Haus Stockum (Werne)Haus Stockum ist die gemeinsame Bezeichnung für zwei ehemalige Burganlagen, die in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander lagen, jedoch auf unterschiedlichen Seiten der Lippe. Auf der Nordseite lag ein Oberhof, der später zu einer jüngeren Burg ausgebaut wurde, die man in der Regel Burg Stockum nennt. Er befand sich im heute zu Werne gehörenden Stadtteil Stockum. Auf der Südseite befand sich die ältere Burganlage, die heute Burg Hugenpoth genannt wird; ihr Burgplatz liegt heute auf dem Gebiet der ehemaligen Gemeinde Sandbochum, Teil des Stadtbezirks Hamm-Herringen der Stadt Hamm. Von beiden Burganlagen sind heute nur noch Reste im Boden erhalten. Da man sich von Grabungen Erkenntnisse über die Burganlagen und ihrer Bewohner erhofft, wurden die Standorte der beiden Burgen zum Bodendenkmal erklärt. Die Burganlagen sind durch mehrere Hände gegangen. Ihre wohl bedeutendsten Besitzer sind die Mitglieder der Familie de Hüvele (von Hövel). AbgrenzungHaus Stockum in Werne sollte nicht mit gleichnamigen Besitzungen in Schöppingen, Münster-Vennheide oder Willich bei Viersen verwechselt werden. GeschichteDie beiden Burganlagen stehen in Zusammenhang mit dem aus königlichem Besitz stammenden Herforder Besitzkomplex. Dabei muss unterschieden werden zwischen dem seit 858 bekannten Oberhof und einer jüngeren Burg (Burg Stockum), beide auf der Nordseite der Lippe gelegen, und der auf der Südseite der Lippe gelegenen älteren Burg (Burg Hugenpoth), die einst Sitz des Klostervogtes war. Diese Burg wird anlässlich der Errichtung einer Burgkapelle im Jahre 1307 (alternative Angabe: 1357) erstmals genannt. Die Kapelle diente bis Ende des 14. Jahrhunderts den Bewohnern der Pfarrei Stockum als Pfarrkirche, gehörte selbst aber zur Pfarrei Herringen. Etwa um das Jahr 1710 fertigte der Kartograph Johann Bucker eine Zeichnung des Uferbereiches der Lippe im Einzugsbereich der beiden historischen Gebäude an. Amtshof StockumÜber den Ursprung der Adelssitze in Stockum berichtet Schwieters Folgendes: Karl der Große benutzte die eroberten Domainen (Güter) der Sachsen, um seine Diener zu belohnen und die Klöster zu beschenken. So auch sein Enkel Ludwig II. der Deutsche: Er schenkte im Jahre 858 der Äbtissin des Nonnenklosters Herford ein großes Besitztum zu Stockheim (Stockum) als Tafelgut. Dies geschah, um den Unterhalt des Klosters zu sichern. Stockum, früher Stockheim oder Stockhem geschrieben, lag an der Lippe im Kirchspiel Werne und umfasste den Haupthof gleichen Namens. Zu dem Besitz gehörten Unterhöfe im Drein- und Brukterergau, also zu beiden Seiten der Lippe, insgesamt dreißig Bauernhöfe und sechzig leibeigene Familien, darunter Schürkmann und Kros im Kirchspiel Herbern. Auf dem Besitztum, namentlich dem Haupt- oder Amt-Hofe, lagen ein Amtshaus und ein Oberhof, der später zur Burg ausgebaut wurde. Es hatte höhere und niedere Gerichtsbarkeit, Blutbann, Bierzwang, Akzise. Der Hof hatte eigene Rechte und Gewohnheiten, die in einem 1370 geschriebenen Hofrecht aufgezeichnet wurden. Wie alle Amtshöfe wurde auch Stockum von einem von der Äbtissin eingesetzten Schulzen (Schultheißen) verwaltet. Er gehörte meist dem Ritterstande an, wenn nicht, konnte er doch oft diese Würde später erreichen. Der Schultheiß zog die Abgaben von den Unterhöfen ein, und auch die niedere Gerichtsbarkeit war ihm anvertraut. Der Schultheiß sorgte für den Weintransport von den rheinischen Besitzungen des Klosters zum Stift Herford. Die Äbtissin beanspruchte auf ihren Visitationsreisen drei Tage Lang Kost und Logis für sich und ihr umfangreiches Gefolge; bis zu 64 Pferde mussten in dieser Zeit versorgt werden. Der Bezirk eines Amtshofes wurde Beifange genannt. Die Beifänge nahmen eine öffentlich-rechtliche Sonderstellung ein. Zwar wurde die Landeshoheit formell anerkannt, jedoch waren die von ihnen in Anspruch genommenen Gerechtsamen manchmal so weitreichend, dass die Herren der Beifänge faktisch die Inhaber der landesherrlichen Gewalt waren. So hatten die Herren zu Stockum die höhere und niedere Gerichtsbarkeit (über die Bauerschaften Stockum, Horst und Wessel), den Blutbann, den Bierzwang und die Akzise in ihrem Bezirk, zu dem die Bauerschaften Stockum, Horst und Wessel gehörten. Sie richteten über Verbrechen und Streitigkeiten; der Blutbann gab ihnen das Recht über Leben und Tod (wegen Hexerei wurden hier verschiedentlich Leute zum Tode verurteilt und durch das Feuer hingerichtet). Der Bierzwang bestimmte, dass die Höfe ihr Bier nur vom Amtshofe beziehen konnten. In den Beifang eingeführte Waren, wie Wein und Lebensmittel, wurden mit einer Abgabe belegt, die Akzise genannt wurde. Akzisen hießen auch die Gebühren, die die Bäcker und Krämer für die Ausübung ihres Gewerbes bezahlen mussten. Weiterhin hatte der Amtshof das Recht, die Maße und Gewichte zu kontrollieren. Von jeher hatte der Schultheiß auch das Jagd- und Fischereirecht sowie das Amt des Markenrichters im Beifang. Eine wichtige Gerechtsame bildete auch das Schutzrecht über die Bewohner dieses Gebietes. Der adelige Schultheiß bekam schon bald die Erlaubnis, seinen Amtssitz oder einen geeigneten Platz durch Errichtung einer Burg zu befestigen. In Fehdezeiten hing die Sicherheit der Bauern von einem solchen festen Platze ab. Sie retteten sich mit ihrem Vieh und ihrer besten Habe dorthin, deshalb war ihnen an der Erhaltung der Wehrhaftigkeit der Burg viel gelegen. Aus diesen Verhältnissen entstand die Verpflichtung zum Wachdienst, zur Ausbesserung der Gräben und zum Eisen, d. h. Zerschlagen der Eisdecke