Schnetters zurück, der zu dieser Zeit Jugendwart in Kassel war.[6]
Nicole Marten: Erfinder der Jahreslosung. (pdf, 151 kB) In: Evangelisches Gemeindeblatt für Württemberg. 29/2018; abgerufen am 16. Januar 2019
Einzelnachweise
↑Jahreslosungen. Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen, abgerufen am 16. Januar 2019. Gyburg Beschnidt: Wie entsteht die Jahreslosung? (pdf, 5 kB) Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen, 17. April 2013, archiviert vom Original am 20. Mai 2014; abgerufen am 16. Januar 2019. Hildegard Führ: Zur Jahreslosung. (pdf; 459 kB) In: Frohe Botschaft: Evangelisches Monatsblatt. 8./15. Januar 2006, archiviert vom Original am 10. September 2016; abgerufen am 16. Januar 2019.
↑ÖAB (Hrsg.): Jahreslosungen seit 1930. S.3 (oeab.de [PDF; abgerufen am 12. Januar 2024] Fußnote): „1971 wird die Jahreslosung erstmals der Einheitsübersetzung entnommen. Für die folgenden Jahre ist deshalb angegeben, ob die Jahreslosung aus Luther (L) oder Einheitsübersetzung (EÜ) stammt.“