Großkrotzenburg besteht offiziell nur aus einem Ortsteil und auch nur aus einer Gemarkung (Gmk.-Nr. 60906). Insgesamt entfallen etwa zehn Prozent des Gemarkungsgebiets auf Wasserflächen. Über die Gemeindegrenzen hinaus ist Großkrotzenburg wegen seines Badesees bekannt.
Bodenfunde weisen auf eine Besiedlung der Großkrotzenburger Gemarkung seit der Vorgeschichte (Bronzezeit, Urnenfelderzeit, Hallstattzeit, La-Tène-Zeit) hin. Um 100 n. Chr. besetzten die Römer das Gebiet und errichteten im heutigen Ortskern das Kastell Großkrotzenburg. Die römische Reichsgrenze, der Limes, erreichte von Norden kommend in Großkrotzenburg den Main, der von hier ab in Richtung Süden den weiteren Verlauf des Limes markierte, bis er sich zunächst als Neckar-Odenwald-Limes ab Wörth, später als Obergermanischer Limes ab Miltenberg vom Main in südlicher Richtung wieder entfernte. Die Besatzung des Kastells war die Cohors IV Vindelicorum, die als einzige der Auxiliartruppen des römischen Militärs in Obergermanien in großem Umfang in einer Militärziegelei Bauziegel produzierte.
Das rechtsrheinische Hinterland des Limes wurde spätestens 259/60 n. Chr. aufgegeben (Limesfall) und von Alamannen besiedelt. Die zurückgebliebene Bevölkerung wurde um 500 von den Franken unterworfen und fiel um 850 als Geschenk an den Gaugrafen von Hessen. Kaiser Ottos I. Tochter Ida schenkte den Ort Ende des 10. Jahrhunderts dem Kollegialstift zum Heiligen Petrus in Mainz (Petrusstift), in dessen Besitz er mehr als 800 Jahre bis zur Säkularisation verblieb.
Während der Hexenverfolgungen wurden von 1628 bis 1630 in Großkrotzenburg 90 Menschen Opfer der Hexenprozesse: 69 Frauen und 21 Männer. 81 Namen sind überliefert.[2] Das Naturdenkmal Hexeneiche zwischen Großkrotzenburg und Kahl am Main wurde am 7. August 1970 durch einen Blitzeinschlag beschädigt; die schon im Dreißigjährigen Krieg nachgewiesene Eiche musste am 8. Juni 1971 gefällt werden. Eine neu angepflanzte Eiche und ein Gedenkstein erinnern an die Hexenverfolgungen. Informationen gibt es im Heimatmuseum Großkrotzenburg.
In historischen Dokumenten ist der Ort im Laufe der Jahrhunderte unter wechselnden Ortsnamen belegt: Cruzenburch (1175), Crozenburc (1282), Crocenburg trans Mogum (1292) und Gross Crotzenberg (1602).[3]
Nationalsozialismus
In den Novemberpogromen 1938 wurde auch die Großkrotzenburger Synagoge verwüstet. Alle männlichen Juden wurden verhaftet. Nur wenige der 155 Großkrotzenburger Juden und Jüdinnen überlebten den Holocaust. Stolpersteine erinnern inzwischen an einige der Opfer.[4]
Nach 1945
Großkrotzenburg zählt zu der kleinen Zahl von 31 Kommunen, die im Zuge der Gebietsreform in Hessen nicht verändert wurden. Die Gemeinde besteht nach wie vor aus einer einzigen Ortschaft und einer einzigen Gemarkung, so wie sie historisch gewachsen ist.