auf den Gräften zur Abwehr des Feindes. Ab 1212 waren Angehörige des Adelsgeschlechtes Stockum Inhaber des Herforder Amtes Stockum. Seit 1290 trugen es die von Hövel von der Abtei zu Lehen; urkundlich verbrieft ist ein Hofesschultheiße aus diesem Geschlecht im Jahre 1333. Später verwandelten sie ihre abhängige Beamtenstellung in eine ritterlich-selbstständige. Als freie Lehnsmannen mussten sie eine standesgemäße Burg haben. Neben dem bäuerlichen Amtshof war dies die Burg Stockum auf der Lippeinsel. Am 26. März 1381 erhielt Lambert von Hovele von Hillegund von Otgenbach, Äbtissin der weltlichen Kirche und des Stifts zu Herford, mit Einwilligung ihres Kapitels die Erlaubnis, auf dem Amtshof einen Kirchhof nebst St. Johannes-Kapelle anzulegen. Beide sollte dem Kloster Kappenberg im Tausch gegen eine gleich große Menge Land übergeben werden. Um 1650 versuchten die Herren zu Stockum, ihren Beifang auch auf Gottsort in der Bauerschaft Nordick auszudehnen. 1654 ließen sie die Mühle des Hauses Hardenberg zerstören und begründeten dieses faustrechtliche Vorgehen mit dem Hinweis, dass Gottesort zu ihrem Beifang gehöre. Wie sehr die Herren zu Stockum auf die Wahrung ihrer Rechte bedacht waren, geht daraus hervor, dass der Weg nach Werne, soweit er durch ihren Gerichtsbezirk führte, von dichtbewachsenen Doppelwällen eingeschlossen war, und ebenso die anliegenden Ackerkämpe. Durch diese Landwehr wollten sie den Fuhrwerken eine Umgehung der Burg Stockum, wo Zoll und Wegegeld zu errichten waren, unmöglich machen. Der abteiliche Amtshof wurde wohl in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts aufgegeben und abgerissen. Stockumer Hofesrecht von 1370Mit Urkunde vom 24. Juni 1370 erklärte Äbtissin Lysa (von dem Berge) zu Herford folgende Rechte der Leute ihres Amtes zu Stochem:
Stockumer Hofesrecht von 1417Am 28. September 1417 verkündete Meckel von Woltege, Äbtissin des weltlichen Stifts zu Hervorde, die Rechte des Hofes und der Hofesleute ihres Amtes zu Stochem, wie folgt:
Stockumer Hofesrecht von 1490 (1492)Am 3. Februar 1490 (alternativ: 1492) bekundete Anna von Honnltstein, Äbtissin des freiedelen weltlichen Stifts zu Herford, dass die Leute ihres Amtes zu Stochem das Recht nach Aussage ihrer Vorgängerinnen und deren Register haben. Die Äbtissin wiederholt mit anderen Worten die Rechte und Pflichten des Hofes und der Hofesleute, wie sie vorher auf demselben Pergament in Abschrift der Urkunde von 1417 Sept. 28 und in den fast gleichlautenden drei Kopien des Amtsbriefes vom selben Datum zu lesen waren. Stockumer Hofesrecht von 1497Am 1. Mai 1497 verkündete Bonezeth von Limborch, Äbtissin des freiedelen, weltlichen Stifts Herford, die Rechte und Pflichten der Leute ihres Amtes zu Stockem und ihres dortigen Schultheißen vermöge Siegel, Briefe und Register ihrer Vorgängerinnen und ihres Stiftes.[1] Stockumer Hofesrecht von 1580Mit Urkunde vom 12. Dezember 1580 gab Felicitas Gräfin zu Eberstein, Äbtissin des freiedlen weltlichen Stifts Herford und Gerrisheim, die Rechte und Pflichten des Schultheißen und der Leute ihres Amtes zu Stockum laut Aussage ihrer „Vorfrauen“ und Register bekannt. Ein Vermerk lautet u. a.: „Item der Brieff in Ao. 87 ist eben als voriger und gleiches Inhalts ist der Ambtsbrieff in Ao. 1606 ausgegeben so woll dem belehneten Schulteten … als Hovesleuthen.“ Stockumer Hofesrecht von 1606Felicitas Gräfin zu Eberstein, Äbtissin der kaiserlichen freiweltlichen Stifter Herford und Essen, Pröpstin zu Vreden, verkündete am 24. April 1606 die Rechte und Pflichten des Schultheißen und der Leute des ihrem Stift Herford angehörigen Amtes Stockum vermöge der Aussagen ihrer Vorgängerinnen („Vorfrauwen“) und Register. Stockumer Hofesrecht von 1622Mit Amtsbrief vom 5. September 1622 verkündete Magdalene Gräfin und Edelfräulein zur Lippe, Äbtissin des kaiserlichen freiweltlichen Stifts Herford, in genau demselben Wortlaut wie ihre Vorgängerin Felicitas Gräfin zu Eberstein in dem Amtsbrief von 1606 April 24 – die Rechte und Pflichten des Schultheißen und der Leute ihres dem Stift Herford zugehörigen Amtes Stockum nach „Aussprache“ ihrer „Vorfrauwen“ und Register. Stockumer Hofesrecht von 1667Ein weiterer Amtsbrief datiert auf den 5. Oktober 1667. Burg StockumDie Burg Stockum, mit der alle vorher erwähnten Rechte verbunden waren, lag auf dem rechten Lippeufer. Der Burgplatz, der sich an der Stelle des heutigen Sportplatzes befand, ist nicht mehr als solcher zu erkennen. Die Erdbewegungen beim Bau des Gersteinwerkes, der Werner Bahn und des Fußballplatzes haben fast alle Spuren verwischt. Urkundlich wird diese Burg erstmals im 12. Jahrhundert erwähnt. Die ersten Burgherren waren die Ritter von Stockum, die von der Äbtissin von Herford als Schulzen eingesetzt waren. So erhielt im Jahre 1280 ein Godfrid genannter Mann das Anwesen als Lehen. Gegenüber dieser Burg, auf dem linken Ufer der Lippe, lag eine zweite Burganlage, die ebenfalls den Herren zu Stockum gehörte und später unter dem Namen Burg Hugenpoth bekannt wurde. Um 1300 folgten auf die Herren von Stockum die Herren von Hövel, die ihren Stammsitz im Dorf Hövel hatten. Sie bekamen beide Burgen als Lehen, dazu das Schulzenamt. Um das Jahr 1400 kam Hugenpoth an die Grafen von der Mark, während Burg Stockum mit allen Rechten weiterhin bei der Familie von Hövel blieb. Die von Hövel nahmen keine Rücksicht auf die märkisch-münsterische Grenze. Burg Stockum, ihr Amtshof und die Masse der Unterhöfe lag auf münsterischem Boden; die Burginsel Stockum mit der späteren Burg Hugenpoth befand sich