HyperschallgeschwindigkeitHyperschallgeschwindigkeit oder kurz Hyperschall (griechisch ὑπέρ hyper, deutsch ‚über‘, engl.: hypersonic) bezeichnet in der Luft- und Raumfahrt nach allgemeiner Konvention Überschallgeschwindigkeiten oberhalb der fünffachen Schallgeschwindigkeit (über Mach 5, also höher als 6175 km/h bzw. 1715 m/s in Luft von 20 °C). Beispiele für Flugobjekte im Hyperschallbereich sind in die Atmosphäre der Erde stürzende Asteroiden, Raumfahrzeuge und Weltraummüll beim Wiedereintritt in die Atmosphäre, Trägerraketen und andere für solche Geschwindigkeiten konstruierte Flugkörper sowie spezielle Projektile – zum Beispiel die einer Railgun und Hyperschallwaffen. AnwendungsfelderGrundlegend ist der Wärmeschutz bei hohen Geschwindigkeiten im Zusammenhang mit dem Wiedereintritt von Flugkörpern in die Atmosphäre. Beispiele sind:[1]
Kategorien konkreter Planungen und Anwendungen:
Zum Vergleich der Geschwindigkeit:
Bereiche der GeschwindigkeitIn der folgenden Tabelle werden die Geschwindigkeitsbereiche mit Mach-Zahlen, Geschwindigkeiten und Beispielen dargestellt. Zwischen Unter- und Überschall befindet sich ein zusätzlicher Bereich: die transsonische Strömung. Hier gelten die Navier-Stokes-Gleichungen nicht mehr, da lokal bereits Überschall-Geschwindigkeiten erreicht werden. Im Überschallbereich reagiert der Luftstrom noch nicht chemisch und der Hitzeaustausch zwischen Luft und Flugkörper kann vernachlässigt werden. Weiterhin verwendet die NASA die Bereiche "hohe Überschallgeschwindigkeiten" und den Wiedereintritt.
ForschungHyperschall-Forschung untersucht Flüge mit Geschwindigkeiten, bei denen die aerodynamische Erwärmung zum eigentlichen Problem wird; die Grenze liegt bei Mach 5. Eine wichtige Rolle spielen Experimente und hierbei insbesondere entsprechende Windkanäle. Wichtig ist auch das Wissen aus der Strömungsmechanik. Es gibt zwei Forschungsschwerpunkte:
Weitere Themen:[3]
WindkanäleZur Erforschung werden Hyperschall-Windkanäle verwendet. Eine Vorstufe stellte der Überschall-Windkanal in Peenemünde dar.[4] Noch 1944 liefen Vorbereitungen für den Bau eines Hyperschall-Windkanals in Kochel, der nicht mehr begonnen wurde. Die Pläne wurden 1957 als ‘Tunnel A’ in Tullahoma, USA, umgesetzt.[5] Der aktuell leistungsfähigste deutsche Hyperschall-Windkanal ist der H2K der Abteilung „Über- und Hyperschalltechnologien“ am „Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik“ (AS-HYP) des DLR und steht in Köln.[6]
Militärische Projekte und FlugkörperÄltere ProjekteIn Deutschland in den späten 1930ern wurde von Eugen Sänger und Irene Sänger-Bredt der Silbervogel vorgestellt, das Konzept eines 28 Meter langen, suborbitalen Bombers, der eine Geschwindigkeit von 22.100 km/h erreichen sollte. Nach dem Krieg wurde versucht, hierfür – unter dem neuen Namen antipodal bomber (Antipoden-Bomber) – Interesse in Amerika zu wecken. 1942 wurde in Deutschland mit der Rakete V2 erstmals mit etwa 5.500 km/h die Hyperschallgeschwindigkeit erreicht. Viele grundlegende Fragen zur Hyperschallgeschwindigkeit wurden – ohne dass dieser Name schon verwendet wurde – bereits in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde bearbeitet. Auch der erste Hyperschall-Windkanal wurde konzipiert. In den 60er-Jahren erreichte in den USA das Versuchsflugzeug North American X-15 die Höchstgeschwindigkeit von 7.274 km/h (Mach 6,72). In den 1960er Jahren entwickelte die USA die Sprint-Rakete. Diese Rakete diente zum Abfangen von Sprengköpfen von Interkontinentalraketen und erreichte bei einer Flugzeit von rund 15 Sekunden eine Geschwindigkeit von rund Mach 10. In den 1970er Jahren entwickelte die Sowjetunion die 53T6-Rakete zur Raketenabwehr. Diese Abfangrakete erreichte innerhalb von 3–4 Sekunden eine Fluggeschwindigkeit von rund Mach 16. Die 1983 von den USA offiziell verkündete Rüstungsinitiative SDI gab den Anstoß zu neuen Entwicklungen:
Im Mai 2010 absolvierte die United States Air Force erstmals einen erfolgreichen Testflug mit einem Hyperschall-Flugkörper. Die Boeing X-51A flog dabei etwa 200 Sekunden lang und erreichte Mach 5.[7] Sie wurde zuvor von einem B-52-Bomber ausgeklinkt.[8] Bei ihrem vierten Testflug am 1. Mai 2013 erreichte sie, nach zwei erlittenen Fehlschlägen, eine Geschwindigkeit von Mach 5,1 und flog in etwas über sechs Minuten rund 426 Kilometer weit.[9] Aktuelle ProjekteZur Bekämpfung von Zielen auf der Erdoberfläche werden heute insbesondere zwei Konzepte verfolgt:
Hyperschallwaffen dieser Typen werden von verschiedenen Staaten entwickelt oder befinden sich bereits in Einsatzbereitschaft. Russland, China und die USA nehmen dabei führende Rollen in der Entwicklung ein, aber auch in anderen Staaten wie Indien, Frankreich, Japan, Deutschland und Nordkorea wird an solchen Waffen entwickelt. Die Fortschritte in der Hyperschall-Technik könnten weltweite Angriffe ermöglichen, die die meisten aktuellen Raketenabwehrsysteme überfordern, und ein Wettrüsten bei Hyperschall-Fluggeräten auslösen. Grundsätzlich können jedoch Abwehrsysteme, die auf das Abfangen von Mehrfachsprengköpfen ballistischer Raketen ausgerichtet sind, auch Hyperschallflugkörper erfolgreich bekämpfen. Das gilt beispielsweise für einige kampfwertgesteigerte Varianten des S-300 sowie für weite Teile der S-400-Familie.[11] Projekte schneller (ziviler) InterkontinentalflügeNachdem das Konzept der Concorde wegen Lärm, Kraftstoffverbrauch und mangelnder Sicherheit gescheitert ist, arbeiten Hersteller an Triebwerken, die mit weniger Treibstoff genügend Schub liefern, und an aerodynamischen Konzepten, die die als Überschallknall bekannten Stoßwellen minimieren.[12] Die Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) forscht unter der Bezeichnung Hypersonic Passenger Aircraft (dt.: Hyperschall-Passagierflugzeug) an einem Fluggerät, welches Mach 5 erreichen soll und damit von Paris nach Tokio in drei Stunden fliegen würde.[13] Die Europäische Weltraumorganisation ESA koordinierte das Projekt Long-Term Advanced Propulsion Concepts and Technologies (LAPCAT) mit dem Ziel eines europäischen Hyperschall-Passagierflugzeugs (Reaction Engines A2).[14] In den Jahren 2013–15 lief das Projekt HIKARI zum gleichen Thema.[15] Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt wurden im Rahmen der Studie Fast20XX (Future high-Altitude high-Speed Transport) bis 2012 ähnliche Fragen erforscht. Die Ergebnisse flossen in die Konzeption des SpaceLiners des DLR für 50 Passagiere.[16] Seit 2016 testet eine internationale Forschergruppe in Australien im Rahmen des HiFiRE-Programms die grundlegenden Technologien für Hyperschallflüge.[17] 2018 legte die Chinesische Akademie der Wissenschaften eine Studie zu einem Flugzeug (I) vor, das Mach 7 erreichen soll.[18] Die US-Firma Boeing stellte 2018 das Konzept eines Flugzeug für 150 Passagiere vor, das mit 6.200 km/h (Mach 5) in 27.000 m Höhe die Strecke von London nach New York in 2 Stunden bewältigen soll.[19] Literatur
Einzelnachweise
Dieser Artikel beruht auf der Teilung des Artikels Hyperschall aus der deutschsprachigen Wikipedia in der Version vom 30. Juni 2007, 10:40. Eine Liste der Hauptautoren (History) gemäß GNU FDL ist hier zu finden. |