Helmut Spanner (* 5. Februar1951 in Augsburg) ist ein deutscher Autor von Kinder- und Bilderbüchern sowie Komponist. Er ist vor allem bekannt durch seine Bilderbuchklassiker Ich bin die kleine Katze und Erste Bilder Erste Wörter. Die Gesamtauflage seiner Bücher liegt bei mehr als 12 Millionen Exemplaren.
Nach dem Abitur am Musischen Gymnasium Marktoberdorf im Allgäu studierte er Lehramt für das Gymnasium an der Akademie der bildenden Künste in München.[1] Hier war er Mitbegründer der Gruppe Bilderbuch, die bereits veröffentlichte Bilderbücher inhaltlich und künstlerisch analysierte. Gleichzeitig wurden neue Konzepte für Bilderbücher entwickelt. Noch während seines Kunststudiums veröffentlichte Helmut Spanner 1977 bei Ravensburger sein erstes Pappbilderbuch Meine ersten Sachen, das immer noch im Handel ist (Stand: 2016).[1] Seine Examensarbeit trug den Titel Rund ums Pappbilderbuch.[2] Sie ist 2018 bei BurckhardtHaus erschienen.
Er ist seit nunmehr 40 Jahren als freischaffender Bilderbuchautor für den Ravensburger Buchverlag tätig. Über 12 Millionen seiner Bücher wurden bisher verkauft (Stand: 2020).[1]
Der Autor versteht sich als Dienstleister für Kinder.[4]
Motive
Seine Motivwahl, so der Autor, beruhe darauf, dass es bei seiner Zielgruppe, also Kindern bis zum Alter von drei Jahren, „nur um ursprüngliche, einfache, existenzielle Dinge“ gehe.[1] Diese sollen einen engen Bezug zur Lebenswirklichkeit des Kindes haben, Auswahlkriterien von Erwachsenen sollen keine Rolle spielen. Beispielsweise wehrte sich Helmut Spanner vergeblich gegen die Verlagsentscheidung, in ein bestimmtes Buch nicht das Bild einer Haarbürste aufzunehmen, sondern das eines Kammes. Er führte dafür sowohl eine pädagogische als auch eine ästhetische Begründung an: „Kleinkinder werden nicht mit einem Kamm gekämmt, sondern eben mit einer Bürste. Außerdem ist die Bürste vom Zeichnerischen her einfach schöner und interessanter.“[1]
Zeit stellt Helmut Spanner als Ablauf in einzelnen aufeinander folgenden Bildern dar: „der Igel an der Zaunlücke, der Igel hinter dem Gartenzaun, ein Apfel im Gras, der Garten im Überblick.“[5] Zum Erzählen regen seine Bilder an, weil in ihnen witzige Geschichten stecken: „Die Maus sitzt im Eierbecher, der Bär hält den Telefonhörer falsch herum, die Feuerwehr füttert eine Giraffe, die am Hals einen Verband trägt.“[5]
Stil und Arbeitsweise
Es ist dem Autor wichtig, die Kinder genau da abzuholen, wo sie stehen.[1] Aus wahrnehmungspsychologischen Gründen stellt er seine Darstellungsweise darauf ab, „das Wesentliche an den Gegenständen zu betonen“, das „geistig Wichtige“, und alles wegzulassen, „was nicht nötig ist und keine Funktion hat“.[1] Bei einer Tasse, so Helmut Spanner, seien Wandung, die Darstellung als Hohlkörper und der Henkel essentiell, ein Muster aber nicht; letzteres könne sogar beim Kind zur Fehleinschätzung führen, es sei wesentlich für alle Tassen und müsse als Element der zweidimensionalen Darstellung mitgelernt werden.[1]
Seine Entscheidung für einen realistischen Stil begründet er damit, dass seine Bücher „oft der erste Kontakt mit einer zweidimensionalen Darstellung der Welt“ seien, der „Reduzierung eines Gegenstands auf Linie und Fläche“.[6] Helmut Spanners Zielgruppe kommt von der Greiferfahrung her, erst am Ende des zweiten Lebensjahres wird die visuelle Wahrnehmung führend. Der Autor geht von der Greiferfahrung als Vorstufe der rein abstrakten visuellen Wahrnehmung aus.[6] Der reale, taktil erfahrbare Gegenstand sei Natur, das abgebildete, nur noch visuell wahrnehmbare Zeichen sei Kultur. Für das Kind seien das zunächst verschiedene Welten, es müsse das Bildzeichen neu lernen. Um dies den Kindern zu erleichtern, versucht Helmut Spanner, möglichst nah am Sehbild zu bleiben und sich nicht am Gedankenbild zu orientieren.[1] Der freie künstlerische Stil sei in dieser Lebensphase hinderlich, weil das Kind das Dargestellte oft gar nicht erkennen könne. Empirisch hat Helmut Spanner dies schon in seiner Examensnachweis für den Zeichenstil von Dick Bruna nachgewiesen.