hingegen unter märkischer Oberhoheit. In den Urkunden genannt wird Lambert von Hövel, Schulze zu Stockum, der 1307 oder 1357 (alternative Angaben) in der Nähe der Burg mit Genehmigung des Erzbischofs von Köln eine Kapelle errichten ließ. Ihm wurde in diesem Rahmen auferlegt, an den Hochfesten mit seiner Familie die Herringer Pfarrkirche zu besuchen. Im Jahre 1375 stiftete Lambert von Hövel (möglicherweise ein anderer) bei seinem Amtshof auch der Stockumer Bevölkerung eine Kapelle. Diesmal erteilte Münster die Genehmigung, da der Amtshof und der Kapellengrund im Bereich der Pfarrei Werne lagen. Am 22. Juni 1429 wurde ein Lambert von Hövel, Sohn Godekes, von der Herforder Äbtissin Mettele von Waldecke mit Amt und Hof Stockum belehnt. Mit Teilungsvertrag der Familie von Hövel bzgl. der Besitzung in Stockum einschließlich des Fischerei- und Wegerechts vom 7. September 1430 wurde der Stockumer Besitz unter verschiedenen Familienmitgliedern aufgeteilt:
Am 1. Oktober 1443 erfolgte wiederum eine Belehnung Lambert von Hoveles, Godekens Sohn, durch Margarete von Glychen, Äbtissin von Herford. Durch die gleiche Äbtissin wurde am 14. Juni 1453 Gert von Hövel, Sohn Godenkens, mit dem Hof zu Stockum belehnt. Eine auf den 1. August 1463 datierende Urkunde enthält eine Bestätigung eines Schuldbriefes auf das Haus Stockum durch Johan Herzog von Cleve und Graf von der Mark für Coirt von der Laighe:
Gert von Hövel hatte zwei Söhne, einen weiteren Gert (Gerd Krakerugge) und einen Gödeke (Gödecke, Godert) von Hövel. Mit Urkunde vom 16. Oktober 1482 wurde Gert von Hövel durch Anna von Honoltsteyn, Äbtissin Herfords, mit Amt und Hof zu Stockum belehnt. 1490 kam es erstmals zu Auseinandersetzungen zwischen den Brüdern und der Äbtissin, wie eine Urkunde vom 26. Juni 1490 zeigt:
Am 14. August 1490 wurde Gerdt von Hövel erneut mit Amt und Hof zu Stockum belehnt, diesmal durch Äbtissin Anna von Honulstein, und dann nochmals durch Bonezeth von Iymborch am 22. September 1494. Schließlich wurden die Brüder wegen Felonie (Treuebruch gegen den Lehnsherren) des Lehens für verlustig erklärt. Vom 31. Mai 1496 existiert dazu ein Richtspruch des Lehnstages:
Gert de Hüvele baute daraufhin Burg Beckedorf in der Nähe Ascheberg-Herberns und erklärte sie zu seinem Wohnsitz, nach dem er sich auch benannte (Gert de Hüvele auf Burg Beckedorf). Auf inständiges Bitten wurde Gert de Hüvele am 24. September 1505 wieder mit Haus Stockum belehnt, während Gödeke von Hövel ausgeschlossen blieb. Daraufhin entbrannte ein Streit zwischen Gert und Gödeke, der Haus Stockum als Allod verlangte. Der Streit um Haus Hövel endete am 24. April 1509 mit einem Vergleich zwischen den Brüdern, der Gert Haus Stockum dauerhaft zusprach, während Gödeke der Besitz zugesprochen wurde, in dem er zu dieser Zeit wohnte.
Am 5. April 1516 wurde Gert erneut durch Bonezeth von Lymborch (Limburg) mit dem Amt Stockum belehnt. Der Streit um die übrigen väterlichen und mütterlichen Güter zog sich noch bis zum Tod Gödeke von Hövels im Jahre 1519 hin. Erst am 6. März 1520 kam es zu einem Vergleich zwischen Gert und Goderts Witwe, durch den eine abschließende Regelung getroffen werden konnte. Gert von Hövel und seine Frau Fie stellten 1527 Eberwin Droste zu Münster die Güter zu Beckedorf, Wessel und Stockum für eine Anleihe von 250 Goldgulden zum Pfande. Am 11. November 1534 wiederum verpfändete Anna von Lymborch, Äbtissin des freiedelen weltlichen Stifts Herford, alle ihre und ihres Stifts Pflicht, Pacht und Schuld ihres Amtshofes zu Stockhem mit allem Zubehör im Stift von Münster und Kirchspiel zu Werne, den Gerdt von Hovell und sein Bruder Godeke „allrede“ für 100 Gulden von ihrer Vorgängerin Bonezet von Lymborch in Pfandschaft empfangen hatten, für 50 vollwichtige rhein an Gerdt von Hovell. Von Gerts Söhnen erbte nicht Johann, sondern Berndt von Hövel am 14. Juli 1540 die Besitzungen des verstorbenen Vaters. Nach Spormacher starb er bereits wenige Jahre später:
Die Witwe Godekes von Hövel versuchte daraufhin zugunsten ihrer Töchter, die mit Helmich Kessel bzw. Henrich Wrede verheiratet waren, gegen die Witwe Bylie des Berndt von Hövel und deren unmündige Kinder Ansprüche auf die hälftige Nutzung von Amt und Lehnsgüter zu Stockum durchzusetzen. Die Äbtissin von Herford ließ sich darauf jedoch nicht ein und belehnte stattdessen die unmündigen Kinder Berndts mit den Stockumer Gütern, zunächst verwaltet durch Johan von Langen zu Koebinck. 1558 belehnte die Herforder Äbtissin Anna zu Limburg das Schultenamt zu Hof Stockum an Heidenrich von Aschenbergh zu Byinck. Da der Hof bislang an die von Hövel belehnt war, sollte dieser für die Loslösung eine Ausgleichssumme an die von Hövel zahlen. Diese lehnten ab und verwüsteten im Gegenzug den Amtshof. Der neue Schultheiß verfolgte daraufhin eine harte Linie, verteidigte den Amtshof gegen weitere Übergriffe, setzte sich für die Instandsetzung Herforder Güter ein, um die sich die von Hövel nicht gekümmert hatten, und ließ säumige Schuldner pfänden. Am 10. Dezember beantragte er die Einrichtung eines Gefängnisses für Widerspenstige. Am 26. März 1566 erhielt Johann von Bruggeney genannt Hasenkamp von Margarethe Gräfin und Edelfräulein zur Lippe, Äbtissin des freiedelen weltlichen Stifts Herford, das gesamte Amt zu Stockem mit dem Amtshof, Erben und Gütern sowie allem Zubehör zu Lehn. Johann von Brüggenei (von Hassenkamp) war mit Walburga verheiratet, Tochter des Gödeke von Hövel. Am 5. März 1567 schlossen Berndt und Johann, die Kinder des verstorbenen Bernhard von Hövel, einen Vergleich, in dem die väterlichen Güter aufgeteilt wurden; Beckedorf ging dabei an Johann. 1571 erklärte
