Isaac TitsinghIsaac Titsingh (* 10. Januar 1745 in Amsterdam; † 2. Februar 1812 in Paris) war ein niederländischer Gelehrter, Kaufmann und Botschafter. LebenTitsingh stammte aus einer wohlhabenden Amsterdamer Familie, die mehrere namhafte Ärzte hervorgebracht hatte. Wohl deshalb studierte er in Leiden zunächst Medizin, erwarb dann aber einen Doktortitel in Rechtswissenschaften und trat 1765, also mit gerade zwanzig Jahren, als Unterkaufmann (onderkoopman) in den Dienst der der Holländischen Ostindien-Kompanie (Vereenigde Oostindische Compagnie oder VOC). In Batavia arbeitete er zunächst in der Verwaltung. Im Sommer 1779 segelt er das erste Mal nach Japan und übernahm die Leitung der Faktorei, die er mit Unterbrechungen insgesamt dreieinhalb Jahre innehatte. Zweimal reiste er nach Edo zu Audienzen mit dem Shōgun. Später war er Generalgouverneur der Kompanie in Chinsura, Bengalen. Hier gelang ihm eine gute Zusammenarbeit mit Charles Cornwallis, dem General-Gouverneur der konkurrierenden britischen East India Company. 1795 vertrat Titsingh die Interessen der Niederländer im Kaiserreich China. Er zeigte am Hof des Kaisers Qianlong (auch Chien-lung) weitaus mehr Geschick als der britische Gesandte Georges Macartney zwei Jahre zuvor. Japan, 1779–1784Dreimal war Titsingh als Leiter (Opperhoofd, Oberhaupt) der VOC-Niederlassung in Japan: von August 1779 bis November 1780, von August 1781 bis November 1783 und von August 1784 bis November 1784. Seit der Ausweisung der letzten Portugiesen im Jahre 1639 erlaubte man im Zuge der japanischen Abschließungspolitik nur noch die Anlandung der Niederländer, die allerdings mit der kleinen künstlichen Insel Dejima (in westlichen Texten auch „Deshima“ geschrieben) in der Bucht von Nagasaki vorliebnehmen mussten. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts fungierte Dejima als Bühne des euro-japanischen Handels und Kulturaustauschs. Wie seine Vorgänger musste Titsingh einmal jährlich mit seinem Stellvertreter, einem Sekretär, dem Arzt der Niederlassung und einem großen japanischen Gefolge zum Hofe des Shōgun nach Edo (heute Tokyo) ziehen, um in einer Reverenz-Erweisung den Dank der Kompanie für die Handelserlaubnis in Japan zu bekräftigen. Zwar blieb auf dieser „Hofreise nach Edo“ der Kontakt zur Bevölkerung ziemlich eingeschränkt, doch konnten die Europäer hierbei die Verhältnisse im Landesinneren beobachten und, soweit die Begleiter das duldeten, Materialien und Informationen sammeln. Und auch japanische Gelehrte, Ärzte und interessierte Beamte nutzten die Gelegenheit zur direkten Begegnung und zum Informationsaustausch. Nahezu alle europäischen Ärzte, die an der Hofreise teilnahmen, wurden überdies zu hochgestellten Patienten gerufen, die sich in vielfältiger Weise erkenntlich zeigten. Der hochgebildete Titsingh lernte während seiner Zeit in Japan einflussreiche Landesfürsten (Daimyō) wie Shimazu Shigehide oder Kutsuki Masatsuna und herausragende Vertreter der „Hollandkunde“ (Rangaku) wie Katsuragawa Hoshū oder Nakagawa Jun’an kennen und schätzen. Die von ihm trotz aller Verbote zusammengetragene und aus dem Lande geschmuggelte Sammlung dokumentiert Titsinghs Ambitionen ebenso wie sein Geschick im Umgang mit japanischen Partnern. Indien, 1785–17921785 wurde Titsingh zum Direktor des VOC-Handelspostens in Chinsura, Bengalen, ernannt. Chinsura liegt flussaufwärts von Kalkutta am Fluss Hugli, einem Nebenarm des Ganges. Titsingh scheint das