Helmut Spanner verwendet zur Erstellung seiner Zeichnungen keine Grafiksoftware, denn er möchte „ein Original haben“.[1]
Musikalben
2020: Karussell - Piano Songs
2021: Bilderbuch - Piano Songs
Pappbilderbücher (Auswahl)
1977: Meine ersten Sachen
1979: Mein Spielzeug
1980: Die Kiste
1981: Ich bin die kleine Katze
1982: Da ist die Maus
1982: Die Maus fährt mit
1983: Mein kleiner Bär
1983: Was macht der Bar?
1986: Der Bär im Wasser
1986: Die Bademaus
1986: Der Bär im Schnee
1986: Die Küchenmaus
1989: Ich bin die kleine Ente
1990: Miau, Miau!
1990: Anziehen macht Spaß
1991: Mein kleiner Zoo
1991: Für mein Baby
1993: Erste Bilder Erste Wörter
1999: Mein Bärenbuch (Erste Wörter Erste Sätze)
2002: Ich kann zaubern
2002: Rot, grün, gelb oder blau?
2003: Plitsch, platsch!
2004: Kuckuck, welches Tier versteckt sich hier?
2008: Fühl mal Streifi!
2013: Zieh mich raus, hier kommt die ....!
2015: Tierkinder, wo seid ihr?
2016: Mausi und Nasi -Wer hat sich hier versteckt?
Mehrere von Helmut Spanners Pappbilderbüchern fanden in der deutschen und der internationalen Fachwelt Beachtung.
Seine Bilderbuchklassiker Meine ersten Sachen, Ich bin die kleine Katze und Erste Bilder Erste Wörter sind seit Jahrzehnten international auf dem Markt und in Kinderhänden. 12 Millionen seiner Bücher wurden bisher verkauft (Stand: 2020).[1]
In der Fachzeitschrift für Kinder- und Jugendmedien Eselsohr schrieb Christine Paxmann Helmut Spanner die Gabe zu, „in seinen Bilderbüchern nicht nur lexikalische Lebenswelten zu entwerfen, die einem Baby und Kleinkind das Rüstzeug zur Welterfahrung geben.“[7] Der Autor habe „dank seines zeitlosen Stils eine pädagogische Grundschrift erfunden.“[7] Seine Bücher seien „Basis jeder frühen guten Leseerfahrung“.[7] In derselben Zeitschrift sah Gisela Stottele bei Helmut Spanner „einen wesentlichen Anteil am Aufbau und Erfolg“ der Wissensbücher für kleine Kinder.[8] Sie nannte seine Erstlingsbücher als Beispiele für geeignete erste Bilderbücher und meint damit sowohl den Inhalt als auch die Darstellung: Es handle sich um handliche Pappbücher mit zehn bis zwölf Seiten aus festem Material, „die auf jeder Seite einen Gegenstand oder eine kleine Aktion zeigen, deutlich und mit reinen Farben gemalt auf hellem Untergrund.“[8]
Arleen Steen von der Miami University hob Bücher mit Bären als für Sprechanlässe besonders geeignet heraus, da diese Figur mit Sicherheit und Vertrauen konnotiert sei. Sie empfahl die englischsprachige Ausgabe von Helmut Spanners Was macht der Bär? (What's Teddy Bear Doing?). Das Ausklappbuch zeige auf seinen zwölf Bärenbildern typische Handlungen von Kindern, etwa essen, malen, telefonieren. Diese Darstellungen regten die Kinder zum Erzählen an: „Readers tell what teddy bear is doing.'“ (Übersetzung: Leser sagen, was der Bär macht.)[9] Eileen Tway griff diesen Hinweis in ihrem Artikel The Resource Center in der Zeitschrift Language Arts auf, der die Förderung des mündlichen Ausdrucks zum Gegenstand hat.[10]