Am 1. Oktober 1571 heiratete Berndt von Hövel die Gerlich von Raesfeldh zu Hameren. In der Folgezeit wurde Johann von Brüggenei vom Kaiser entsetzt. Dennoch wollte er auf seine Güter nicht verzichten. Am 30. November 1577 lief Berndt de Hüvele mit 76 Männern bei den Pächtern auf und pfändete die Pacht. Johann Hassenkamp ließ sich dies nicht gefallen. Die daraus resultierende Fehde führte dazu, dass ein Stallknecht von Hassenkamp den Bernd de Hüvele mit einer Büchse erschoss, die mit zwei Kugeln und mit getrockneten Speckstückchen geladen war. In einer Urkunde vom 30. April 1578 heißt es dazu:
Die von Hassenkamp scheinen danach noch eine Weile die Burg Stockum bewohnt zu haben: Am 27. Juli 1579 belehnte Felicitas Gräfin von Eberstein, Äbtissin des Herforder Stifts, Johann von Brüggenei mit dem gesamten Amt zu Stockum. Als die Familie de Hüvele die volle Gerichtsbarkeit wieder an sich gerissen hatte, ließ sie einen Mann hinrichten. Das Gleiche machten die von Hassenkamps, die einen Pächter der Herrschaft hinrichten ließen. Aus dem Streit entstanden ein Prozess und eine Fehde, die fast 200 Jahre lang andauern sollten. 1603 erschienen die von Hassenkamps vor der Burg Stockum und beschossen sie mit annähernd 200 Schuss. Daraufhin suchte die Familie de Hüvele Schutz beim Bischof in Münster. Dieser ließ den von Hassenkamp wegen mehrerer Mordfälle nach Warendorf ins Gefängnis bringen. Er wurde aber kurze Zeit später gegen Kaution aus der Haft entlassen. Am 13. Juli 1604 belehnte Felicitas Gräfin zu Everstein, Äbtissin der kaiserlichen freiedelen, weltlichen Stifter zu Herford und Essen und Pröpstin zu Verden, Domherr Wessel von der Bruggenei genannt Hasenkamp zu Stockum mit dem Amt zu Stockum. Am 13. Juli 1616 wechselte das Amt dann unter der gleichen Äbtissin an Johan von der Bruggeney, beurkundet durch den Bevollmächtigten Wernerus Schottler. Vom 2. September 1611 datiert ein Vergleich zwischen Gerlich von Hovell mit Pagenstecker und anderen Gläubigern um den Besitz von Haus Beckedorf:
Am 1. Mai 1617 wurde schließlich ein Ablösevertrag über die Beckendorfschen Güter geschlossen:
Am 21. Oktober 1621 mussten die seit Jahrzehnten verarmten von Hövel alle Rechte an Haus Hövel und Haus Beckedorf an Johan von Bruggeney gen. Hasenkamp verkaufen:
Am 1. Februar 1630 wurde Arnoldt von Bohmer (Arnold von Boymer/Böhmer/Bäumer) aus dem Freiherrengeschlecht Böhmer von Magdalene Gräfin und Fräulein zu der Lippe, Äbtissin des kaiserlichen freien weltlichen Stifts Herford, mit dem Amt Hövel belehnt. Boemer half Bitter von Hövel dabei, das Stockumer Lehen gerichtlich von den Brüggeneis zurückzuerstreiten, wenn diese ihm dafür einige ihrer Güter zur Nutzung überlassen, beurkundet am 6. April 1629:
Bitter de Hüvele zu Beckedorf vererbpachtete entsprechend ab 1630 das Gut für jährlich 7.000 Taler an Arnold Freiherr von Böhmer. Eine Quittung vom 2. Juli 1637 bestätigt:
Arnold von Böhmer gewann die Äbtissin von Herford für sich. Am 14. Januar 1647 belehnt dann Sidonia Gräfin zu Oldenburg und Delmenhorst, Fräulein zu Jever und Kniphausen, Äbtissin des kaiserlichen freien weltlichen Stifts Herford, Frantz Wilhelm Freiherrn von Boymer und zu Rimburg mit dem gesamten Amt und Gericht zu Stockum, vertreten durch Bernhard Vierdenhalben, Lizentiat der Rechte und Ratsverwandten der Stadt Münster. Der Streit um die Stockumer Güter wurde zwischen den Böhmers und den Brüggeneis fortgesetzt, zu sehen in einer Urkunde von 1649:
Am 12. März 1650 wurde Frantz Wilhelm Freiherrn von Boeymer und zu Rimburg, vertreten durch Dethmarus Klepping, von Elisabeth Louyse Pfalzgräfin bei Rhein, Herzogin in Bayern, zu Gülich, Cleve und Berge, Gräfin zu Veldenz, Sponheim, der Mark und Ravensberg, Frau zu Ravenstein, Äbtissin des freiweltlichen Stifts Herford, mit dem Amt Stockum belehnt. Am 1. September 1656 heißt es in einer Urkunde:
Schließlich erfolgte ein Urteil des Reichskammergerichts zu Wetzlar, mit dessen Vollstreckung der Fürstbischof von Münster beauftragt wurde. Der Streit endete damit, dass der Fürstbischof von Münster, Herzog Ernst von Bayern, Militär entsandte, welches den Kaspar von Hassenkamp erschoss, der versucht hatte, sich mit Gewalt zu widersetzen. Sein Bruder wollte sich rächen. Er hatte schon Gehilfen für den Mord an Frau von Böhmer gedungen. Doch der Bischof von Münster wurde es frühzeitig gewahr und ließ den Anstifter von Hassenkamp ins Gefängnis nach Warendorf bringen. 1696 wurde ein neuer Prozess eingeleitet. Als Stockum 1726 durch Erbschaft an den Grafen von Ligneville kam, stellte sich wieder ein Werner Hassenkamp dem neuen Besitzer entgegen. Auf beiden Seiten wurden mehrere Leute erschossen. 1730 wurde von Hassenkampf zu Wetzlar endgültig abgewiesen. Damit war der Streit endgültig gegen die Familie von Hassenkampf entschieden, das Schicksal der Familie de Hüvele zu Stockum und Beckedorf endete. Nach einer Erbteilung, bei der Ligneville Stockum und Beckedorf erhielt, kamen diese Güter um 1800 an den Grafen von Gourci, der sie 1809 durch Verkauf zersplitterte. Den Burgplatz und die Güter zu Stockum erwarb 1810 der Graf von Westerholdt. Im Laufe des 20. Jahrhunderts verfiel das Gut dann zusehends. Der alte Spieker bei der Vikarie, von dem noch Bilder existieren, wurde um 1939 abgebrochen. Das Gutsarchiv wurde 1952 von der Stadt Dortmund erworben und 1994 im Stadtarchiv Werne deponiert. Der Archivbestand umfasst 280 Urkunden (1360–1804); ca. 550 Akten = 57 Kartons (15.–19. Jhdt.).