Der ehemalige hessische Landtagsabgeordnete Aloys Lenz (CDU) schlug im Jahr 2018 die Eingemeindung von Großkrotzenburg nach Hanau vor und strebt hierfür ein Bürgerbegehren an. Hintergrund ist, dass die Gemeinde seit der weitgehenden Abschaltung des Kraftwerks Staudinger als bei weitem größten Gewerbesteuerzahler hoch verschuldet ist und trotz Steuererhöhungen ein ausgeglichener Haushalt nicht mehr erreicht werden kann. Hinzu kommt, dass Hanau den Status einer kreisfreien Stadt anstrebt und damit aus dem Main-Kinzig-Kreis ausscheiden würde; Großkrotzenburg wäre dann eine Exklave des Main-Kinzig-Kreises ohne Verbindung zum übrigen Kreisgebiet.[5] 2020 wurde die Durchführung eines entsprechenden Bürgerentscheids vom Gemeinderat abgelehnt.[6]
Nach der hessischen Kommunalverfassung wird der Bürgermeister für eine sechsjährige Amtszeit gewählt, seit dem Jahr 1993 in einer Direktwahl, und ist Vorsitzender des Gemeindevorstands, dem in der Gemeinde Großkrotzenburg neben dem Bürgermeister ehrenamtlich ein Erster Beigeordneter und acht weitere Beigeordnete angehören.[11] Bürgermeisterin ist seit dem 1. Juli 2022 Theresa Neumann (CDU).[12] Sie setzte sich am 20. März 2022 in einer Stichwahl, die der Amtsinhaber Thorsten Bauroth verfehlte, bei 42,08 Prozent Wahlbeteiligung mit 57,04 Prozent der Stimmen durch.[13]
Das Wappen besteht aus zwei gekreuzten goldenen Schlüsseln vor einer roten Burgmauer auf weißem Grund. Die Schlüssel sind Symbol für die beiden Diözesen Fulda und Mainz, denen Großkrotzenburg im Laufe der Jahre zugehörig war. Die rote Mauer steht für die römische Vergangenheit als Kastell.
Am 19. Mai 1950 wurde der Gemeinde durch das Hessische Staatsministerium das Recht zur Führung eines Wappens verliehen.[15]
Flagge
Am 18. Juni 1951 wurde der Gemeinde durch das Hessische Staatsministerium das Recht zur Führung einer Flagge verliehen.[16]
Diese zeigt das Gemeindewappen auf rot-weißem Flaggentuch.
Als Sehenswürdigkeit ist vor allem der erhaltene Teil des Römerkastells zu erwähnen, welcher seit dem Sommer 2005 zum UNESCO-Welterbe gehört.
Er besteht aus einem Eckturm, der als ältestes oberirdisches römisches Bauwerk diesseits des Rheins gilt, und einem Teil der Mauer des Kastells, das sich direkt an den Turm anschließt. Außerdem wurden am und im Main Reste einer Römerbrücke gefunden, auf die auch ein kleines Modell dieser Brücke am Mainufer hinweist. Die Umrisse der damaligen Eingangstore zum Kastell sind auf der Kirchstraße mit Pflastersteinen dargestellt, damit man sich ein Bild vom Ausmaß der Anlage machen kann.
Katholische Kirche
Die römisch-katholische Kirche St. Laurentius (Großkrotzenburg) wurde in den Jahren 1826–1828 unter Pfarrer Philipp Kreisler durch den Baumeister Julius Eugen Ruhl in klassizistischem Stil errichtet. Renoviert wurde sie 1997 bis 1998 und zuletzt in den Jahren 2017 und 2018, der Turm im Jahr 2009.[17] Zu den Vorgängerbauten gibt es archäologische Untersuchungen.[18]
Synagoge
Sehenswerte Zeugnisse jüdischen Lebens in Großkrotzenburg sind die 1826 erbaute Synagoge in der Steingasse sowie der außerhalb gelegene jüdische Friedhof.
Strandbad Spessartblick
Zur Gemeinde Großkrotzenburg zählt das Strandbad Spessartblick. Im Sommer kann man sich hier an dem rund 150.000 m² großen Baggersee Freigericht-West (auch Großkrotzenburger See genannt) erholen. An den See grenzt eine große Liegewiese, die zum Sonnen einlädt. Die Wasserqualität des Sees ist zusammen mit der des gegenüber der Bundesstraße 8 auf bayerischer Seite gelegenen Sees Freigericht-Ost die beste der Seen der Kahler Seenplatte. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die unterirdisch miteinander verbundenen Seen aus mehreren natürlichen Quellen gespeist werden. Der See hat seinen Ursprung im Braunkohletagebau, der bis in die 1920er Jahre in diesem Gebiet durchgeführt wurde. Später kam noch der Abbau von Sand und Kies hinzu.