In einem Aufsatz über das Buch bei den ganz Kleinen beschäftigte sich die Psychologin L. Ferraud mit den Entdeckungsschritten auf dem Weg zum Buch bei Kindern unter drei Jahren.[11] Am Beispiel des Pappbilderbuchs Mon petit ours sait tout faire von Helmut Spanner[12] zeigt sie, dass in diesem für das zweite Lebensjahr geeigneten Buch die Gegenstände nicht mehr isoliert dargeboten werden, sondern in einer Beziehung zur Umgebung stehen.[13] So könne das Kind Dinge, Tiere und Figuren in einer Situation erkennen.[13] Gezeigt werde in altersangemessener Weise eine Folge von Bildern, die für sich stehen und noch keine fortlaufende Handlung ergeben, da sie nicht logisch verknüpft sind.[13]
Für das Buch Ich bin die kleine Katze erhielt er 1982 den Preis Premio critici in erba, der von Kindern vergeben wird.[16] Für dasselbe Buch erhielt er 2000 den Leander. 2022 wurde Spanner für sein Lebenswerk Der Goldene Pinsel zuerkannt, ein von der Illustratorin und Autorin Nina Dulleck gestifteter Preis für Kinderbuchillustration.[17]
↑Helmut Spanner: Rund ums Pappbilderbuch. München, 1977.
↑Die Filmmusik. Helmut Spanner, abgerufen am 10. Dezember 2011: „... Filmmusiken, die zusammen mit dem Regisseur und Schulfreund Dominik Graf entstanden“
↑ abGisela Stottele: Rund um die Pappe. In: Eselsohr, 27. Jahrgang, Heft 2, Leseabenteuer GmbH München, 2008, ISSN0178-0905, S. 14–15.
↑Eileen Tway: The Resource Center (Book Review). In: Language Arts. National Council of Teachers of English, 1. Februar 1984, Band 61, Heft 2, ISSN0360-9170, S. 198.
↑Eileen Tway: The Resource Center (Book Review). In: Language Arts. National Council of Teachers of English, 1. Februar 1984, Band 61, Heft 2, ISSN0360-9170, S. 195–199.
↑L. Ferraud: Le livre chez les tout-petits In: Journal de pediatrie et de puericulture, Elsevier SAS, 1988, Band 1, Heft 3, ISSN0987-7983, S. 167–174 (französisch).
↑Helmut Spanner: Mon petit ours sait tout faire. Editions Albin Michel, 1983, ISBN 2226017097
↑ abcL. Ferraud: Le livre chez les tout-petits In: Journal de pediatrie et de puericulture, Elsevier SAS, 1988, Band 1, Heft 3, ISSN0987-7983, S. 169 (französisch).
↑Eva-Maria Frieder: «Im Reich der Phantasie». In: all-in.de. 30. Dezember 2008, abgerufen am 12. September 2017.
↑Spanner, Helmut. In: Autoren. Ravensburger AG, abgerufen am 10. Dezember 2011: „Für "Ich bin die kleine Katze" bekam er den "Premio critici in erba" in Bologna.“