Burg Hugenpoth
Die erstmals 1305 urkundlich erwähnte Burg Hugenpoth lag gegenüber der Burg Stockum auf einer Lippeinsel. Wenn man den Burgplatz aufsuchen möchte, muss man sich von der Landstraße aus, die am Gersteinwerk vorbeiführt, nach Süden wenden. Nachdem man die Werner Bahn überquert und eine alte Schleusenanlage passiert hat, geht es weiter über die Lippe bis zur Kanalbrücke, über die der Weg nach Sandbochum führt. Die Kanalbrücke darf nicht überquert werden, stattdessen schlägt man den Weg in nördlicher Richtung ein. Nach einigen hundert Metern und Durchquerung eines alten Lippearmes gelangt man auf den Burgplatz. Die hohen, aus dem alten Flussbett aufsteigenden Mauern, die die Zugbrücke trugen, sind heute noch zu sehen. Die Steilufer des Flusses müssen schon an sich einen guten Schutz gewährt haben, der noch durch Burganlagen verstärkt wurde. Ein kümmerlicher Rest von Mauerwerk und die auf dem ganzen Platz verstreuten kleinen Brocken von grünem Sandstein und Ziegeln sowie die Dachschieferstückchen und Glas von Butzenscheiben lassen kaum noch etwas von der ursprünglichen Burganlage ahnen. Familie von StockumHaus Stockum (Burg Hugenpoth) stand zunächst im Besitz der Familie von Stockum. Im Jahre 1290 wurde es dann an die Familie von Hövel verlehnt. Erste Lehnsträger waren Godfried de Hüvele und sein Sohn Hermann. Lehnsherrin war die Äbtissin des Klosters Herford. Das adelige Haus Stockum war von jeher von der öffentlichen Gerichtsgewalt befreit. Jeder Belehnte des Hauses Stockum war auch Ministerialer (Beamter). Ihm oblag die Eintreibung und Überführung der Kornabgaben sowie die Beschaffung des Mess- und Tischweins für das Kloster Herford. Familie de Hüvele aus HövelFamilie de Hüvele aus Stockum ist ein Seitenzweig der Familie de Hüvele aus Hövel. Sie stand ab etwa 1300 in direkter Nachfolge aus dem Haus Hövel. Die de Hüvele aus Stockum hatten schon früh eine selbständige Stellung erlangt. So übten sie Herrschaftsrechte über die bäuerlichen Höfe im eigenen Namen kraft Lehnsrecht aus. Ihnen stand auch das Gerichtswesen zu. Als äußeres Zeichen der Macht der Familie de Hüvele zu Stockum bauten sie auf der Lippeinsel die Burg Hugenpoth. Um die Bauern vor Übergriffen durch Godfrid de Hüvele zu Stockum zu schützen, erließ die Äbtissin zu Herford das Hofrecht für die Bauern von Stockum, die ihr lehnspflichtig waren – sie hatte das sogenannte Afterlehen (Leben aus zweiter Hand) inne. Im Laufe der Zeit kauften sich die Herren de Hüvele verwilderte Höfe. So entstand neben dem „Feudum“ (Lehnsgut) ein „Allodial Gut“ (frei von Abgabe). Im Laufe der Zeit sollen sich die Herren de Hüvele eine dritte Burg erstellt haben, und zwar dort, wo heute die Kirche zu Nordherringen steht. Diese Burg sollen die Dortmunder schon früh niedergebrannt haben. Neben der Urburg in Stockum ließ Lambert de Hüvele um 1307 (alternative Angabe: 1357) eine Kapelle errichten. Die Genehmigung erhielt er vom Erzbischof Heinreich von Köln. Von 1290 bis 1400 bewohnten die Herren de Hüvele die Burgen in Stockum. Die Adelsfamilie hatte je eine Burg auf märkischem und münsterischem Boden sowie einen Amtshof im münsterischen Raum. Sie musste also in beide Richtungen lavieren und geriet zwangsläufig in den münsterisch-märkischen Grenzkonflikt an der Lippe. Für die Grafen von der Mark war es äußerst wichtig, die Lippeinsel Stockum fest in der Hand eines verlässlichen und märkischen gesinnten Adeligen zu wissen. Deshalb erzwangen sie ein Öffnungsrecht, das ihnen einen wichtigen Stützpunkt gegen Münster gab. Die Stockumer Burgherren mussten ihren Sitz den Märkern offen halten und in Kriegszeiten eine märkische Besatzung in Kauf nehmen. In einer Urkunde aus 1392 wird der Hof unter den Absteigequartieren der Grafen von der Mark aufgeführt, er fehlt jedoch in ihren Lehnsregistern aus der gleichen Zeit. Die wichtige Grenzbefestigung war in Fehden und Kriegen heiß umkämpft. Während der Dortmunder Fehde, namentlich am 13. November 1388, steckten Dortmunder Söldner die Burg an, brandschatzten sie und erbeuteten 36 Gulden. Grafen von der Mark und ihre VasallenEine Urkunde aus dem Jahre 1392 benennt den Hof zu Stockum als Absteigequartier der Grafen von der Mark. In ihren Lehnsregistern aus der gleichen Zeit war das Gut dort aber noch nicht aufgeführt. Erst um 1400 ging die Burg ins Eigentum des Grafen von der Mark über. Damit war Burg Hugenpoth in Stockum für die Familie de Hüvele verloren, die von nun an nur noch die Urburg in Stockum bewohnte. Nach dem Tod des Münsteraner Bischofs Heinrich II. von Moers 1450 kam es zum Streit um die Besetzung des Bischofsstuhls zwischen seinem Bruder Walram von Moers und dessen Familie einerseits sowie Erich von Hoya und dessen Familie andererseits (Münsterische Stiftsfehde).[2] Junkert Ervert von der Mark, ein Anhänger Johann von Hoyas, unternahm im Oktober einen Beutezug in das Moers-freundliche Ahlen. Dort fing er 300 Kühe ein und trieb sie bei Stockum über die Lippe auf Kamen zu. Dazu nahm er die Burg ein und schlug eine Brücke über die Lippe. Der Graf von der Mark belehnte die Familie von der Layghe bzw. von der Laege, die bis 1463 auf der Burg lebte; Cord von der Laege hatte bis zu diesem Jahr die Burg für 1.000 Gulden in Pfandherrschaft. Gegen 500 Gulden handelte Graf Gerhard von Kleve-Mark ihm die Burg wieder ab. Der Landesherr konnte die Rechnung aber nicht begleichen. Deshalb schoss Dietrich von Hövel ihm die Hälfte vor. Zur Belohnung erhielt er die väterliche Stammburg als Lehen zurück. 