intellektuelle Leben der europäischen Gemeinde stimuliert zu haben. Von William Jones, einem Philologen und Juristen in Kalkutta, wurde er als „der Mandarin von Chinsura“ beschrieben. Batavia, 1792–1793Titsinghs Rückkehr nach Batavia (jetzt Jakarta, Indonesien) führte zu neuen Aufgaben als Ontvanger-Generaal (Schatzmeister) und später als Commisaris ter Zee (Seebeauftragter). China, 1794–1795Für die Feiern des sechzigsten Jahrestages der Herrschaft des Kaisers Qianlong (1711–1799) wurde Titsingh zum holländischen Botschafter in China ernannt. Der niederländischen Delegation gehörten u. a. Andreas Everardus van Braam Houckgeest und Chrétien-Louis-Joseph de Guignes an. Dessen Berichte wurden sowohl in Europa als auch in den USA veröffentlicht. Europa, 1796–1812Nach Jahrzehnten in Ostasien kehrte Titsingh nach Europa zurück und ließ sich schließlich in Paris nieder. Seine Sammlung, das „Cabinet Titsingh“, erregte großes Aufsehen. Eigentlich plante er eine umfassende Beschreibung Japans, welche die bisherigen Standardwerke von Engelbert Kaempfer und Carl Peter Thunberg ablösen sollte. Es kam jedoch nicht zur Verwirklichung dieser Unternehmung. Titsingh starb am 2. Februar 1812 und wurde auf dem Friedhof Père-Lachaise bestattet. Der Grabstein wurde mit folgender Inschrift versehen: „Ici repose Isaac Titsingh. Ancien conseiller des Indes hollandaises. Ambassadeur à la Chine et au Japon. Mort à Paris le 2 Février 1812, âgé de 68 ans.“ (Hier liegt Isaac Titsingh, früher Ratsmitglied der Holländischen Ostindien-Kompanie, Botschafter in China und Japan, verstorben in Paris, am 2. Februar 1812, im Alter von 68 Jahren.) Beitrag zur Erforschung JapansNach dem Tod sollte Titsinghs „Cabinet“ nach England gehen, doch nach allerlei Wirren gelangten die Objekte 1818 in die Hände des Pariser Verlegers Auguste Nicolas Nepveu. Der benötigte fünf Jahre, um einige Abhandlungen Titsinghs unter dem Titel Cérémonies usitées au Japon, pour les mariages et les funérailles: suivies de détails sur la poudre Dosia, de la préface d'un livre de Confoutzée sur la piété filiale zu veröffentlichen. Dann sichtete der Orientalist Jean Pierre Abel-Rémusat (1788–1832) den Nachlass. Die von ihm edierten Mémoires et anecdotes sur la dynastie régnante des Djogouns, souverains du Japon (1820), ein Konvolut diverser Abhandlungen Titsinghs, wurden wohlwollend aufgenommen, bald ins Englische und dann gar ins Niederländische übersetzt. Abel-Rémusat, der nur chinesische Text lesen konnte, gewann Heinrich Julius Klaproth (1783–1835) zur Mitarbeit. Klaproth bezog ein Gehalt als Professor für asiatische Sprachen der Berliner Universität, lebte aber mit Erlaubnis des preußischen Königs in Paris. 1834 veröffentlichte er die Nipon O Daï Itsi Ran, ou Annales des Empereurs du Japan, traduites par Isaac Titsingh, avec l'aide de plusieurs interprètes attachés au comptoir hollandais de Nagasaki, eine Übersetzung der japanischen Chronik Nihon Ōdai Ichiran.[2] Nepveu ging 1828 bankrott, das „Cabinet Titsingh“ wurde in alle Winde verstreut. Kurz darauf brachte Philipp Franz von Siebold (1796–1866) nach langjährigem Aufenthalt in Japan seine Schätze nach Europa, die alles Bisherige in den Schatten stellte, so dass Titsinghs Kollektion bald in Vergessenheit geriet. Werke
Weiterführende Literatur
Commons: Isaac Titsingh – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
WeblinksEinzelnachweise
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