Hugo Sonnenschein war jüdischer Abstammung, er lebte von 1908 bis 1934 in Wien. Von 1911 bis 1914 zog er als Vagabund durch Europa. Er war ein radikaler sozialistischer Utopist und vertrat TrotzkisTheorie der permanenten Revolution. Sonnenschein schuf expressive Gedichte mit volksliedhaften Zügen. In seinen Gedichten stilisiert er sich selbst zum „Bruder Sonka“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er 1947 in der Tschechoslowakei unter dem Vorwand der Kollaboration zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt. Er starb 1953 unter nie restlos geklärten Umständen im Gefängnis von Mírov, möglicherweise an Tuberkulose.[1]
In einer Anekdote von Friedrich Torberg wird Sonnenschein als ein sich selbst überschätzender, aufdringlicher Dichter wiedergegeben, der dann auch entsprechend vom LiteraturagentenErnst Polak kritisiert wurde:
„[…] Noch bedeutend schlimmer erging es dem Lyriker Hugo Sonnenschein, der unter dem Pseudonym Sonka viele Gedichte anfertigte und nur wenige anbrachte. Das suchte er dadurch zu kompensieren, dass er nicht nur ständig über sein Schaffen sprach, sondern bei jeder sich bietenden oder von ihm herbeigezwungenen Gelegenheit etwas Gereimtes aufsagte [...] als der Verlag Zsolnay, vielleicht um endlich Ruhe zu haben, ihm die Veröffentlichung eines Gedichtbandes versprach [...] sagte Sonka nichts mehr auf, sondern schlug Titel vor, jeden Tag einen andern, und forderte von jedem erreichbaren Herrenhof-Tisch eine Beurteilung des jeweils jüngsten Vorschlags. [...] ‚Ich glaube, jetzt habe ich den besten Titel gefunden‘, verkündete er eines Tages. ‚Sonka – ein Dichter, ein Narr, ein Niemand. Was halten Sie davon, Polak?‘ Ernst Polak wiegte bedächtig den Kopf: ‚Hm‘, machte er. ‚Ein Titel ist das nicht. Aber vielleicht eine Visitenkarte?‘“
– Friedrich Torberg, Die Erben der Tante Jolesch[2]
Werke (Auswahl)
Einzelausgaben
Der Bruder Sonka und die allgemeine Sache oder das Wort gegen die Ordnung. Zsolnay, Wien 1930.
Erde auf Erden. Kraus Reprint, Nendeln 1973 (Nachdr. d. Ausg. Wien 1920).
Die Legende vom weltverkommenen Sonka. Gedichte. Verlag Tal, Leipzig 1920.
Schritte des Todes. Traumgedichte aus Auschwitz. Verlag Monte Verita, Wien 1993, ISBN 3-900434-45-X.
Terrhan oder Der Traum von meiner Erde. Roman. Zsolnay, Wien 1988, ISBN 3-552-04012-9 (Bücher der böhmischen Dörfer).
Dieter Wilde: Der Aspekt des Politischen in der frühen Lyrik Hugo Sonnenscheins. Frankfurt am Main u. a.: Lang 2002. (= Literarhistorische Untersuchungen. 34.) ISBN 3-631-38551-X.
Die Epoche der Vagabunden. Texte und Bilder 1900–1945. Hrsgg. von Walter Fähnders und Henning Zimpel. Klartext, Essen 2009 (Schriften des Fritz-Hüser-Instituts 19), ISBN 978-3-89861-655-3; ISSN1436-1973.
Armin A. Wallas: Sonnenschein, Hugo. In: Andreas B. Kilcher (Hrsg.): Metzler Lexikon der deutsch-jüdischen Literatur. Jüdische Autorinnen und Autoren deutscher Sprache von der Aufklärung bis zur Gegenwart. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02457-2, S. 472f.
Sonnenschein, Hugo, in: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,2. München : Saur, 1983, S. 1095f.