1469 beging entweder Dietrich oder ein Godeke (Gottfried) von Hövel einen gewaltsamen Totschlag, woraufhin ihm das Lehen entzogen wurde. Dies gab den Herzögen von Kleve die Gelegenheit, die Burg an eine zuverlässigere Familie zu vergeben. Familie von KnippingDie Knippings verdanken ihren Aufstieg landesherrlichen Beamtendiensten. Bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts waren sie eine kleine Adelsfamilie ohne Rang und Namen und traten kaum in Erscheinung, außer durch gelegentliche Urkundenbezeugungen und einige Rechtsgeschäfte. Zu einer Zeit, als die meisten Adelsfamilien von Abstieg und Zerfall überschattet waren, gelang den Knippings der Aufstieg an die Spitze des märkischen Adels. Mit Gerd Knipping (1427 – 1455) gelangte das Amt des Drosten für 150 Jahre in die Familie. Fünf Generationen der Familie Knipping verwalteten das Amt Hamm, gewannen Ruhm und Ansehen und erwarben weitere Höfe und Ländereien zu der Grundherrschaft Stockum. Das Geschlecht derer von Knipping war besonders in der Gegend von Wetter (Ruhr) berühmt. Um 1470 belehnte der Herzog von Kleve und Mark die Güter des Hauses Stockum an seinen Lehnsmann Ritter He(i)nrich von Knipping zu Lohausen (1462 – 1480), der das Drostenamt (Amtmann) von Hamm innehatte. 1491 setzten sich Rat und Domkapitel der Stadt Münster für die Lehnsrechte des Undersaten des gestichts van Münster Gerd von Hövel ein, was das Vertrauen der Märker zu den münsterisch-märkischen Grenzgängern von Hövel weiter schwinden ließ. Die Grenze an der Lippe lag auch zu dieser Zeit immer noch nicht endgültig fest. Die Gefahr, dass die Burg über einen münsterischen Untertanen an die Bischöfe von Münster gelangte, war den Herrschern der Mark zu groß. Henrich Knipping als neuer Lehnsnehmer der Burg wandte diese Gefahr nunmehr ab. Für 1.100 Gulden musste der Landesherr ihm und seinem Sohn He(i)nrich (1497 – 1543), Droste zu Hamm und Wetter, das Haus zu Stockum und die zugehörigen Güter überlassen. Seit der Familie de Hüvele das Lehen entzogen worden war, verfügten die Herzöge von Kleve nicht nur über das Haus Stockum, sondern auch die Herforder Unterhöfe im Märkischen. Zunächst übersahen die Herforder diese Eigenmächtigkeit. Außerdem wurden die Unterhöfe der Grafschaft Mark in den Lagerbüchern geführt. Spätestens zu Beginn des 17. Jahrhunderts war der Verlust der Höfe offenkundig und unwiderruflich. Fortan beschränkte sich die Herrschaft Stockum ausschließlich auf das münsterische Territorium. He(i)nrichs Enkel und sein Nachfolger im Drostenamt war Viktor von Knipping (1508 – 1573), der an der Stelle der alten Burg ab 1564 mit dem Bau eines neuen Renaissanceschlosses begann, der von seinem Sohn Dietrich fortgesetzt wurde, der wie sein Vater Amtsmann zu Hamm war. Das Bauwerk riss den humanistischen Chronisten Heinrich von Hövel zu begeisterten Versen hin: Die Burg ist herrlich, jedoch erhabner noch der Held, Mit Viktor Knipping erreichten Glanz und Reichtum des Geschlechts ihren Höhepunkt. Er war Amtmann des Amtes Hamm, märkischer Landfester, Klevischer Geheimer Rat und ab 1568 schließlich Obrist und Befehlshaber des Westfälisch-Niederrheinischen Kreises. Viktor hielt sich häufig am Klevischen Hofe auf. 1562 gehörte er in Frankfurt zum engsten Gefolge Herzog Wilhelms. Da die Steuern nur spärlich und unregelmäßig eintrafen, musste er seinen Amtsgeschäften immer wieder aus eigenen Mitteln nachhelfen. Die meisten landesherrlichen Einnahmequellen waren verpfändet. Der Herzog litt regelmäßig unter Geldproblemen. 1547 mahnte Viktor seinen Herrn an, die ihm vorgestreckten Gelder zurückzuzahlen. Knipping hatte trotzdem noch genügend Mittel, um Höfe, Ämter und Gerechtsame aufzukaufen. 1555 wurde er Anwärter auf das Schultheißenamt des Oberhofes Pelkum. 1561 kaufte er den Langen Kamp, 1604 das Gut Brinkhof mit Unterhöfen und Kotten. Viktors Frau, Betrix von Wüllen, brachte einen Lehnsanspruch auf den klevischen Zehnten zu Ochtrup im Kirchspiel Sandwell, Stift Münster, in die Ehe ein. Zwar hatte sein Schwiegervater den Antrag gestellt, seinem Enkel Bernd van Hoevel d. J. den Zehnten zu überlassen, doch konnte Viktor Knipping dank seiner guten Beziehungen zum klevischen Hofe die Belehnung für sich durchsetzen. Mit Ausnahme des halben Schürmannshofes waren im 18. Jahrhundert alle Sandbochumer Höfe von Stockum abhängig. Einige wurden bereits von Heinrich Knipping d. J. erworben. Die übrigen haben wohl Viktor oder sein Sohn Dietrich angekauft. Dietrich Knipping, der letzte seines Geschlechtes auf Stockum, wurde 1574 als Droste des Amtes Hamm bestätigt. Er repräsentierte die märkische Ritterschaft bei der Hochzeit Maria Eleonoras von Kleve mit Herzog Albrecht Friedrich von Preußen zu Düsseldorf. 1575 bestimmte ein Grenzvertrag zwischen Münster und Mark über die Stockumer Brücke, es stehe den Märkern frei, den zerfallenen Übergang wieder aufzubauen. Heinrich von Hövel widmete Dietrich von Knipping einen Platz in seinem Katalog bedeutender, gelehrter Männer Westfalens: Zu Lebzeiten tat sich Dietrich Knipping zu Stockum glänzend hervor. Droste des Amtes Hamm, dem angesehensten Fürsten Herzog Wilhelm von Kleve ein ausgezeichneter Ratgeber. Fürwahr, ein Mann voll Klugheit, in vielen Dingen gleichermaßen gebildet, das Rechtswesen zumal nicht ausgenommen. Als junger Mann studierte er auf zahlreichen Akademien Deutschlands, Italiens und Frankreichs, eines Cato würdig, überdies mit den seltensten Geistesgaben ausgezeichnet und deswegen zu den bedeutendsten Männern zu zählen. Er verschied, als ihn der grimmige Februar zu Kleve plötzlich überfile, innerhalb von zwei Tagen 1607 im Alter von 76 Jahren (aus dem