Die Hepeviridae sind unbehüllte Viren mit einer einzelsträngigen, linearen RNA mit positiver Polarität. Die Familie umfasst mit Stand November 2018 zwei vom International Committee on Taxonomy of Viruses anerkannte Gattungen, Piscihepevirus (neu) und Orthohepevirus (bislang einfach Hepevirus, ursprünglich als Hepatitis-E-like viruses der Familie Caliciviridae zugeordnet – die Familie Hepeviridae wurde erst 2006 taxonomisch eingeführt). Als Prototyp der Familie gilt das humanpathogene Orthohepevirus A (Hepatitis-E-Virus, HEV).[3]
Die Viren der Familie Hepeviridae sind ikosaedrisch oder sphärisch, nicht umhüllt. Die Viruspartikel der Hepeviridae erscheinen im TEM etwa 27 bis 34 nm im Durchmesser groß. Die Partikel sind unbehüllte Kapside mit wahrscheinlich ikosaedrischer Symmetrie. Hauptbestandteil des Kapsids ist das Haupt-Coreprotein CP (72 kDa), das wahrscheinlich vor dem Zusammenbau der Kapside durch Proteasen erst gespalten wird. Antikörper gegen ein weiteres Strukturprotein von 1,5 kDa Größe wurden in infizierten Wirten gefunden. Die Funktion dieses Proteins ist unbekannt. Die Morphologie der Partikel begründete die Nähe zu den Caliciviridae.
Das RNA-Genom der Hepeviridae ist linear und nicht segmentiert mit einer Länge von etwa 7200 Nukleotiden. Es ist in drei offenen Leserahmen (ORFs) angeordnet, wobei der erste die Nicht-Strukturproteine mit der viralen Polymerase, Helikase, Protease und replikativen Proteinen codiert. ORF 2 codiert das Haupt-Coreprotein CP. Den ORF 2 zum Teil überlappend liegt der ORF 3, der für ein Phosphoprotein unbekannter Funktion codiert.[4] Das ORF1-Protein scheint mit Mitgliedern der Alphatetraviridae verwandt zu sein, während das Kapsidprotein mit dem des Astrovirus (Familie Astroviridae) verwandt ist. Dies legt nahe, dass zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit ein Rekombinationsereignis zwischen mindestens zwei verschiedenen Viren den Vorfahren dieser Familie erzeugt hat, das Ursache der Verbindung der strukturellen und nichtstrukturellen Proteine ist.
Biologische Eigenschaften
Das humanpathogene Orthohepevirus A (HEV) ist der Erreger einer Form der fäkal-oral übertragenen Hepatitis, die sporadisch oder bei größeren Ausbrüchen vor allem bei Überschwemmungen in Südostasien vorkommt. Antikörper gegen das HEV ließen sich in vielen Tieren finden, so dass die Vermutung einer von Tieren auf den Menschen übertragenen Infektion (Zoonose) geäußert wurde.[5] Es finden sich jedoch z. B. in Schweinen und Vögeln eigene Isolate des Virus, die von den menschlichen Subtypen deutlich unterschieden werden können. Experimentell konnte der Subtyp HEV-3 vom Schwein auf Primaten übertragen werden.
Koonin et al haben 2015 die Hepeviridaetaxonomisch (aufgrund ihrer Verwandtschaft) der von ihnen postulierten Supergruppe ‚Alphavirus-like superfamily‘ zugeordnet.[11] Schwestergruppe ist danach die Familie Togaviridae.[12]
Die Mitglieder dieser vorgeschlagenen Supergruppe gehören verschiedenen Gruppen der Baltimore-Klassifikation an, in der Regel handelt es sich um einzelsträngige RNA-Viren positiver Polarität ((+)ssRNA, Baltimore-Gruppe 4), es sind aber auch doppelsträngige Vertreter (mit dsRNA gekennzeichnet, Baltimore-Gruppe 3) zu finden.
Dieser Vorschlag ist inzwischen abgelöst durch die Master species List #35 des ICTV vom März 2020.[1] Eine Gegenüberstellung der Kladogramme findet sich bei Tymovirales §ICTV Master Species List #35.
↑G. C.Schlauder, I. K. Mushahwar: Genetic heterogeneity of Hepatitis E virus. In: Journal of Medical Virology 2001, 65, PMID 11536234, S. 282–292
↑Andrew G Kelly, Natalie E Netzler, Peter A White: Ancient recombination events and the origins of hepatitis E virus. In: BMC Evolutionary Biology. 16. Jahrgang, Nr.1, 2016, S.210, doi:10.1186/s12862-016-0785-y, PMID 27733122, PMC 5062859 (freier Volltext).
↑X.-J. Meng: Novel strains of Hepatitis E virus identified from humans and other animal species: is hepatitis E a zoonosis? In: Journal of Hepatology 2000, 33, PMID 11097496, S. 842–845
↑D. B. Smith et al. (ICRV Hepeviridae Study Group): Proposal 2021.001S Create two subfamilies (Orthohepevirinae, Parahepevirinae), four genera and five species, and rename five species (Hepelivirales: Hepeviridae). Oktober 2020.
↑Baoyuan Liu et al.: Avian hepatitis E virus infection of duck, goose, and rabbit in northwest China, in: Nature > Emerging Microbes & Infections, Band 7, 76, 2. Mai 2018, doi:10.1038/s41426-018-0075-4
↑ abNan Wu, Peipei Zhang, Wenwen Liu, Xifeng Wang: Sogatella furcifera hepe-like virus: First member of a novel hepeviridae clade identified in an insect. In: Virus Research. 250. Jahrgang, 2018, S.81–86, doi:10.1016/j.virusres.2018.03.018, PMID 29605729.
↑Da diese Gruppe (von den Autoren als englischsuperfamily bezeichnet) mit den Tymovirales eine Ordnung enthält, muss ihr Rang höher sein als dieser und ist nicht etwa als Überfamilie zu verstehen. Ränge höher als Ordnung waren zum Zeitpunkt der Arbeit vom ICTV aber noch gar nicht vorgegeben.
↑Eugene V. Koonin, Valerian V. Dolja, Mart Krupovic: Origins and evolution of viruses of eukaryotes: The ultimate modularity. In: Virology, Mai 2015, S. 479–480. 2–25, Epub 12. März 2015, PMC 5898234 (freier Volltext), PMID 25771806