Museen
Das Heimatmuseum (siehe Weblinks) ist Sitz des Heimat- und Geschichtsvereins und versucht, die wechselvolle Geschichte Großkrotzenburgs abzubilden. Es ist in der 1894 erbauten alten Schule untergebracht, die sich neben dem Eckturm des alten Kastells befindet. Eine Ausstellung gedenkt der Hexenprozesse 1628 durch das Erzstift Mainz.
Sport
Großkrotzenburg hat ein Sportstadion, das sich im Besitz des örtlichen Fußballvereins befindet. Zudem gibt es in Großkrotzenburg den Turnverein 1884 e. V., einen Breitensportverein mit eigener Halle in der Kahler Straße, und einen Tennisverein mit mehreren Plätzen in unmittelbarer Nähe zum Main. Ebenso gibt es ein Hallenbad und das Strandbad Spessartblick. Das Strandbad verfügt über eine große Grünanlage mit Volleyballfeldern, Kinderspielplätzen und Liegewiese sowie Sanitäranlagen. Am gleichen See, Freigericht-West, gelegen befinden sich zudem die Örtlichkeiten des Stemm- und Ringvereins, der Wanderfreunde Edelweiß und des Wassersportvereins.
Wirtschaft und Infrastruktur
Das Kraftwerk Staudinger ist für die wirtschaftliche Situation des Ortes von zentraler Bedeutung.
Die Freiwillige Feuerwehr Großkrotzenburg sorgt für den Brandschutz und die allgemeine Hilfe. Der Feuerwehrverein hat derzeit 500 Mitglieder.
Ein Jugendzentrum (JUZ) ist Treffpunkt für Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 25 Jahren. Es befindet sich auf der Rückseite des Bürgerhauses.
Bildung
In Großkrotzenburg gibt es zwei Schulen, die Geschwister-Scholl-(Grund)schule (GSS) und das private Franziskanergymnasium Kreuzburg, das einen überregionalen Einzugsbereich hat. Bis 1967 war es als Gymnasium Afrikanum eine Schule der Weißen Väter, 1967 wurde es von Franziskanern übernommen. Wegen des in den 1920er-Jahren gebauten kreuzförmigen Gebäudekomplexes wird die Schule Kreuzburg genannt.[20]
↑Ilse Werder: Hexenverfolgung im Kurfürstentum Mainz am Rande des Spessarts. Oberrodenbach: Angst und Gewinnsucht. In: Hexenwahn und Teufelswerk. Hanau 2003 (web.archive.org [abgerufen am 3. November 2021] Archiv Frauenleben im Main-Kinzig-Kreis).
↑Verleihung des Rechts zur Führung eines Wappens an die Gemeinde Großkrotzenburg, Landkreis Hanau, Reg.-Bez. Wiesbaden vom 19. Mai 1950. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1950 Nr.21, S.198, Punkt 391 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2MB]).
↑Verleihung des Rechts zur Führung einer Flagge an die Gemeinde Großkrotzenburg, Landkreis Hanau, Reg.-Bez. Wiesbaden vom 18. Juni 1951. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1951 Nr.26, S.350, Punkt 570 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,8MB]).
↑Lucas Mangelmann: Großkrotzenburg. Pfarrkirche St. Laurentius. In: Kirchliche Denkmalpflege im Bistum Fulda – Jahresbericht 2009. (= Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte. 62). 2010, S. 399–414 (408 ff).
↑Peter Jüngling: Archäologische Beobachtungen an der Pfarrkirche St. Laurentius in Großkrotzenburg im Main-Kinzig-Kreis. In: Hanauer Geschichtsverein 1844 e. V. (Hg.): Beiträge zur Archäologie und Geschichte im Hanauer Raum = Hanauer Schriften zur Archäologie und Geschichte 6. Hanauer Geschichtsverein 1844 e. V., Hanau 2020, S. 11–20.