Lateinischen). Mit Dietrichs Tod im Jahre 1607 erlosch der Knippingsche Mannesstamm auf Stockum. Infolge der Heirat seiner Schwester Clara mit Johann von Hugenpoet zum Gosewinkel, der die Tradition der Verbindung Stockums mit der Hammer Drostenstelle fortsetzte, kam das Anwesen an die Hugenpoets, deren Name sich später auf den Stockumer Burgplatz übertrug. Über Engel Elisabeth Christine von Hugenpoet, die 1693 Johann Adolf Stephan von Berchem zu Werdingen geheiratet hatte, gelangte das Haus an ihren Sohn Johann Friedrich Mordio von Berchem. Familie HugenpothAuf die von Knipping folgten 1607 die von Hugenpoth, von denen die Burg ihren neuen Namen erhielt. Markgräfin Leonora von Brandenburg sorgte 1591 dafür, dass ihr Vater, der Herzog von Kleve, Johann Hugenpoth als Amtshelfer seines Onkels Dietrich Knipping einstellte. Hugenpoth war zunächst Amtsverwalter, wurde 1607 nach Knippings Tod jedoch als Amtsmann zu Hamm bestätigt. Heinrich von Hövel urteilt über ihn: Joannes Hugenpoet in Gosewinckel schätzte man als einen Menschen, dem die Wissenschaft nicht gleichgültig war. Mit seinem jüngeren Bruder Wilhelm, einen Mann größeren Fleißes und sehr belesen, der vor nicht langer Zeit aus dem Leben gerissen wurde, hatte er sich seit seiner Kindheit der lateinischen Sprache verschrieben. Er trat in die Fußspuren seines Onkels Dietrich Knipping, eines in theoretischen und praktischen Verwaltungsangelegenheiten unvergleichlichen Mannes. Gegenwärtig amtet er als Droste zu Hamm. (aus dem Lateinischen). Um 1600 erreichte auch Haus Stockum den Scheitelpunkt seines Wohlstandes. Johann Hugenpoth erwarb noch 1607 den Dalhof zu Flierich als märkisches Lehen. Gleichzeitig jedoch verwickelten ihn die Knippings zu Hackfurt in einen kostspieligen Erbschaftsprozess. Seit dieser Zeit ging es mit Haus Stockum bergab. Der wirtschaftliche Niedergang resultiert aus den gleichen Ursachen wie später bei den Torcks zu Nordherringen. Der Älteste übernahm das Haupthaus gegen hohe Abfindungssummen. Seine Geschwister klagten ihre Auszahlung ein, der Prozess zog sich jedoch in die Länge. Neben den Geschwistern waren nunmehr auch Sohn und Enkel abzufinden. Die Schuldenlast vervielfältigte sich dadurch. Einzelne Güter mussten abgestoßen werden, um die hartnäckigsten Gläubiger zu befriedigen. Dadurch schrumpfte die Grundherrschaft zusammen. Viktor Knipping hatte 1544 versprochen, seinen Bruder Henrich mit 5.300 Gulden abzufinden. Er erweiterte die Grundherrschaft in Stockum beträchtlich und baute ein prächtiges Schloss. Dadurch blieb ihm nicht mehr genug Geld, dem Bruder sein Erbteil auszuzahlen. Fünfzig Jahre später stand noch die Hälfte der Summe aus. In mehreren Prozessen zu Kleve und Speyer setzte die Erbengemeinschaft von Boenen als Nachfolger Henrich Knippings ihre Ansprüche durch. Den Knippings blieb nur das hypothekenbelastete Haus Stockum einschließlich des 1604 erworbenen Brinkhofs. Das Lohaus mit dem Lehen Gronewich (Schulze zur Wisch) gelangte über Henrich Knipping d. Ä. (1622) und Franz Albert von Aschebrock (1652) an die Familie von Brabeck (1661 – 1755). Die Knippingschen Güter im Raume Bochum mit dem Haus Grimberg gingen an die Familie von Westerholt. 1617 trat Dietrich Hugenpoth die Erbschaft seines Vaters an. Dabei musste er das Haus Stockum gegen die Ansprüche der Sibylla von Westerholt und Georgs von Boenen behaupten. Von höchster Stelle sprach ein Urteil Georg von Boenen das Haus zu. Dietrich heiratete daraufhin Alstein von Boenen und erhielt dadurch die Rechte an dem Hause Stockum, wodurch er es für seine Familie rettete. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg mehrfach besetzt und gebrandschatzt. Dietrich von Hugenpoth konnte 1633 sein Lehen nicht erneuern, weil die Burg ausgeplündert worden war und sich in einem verkommenen Zustand befand. 1675 brachte Wilhelmine Sophie von Neuhof statt einer Mitgift in bar einen Schuldennachlass von 3.000 Rthlr in ihre Ehe mit Giesbert Alexander von Hugenpoth ein. 1696 wurde eine Mitgift für Gudula Johanna von Hugenpoth in Höhe von 3.000 Rthlr vereinbart. Ihr Ehemann Johann Moritz von Düngelen sah davon bis 1715 keinen Pfennig. Weitere Erbschaftsverpflichtungen trieben die Schulden des Hauses Stockum auf 11.000 Rthlr. Trotzdem bedachte Gisbert Alexander testamentarisch seine Frau und seine Kinder mit Summen zwischen 400 und 4.000 Rthlr. Johann Adolf Stephan von Berchem zu Werdringen, der seit 1693 mit der Erbtochter Engel Elisabeth Christine von Hugenpoth verheiratet war, konnte mit dieser riesigen Schuldenlast nicht alleine fertigwerden. 1725 war die Forderung der Familie von Düngeln auf 12.573 Rthlr angewachsen. Die Gläubiger überwachten jeden Geschäftsgang ihrer Schuldner. Die Berchems waren auf diese Weise völlig in ihrer Hand. Schließlich ordnete Familie von Düngelen an, sofort alle auf dem Haus Stockum haftenden Schulden zu tilgen. Die Berchems konnten dieser Forderung nur durch den Verkauf einzelner Güter nachkommen, um wenigstens den Rest zu halten. Seit 1725 waren alle Stockumer Güter verpfändet. 