Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).
Hexamethylentetramin (auch Methenamin oder Urotropin) ist ein farbloses kristallines Pulver. Die chemische Struktur von Hexamethylentetramin lässt sich vom KohlenwasserstoffAdamantan ableiten: Beim Hexamethylentetramin sitzen an den vier Verknüpfungsstellen der drei Sechserringe Stickstoffatome. Zwischen den Stickstoffatomen (als Eckpunkte eines Tetraeders) liegt jeweils eine CH2-Gruppe.
Hexamethylentetramin wurde erstmals 1859 von Alexander Michailowitsch Butlerow beschrieben.[7] 1894 wurde es unter dem Warenzeichen Urotropin zur Desinfektion der Harnwege in die Therapie eingeführt.[8]
Der Flammpunkt liegt bei 250 °C, die Zündtemperatur bei 390 °C und die Zersetzungstemperatur bei > 263 °C.[4] Die Energiedichte, Brennwert beträgt 31,3 MJ/kg, der pH-Wert liegt bei 8,4 bei 28 g/l und der pKs-Wert bei 8,95 (20 °C).[4]
Verwendung
Hexamethylentetramin dient zur Herstellung von Amino- und Phenoplasten und als Lebensmittelkonservierungsstoff (E 239, selten verwendet, nur zugelassen in Provolone-Käse). In gepresster Form wird es auch als Trockenbrennstoff gebraucht und ist der Hauptbestandteil der Brennstoffe Esbit und von Meta Tabletten der Firma Lonza – in Form quaderförmiger Tabletten mit grauen Markierungsflecken.
In der Histochemie wird Hexamethylentetramin bei Silberfärbungen eingesetzt.
Hexamethylentetramin ist ein Ausgangsstoff zur Herstellung der Sprengstoffe Hexogen, Oktogen, Dinitrohexamin und HMTD. Als solcher unterliegt es der Verordnung (EU) Nr. 2019/1148 über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe (Anhang II).[11]
In der Gießereitechnik wird es zusammen mit Phenolharz als Harz-Härter-System für das Maskenformverfahren zur Herstellung von Formschalen und Hohlkernen verwendet.
Eine weitere Verwendung ist die Neutralisation saurer Nebenprodukte bei der Synthese des chemischen Kampfstoffes Sarin, weswegen der Nachweis von Hexamin (= Hexamethylentetramin) in Kampfgebieten als ein Indiz für einen Sarineinsatz gelten kann.[12][13]
Medizinisch findet Hexamethylentetramin (Freiname: Methenamin) Verwendung gegen übermäßige Transpiration, z. B. an den Händen, Füßen oder Achseln (Handelsname: Antihydral, fettfreie Paste[14]).[15][16] In seiner Verwendung als Desinfizienz bei Harnwegsinfekten wurde Methenamin (Urotropin) durch Antibiotika verdrängt.[8] Die Wirkung beruht auf der Abspaltung von Formaldehyd in saurem Milieu, weswegen es mit harnansäuernden Substanzen (Camphersäure, Anhydromethylencitronensäure u. a.) kombiniert wurde.[17]
Einzelnachweise
↑Eintrag zu E 239: Hexamethylene tetramine in der Europäischen Datenbank für Lebensmittelzusatzstoffe, abgerufen am 29. Dezember 2020.
↑ abH. Auterhoff: Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie. WVG 1978, S. 179.
↑VDI 3862 Blatt 2:2000-12 Messen gasförmiger Emissionen; Messen aliphatischer und aromatischer Aldehyde und Ketone nach dem DNPH-Verfahren; Gaswaschflaschen-Methode (Gaseous emission measurement; Measurement of aliphatic and aromatic aldeydes and ketones by DNPH method; Impinger method). Beuth Verlag, Berlin, S. 4.
↑Hans-Günter Haub, Sigrid Mühlhauser, Franz-Josef Müller, Arno Gardziella: Messung von Emissionen bei der Aushärtung von Phenolharzen. In: Staub – Reinhalt. Luft, 1988, 48, Nr. 4, S. 145–149.
↑Laut dem Nachrichtenmagazin Spiegel heißt es in einem Bericht des französischen Außenministeriums: „Außerdem weist die Präsenz des Hexamins darauf hin, dass dieser Herstellungsprozess vom Wissenschafts- und Forschungszentrum des syrischen Regimes entwickelt wurde.“ Syrienkrieg: Frankreich macht Assad für Sarin-Angriff verantwortlich. In: Spiegel Online. 26. April 2017, abgerufen am 1. November 2017.
↑H. Auterhoff: Wörterbuch der Pharmazie. Band 1: Pharmazeutische Biologie, Pharmazeutische Chemie, Pharmazeutische Technologie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1981, ISBN 3-8047-0656-8, S. 262.
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