Internationaler Frauenkongreß 1915Der Internationale Frauenkongreß (niederländisch Internationaal Congres van Vrouwen) fand vom 27. April bis zum 1. Mai 1915 in Den Haag in den Niederlanden statt. Die 1136 Teilnehmerinnen aus 12 Nationen forderten ein Ende des Ersten Weltkriegs, die Verbesserung der Situation von Frauen, die Einrichtung eines internationalen Gerichtshofes und einer internationalen Organisation zur Schlichtung von Konflikten, und weitere Verbesserungen. Der Kongress hatte aber keinerlei Auswirkungen auf die internationale Politik. VorgeschichteSeit etwa 1890 hatte es mehrere internationale Frauenkongresse gegeben, die sich für eine Verbesserung der gesellschaftlichen Situation von Frauen und deren politische Rechte einsetzten. Nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914 traten einige führende deutsche Frauenrechtlerinnen wie Gertrud Bäumer und Helene Lange für eine patriotische Unterstützung der deutschen Kriegsführung ein, während andere wie Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann sich für eine möglichst schnelle Beendigung des Krieges einzusetzen versuchten. Im März 1915 fand eine Konferenz sozialistischer Frauen in Bern statt, die eine sofortige Beendigung des Krieges forderten. Für 1915 war auch eine Konferenz der Internationalen Vereinigung für Frauenstimmrecht in Berlin geplant, die aber kriegsbedingt nicht stattfinden konnte. Stattdessen lud die niederländische Sektion unter Leitung von Aletta Jacobs, Rosa Manus und Mia Boissevain zu einem Internationalen Frauenkongress nach Den Haag ein.
TeilnehmerinnenAn dem Kongress nahmen etwa 1200 Teilnehmerinnen teil, darunter aus den Niederlanden über 1000, aus den USA 47, dem Deutschen Reich 28, Schweden 16, Norwegen 12, Ungarn 10, Österreich 6, Dänemark 6, Belgien 5, Großbritannien mit Irland 3, Canada 2 und Italien 1.[2] Aus Großbritannien konnten nur drei von den geplanten 180 kommen, da ihnen lange Zeit die Ausreisegenehmigung von ihren Behörden verweigert worden war, und nachdem 25 von ihnen nach einer Unterhausdebatte doch Visa erhielten, konnten 24 nicht mehr einreisen, da kurz danach der Schiffsverkehr in die Niederlande eingestellt worden war. Die französischen Vertreterinnen weigerten sich vollständig, zu kommen, da sie die vereinbarte politische Neutralität des Kongresses nicht akzeptieren konnten. Die fünf belgischen Teilnehmerinnen kamen auf abenteuerlichen Wegen aus dem Kriegsgebiet über die Grenze mit langen Fußmärschen. AblaufDer Frauenkongress wurde am Abend des 27. April 1915 im Gebäude der historischen Haager Friedenskonferenzen feierlich eröffnet. In den folgenden Tagen trafen sich die Delegierten im Konferenzsaal des Tierparks, da dieser mehr Platz für alle Teilnehmerinnen bot. Am Abend gab es öffentliche Veranstaltungen, zu denen auch Männer zugelassen waren, und zu denen teilweise bis zu 2400 Zuhörerinnen kamen. Am 1. Mai gab es eine große Abschlussveranstaltung. ResolutionenEs wurde eine Erklärung von den Teilnehmerinnen verabschiedet.
Danach folgte ein Text mit zwanzig Forderungen, in dem es unter anderem heißt
Außerdem wurden die Einrichtung eines ständigen internationalen Gerichtshofes, eine weltweite Kontrolle des Waffenhandels, die Einrichtung einer neuen Weltwirtschaftsordnung und mehr gefordert. An die neutralen Staaten wurde appelliert, zwischen den kriegführenden Staaten einen sofortigen Friedensschluss ohne territoriale Ansprüche zu vermitteln. Es wurde auch der „Internationale Ausschuss für dauernden Frieden“ gegründet, der später in Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit (Women’s International League for Peace and Freedom) umbenannt wurde und bis heute besteht, diese hat auch einen Beraterstatus bei den Vereinten Nationen. NachwirkungenDer Internationale Frauenkongress von Den Haag hatte zunächst keinerlei Auswirkungen auf die politischen Ereignisse. Allerdings reisten zwei Delegationen zu den Vertretern von 13 europäischen Regierungen und trugen ihre Forderungen vor. Sie wurden in allen Ländern angehört, von den Regierungschefs oder den Außenministern. Es gab auch eine Audienz bei Papst Benedikt XV., der sich ebenfalls für den Frieden einsetzte und dabei mehrere Forderungen der Frauen aufnahm.[5] Der US-Präsident Woodrow Wilson nahm bei seinem 14-Punkte-Programm 1918 nach Beendigung des Ersten Weltkrieges einige Punkte der Resolutionen des Frauenkongresses auf, wie die Schaffung eines Internationalen Völkerbundes und eines Internationalen Gerichtshofes, die dann auch gegründet wurden. Die US-amerikanische Kongressvorsitzende Jane Addams und spätere Präsidentin der „Women’s International League for Peace and Freedom“, bekam 1931 den Friedensnobelpreis verliehen, ebenso 1946 Emily Greene Balch, die nach dem Ende des Kongresses wegen ihrer Teilnahme ihre Stelle als Hochschuldozentin verloren hatte . Die ungarische Teilnehmerin Rosika Schwimmer, die die Anregung zu den Reisen der Delegationen zu den Regierungen gegeben hatte, war 1948 unter den Kandidaten, verstarb aber vorher, woraufhin der Preis gar nicht vergeben wurde. RezeptionDie Reden und Beschlüsse des Frauenkongresses von Den Haag wurden danach in der Frauenbewegung verbreitet, besonders in Ländern, von denen nur wenige oder gar keine Delegierten teilnehmen konnten, wie in Österreich oder Frankreich (durch Jeanne Mélin).[6] In Großbritannien fand eine große Versammlung statt, wo die Resolutionen bestätigt werden sollten.[7] 2015 wurde mit verschiedenen Sendungen und Artikeln an den hundertsten Jahrestag des Frauenkongresses von 1915 gedacht. Die Regisseurin Jessica Glause erinnerte an den Frauenkongress mit ihrem Theaterstück Anti War Women. Wie Frauen den Krieg bedrohten, das am 31. März 2023 im Rahmen des von den Münchner Kammerspielen und der Monacensia initiierten Female Peace Palace - Festivals uraufgeführt wurde.[8] Am 8. März 2024 erschien dazu das Buch Female Peace Palace. Schreiben, Widerstand und Pazifismus im Krieg (hg. v. Anke Buettner, Oliva Ebert und Viola Hasselberg), in dessen erstem Teil der Kongress in Auszügen dokumentiert und historisch bewertet wird. Literatur
WeblinksCommons: Internationaler Frauenkongreß in Den Haag 1915 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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