1742 erwarb Robert Nettler, ein Kaufmann aus Unna, für 8.200 Rthlr die Stockumer Lippeweiden, den Großen Plack und den Kuhkamp. Damit war der Bestand des Hauses für einige Jahrzehnte gesichert. Nächster Inhaber des Hauses Stockum war Johann Adolf Stephan von Berchems Sohn Johann Friedrich Mordio von Berchem (1723 – 1775). Ihm fielen aus der Erbschaft Friedrich Christians von Beverfoerde-Weldern 11.000 Rthlr zu. Im Vorgriff auf diese Erbschaft hatte die Familie allerdings so viele Schulden aufgenommen, dass sich ihre Finanzlage kaum besserte. Haus Stockum war im Jahre 1768 samt seinem Zubehör einschließlich Brinkhof und 27 Höfen und Kotten mit 58.375 Talern veranschlagt; zu dieser Zeit war es bereits mit 34.588 Talern belastet. Die Berchemer Erbin Anna Sophia, Ehefrau des Geheimen Kriegs- und Domänenrats Werner Friedrich Abraham von Arnim zu Hamm und Freifrau von Arnim, die als tatkräftig und klug geschildert wird, schob den Ruin des Hauses Stockum nochmals um zwanzig Jahre hinaus. Sie verwaltete ab dem Jahre 1776 das Gut für ihren minderjährigen Sohn und wurde 1778 selbst belehnt. Am Ende konnte sie den Besitz dann nicht mehr halten. 1796 läuteten die Gläubiger die Zwangsversteigerung ein. Der bis dahin noch zusammenhängende Besitz wurde zerschlagen. Er kam teils in bürgerliche, teils in bäuerliche Hände. Die Schlossstelle und die bei der Markenteilung 1777 zugewiesenen 64 Morgen Wald wurden für 25.000 Taler durch Gisbert Freiherr von Romberg auf Brünnighausen (Lerche, Romberger Tannen) ersteigert. Man fasste zunächst ins Auge, anstelle des überflüssig gewordenen Gutsgebäudes ein zweckmäßigeres, kleines Haus zu errichten. Diese Pläne wurden jedoch nicht in die Tat umgesetzt. Nach einer Bestandsaufnahme von 1794 war das massive, schiefergedeckte Herrenhaus 102 Fuß lang und hatte je 34 Fuß Breite und Traufenhöhe. Es muss einen großen Saal besessen haben und befand sich 1794 noch in einem guten baulichen Zustand. Von Romberg vermietete es zunächst an den Oberstleutnant von Heemskerk. Verfall der BurgEtwa ein Jahrzehnt später gelangte Haus Hugenpoth durch Heirat an die Familie von Bergheim, die es nicht mehr bewohnte, sondern dem Verfall überließ. 1808 dienten die Räume des Haupthauses dem Pächter zur Aufschüttung von Korn. 1824 galt es als sehr baufällig. Wenig später waren alle Fenster herausgerissen und keine Tür mehr in den Angeln. Am Anfang des 20. Jahrhunderts waren, wie Schwieters berichtet, noch ansehnliche Ruinen – Mauerreste von 7,5 m Höhe mit Tür- und Fensteröffnungen, Kellergewölben und Treppen – vorhanden. Der Burgplatz war zu dieser Zeit im Besitze des Herrn von Romberg. Heute sind an dieser Stelle nur noch unbedeutende Mauerspuren zu finden. Den Rest bedeckt der Rasen. ErhaltungszustandBurg Stockum und Burg Hugenpoth sind heute Bodendenkmäler, an dessen Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht. Wissenschaftliche Gründe sprechen für die Erhaltung, da die frühe Geschichte der Burgen sicherlich noch mit Resten im Boden erforscht werden kann. Bedeutung der Burgen für HerringenDie Besitzer von Haus Stockum teilten sich mit den Torcks die Weideherrlichkeit in der Herringer Gemeinheit. Neuansiedlungen in der Heide konnten nur mit ihrer Genehmigung vorgenommen werden, ebenso Veränderungen in der Heide, Wegeanlagen, Übertretungen und Schüttungen. So gaben beispielsweise die Häuser Stockum und Nordherringen 1705 dem Freiherrn von der Recke zu Reck die Erlaubnis, eine Allee vom Haus Reck durch die Herringer Mark bis zur Bever zu pflanzen. In Pachtverträgen und Gewinnbriefen ließen sich die Herrscher von Haus Stockum ihre Weidegerechtigkeit ausdrücklich bestätigen. Ihre Weideherrlichkeit verlor Haus Stockum dann bei der Vereinzelung. Die Herringer Bauern bestritten ihm das Recht der Schafdrift. Für unerlaubte Schafdrift im Hammer Westenmersch, wo Stockum früher die Fischerei innehatte, errechneten sie 1821 einen Schaden von 47 Thlr 26 gr. Die Fischerei auf der Lippe östlich der Torckschen Lippebrücke und ein Stück Heuland gingen 1432 über Hermann von Neheim an Gerd Knipping. Von 1577 bis 1598 hatte sie der Hammer Bürger und Wirt Jost Hülshoff vom Hülshoff in Herringen gepachtet. Danach übertrug der Landesherr die Fischerei der Familie von Galen auf Haus Ermelinghof. Unmittelbaren Einfluss auf die Gemeinde Herringen nahmen Familie Hugenpoth und Familie Bechem nach 1604, als sie den Binkhof mit den Herringer Höfen Hülshoff, Helmig und Hilbk aufkauften. In kirchlichen Angelegenheiten gaben die Herren des Hauses Stockum ihre Stimme bei der Wahl der Gemeindebeamten und der Prediger ab. Um die Wende des 16. Jahrhunderts ließ Johann von Hugenpoth seine Ehefrau Anna von Pentling und ihre dreijährige Tochter Clara Anna in der Herringer Kirche beisetzen. Zu ihrem Gedächtnis wurden prunkvolle Epitaphien in der Werkstatt des münsterischen Bildhauers Hans Lacke gearbeitet. Etwa zeitgleich bekam die Kirche eine Wappentafeln von Jülich, Kleve, Berg, Mark und Ravensberg, Amtszeichen und Hoheitssymbol der Amtsmännerdynastie Knipping-Hugenpoth. Von den Hugenpoths stammt die einzige Armenstiftung von adeliger Hand. Frau von Hugenpoth, geborene von Beringhausen, überwies 100 Rthlr, Dietrich Hugenpoth weiterer fünfzig. Für die jährlichen Zinsen hatten der Binkhof und der Hülshoff aufzukommen. Die Berchems haben in religiösen und politischen Gemeindeangelegenheiten kaum noch ein Mitspracherecht geltend gemacht. In Sandbochum blieb der Einfluss des Hauses Stockum bis in das 19. Jahrhundert nachhaltig spürbar. Stockum war hier größter Landbesitzer, Grundherr aller Höfe, Zehnteinnehmer und Weideherr. Die Insolvenz des Hauses Stockum hatte für Herringen nicht die gleichen umwälzenden Folgen wie der Torcksche Zusammenbruch neun Jahre zuvor. Nur einige Stockumer Besitzungen im Nordwesten der Gemeinde wurden in bürgerliche Hände übertragen. Für die Herringer Höfe der alten Grundherrschaft Binkhof rückten die Unabhängigkeit von gutsherrlicher Bevormundung und der Weg in die Freiheit in greifbare Nähe. Einzelnachweise
Literatur
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