Graue SchmiereDas Graue-Schmiere-Szenario (engl. Gray Goo) ist ein hypothetisches Weltuntergangsszenario, das durch außer Kontrolle geratene „Assembler“, ein Typ von Nanorobotern, herbeigeführt wird. Dabei brauchen die selbstreplizierenden Assembler den Großteil wichtiger Elemente auf der Erdoberfläche auf, um immer mehr Kopien von sich selbst zu erstellen, was Flora und Fauna zerstört.[1][2] Dieses Szenario wird auch Ökophagie („Auffressen der Umwelt“) genannt.[3] Die ursprüngliche Annahme war, dass die Maschinen bereits mit der Eigenschaft, sich selbst zu replizieren, entwickelt werden, während die Gesellschaft davon ausgeht, dass die Maschinen diese Fähigkeit durch irgendwelche Umstände selbst erlangen könnten. Die Fiktion größerer selbstreplizierender Maschinen wurde ursprünglich vom Mathematiker John von Neumann beschrieben. Ein Beispiel für eine solche, auf der Idee des selbstreproduzierenden Automaten beruhende Fiktion ist die Von-Neumann-Sonde. Der Ausdruck Graue Schmiere bzw. engl. gray goo wurde vom Nanotechnologie-Vordenker Eric Drexler in seinem 1986 erschienenen Buch Engines of Creation eingeführt.[4] 2004 sagte Drexler: „Ich wünschte, ich hätte den Begriff ‚gray goo‘ nie benutzt.“[5] DefinitionDie Bezeichnung wurde zuerst vom Nanotechnologie-Vordenker Eric Drexler in seinem Buch Engines of Creation (1986) verwendet. In Kapitel 4, Engines Of Abundance (Maschinen des Überflusses), beschreibt Drexler das exponentielle Wachstum und die damit verbundenen Einschränkungen von Nanomaschinen, die sich nur unter Zugabe spezieller Rohstoffe replizieren können:
Drexler beschreibt die Graue Schmiere in Engines Of Creation Kapitel 11:
Drexler bemerkt, dass das geometrische Wachstum, das durch Selbstreplikation möglich ist, grundsätzlich durch die Verfügbarkeit geeigneter Rohstoffe begrenzt ist. Drexler benutzt den Ausdruck „Graue Schmiere“ nicht, um Farbe oder Beschaffenheit zu beschreiben, sondern um den Unterschied zwischen „Überlegenheit“ im Sinne menschlicher Werte und „Überlegenheit“ im Sinne wettbewerblichen Triumphs darzustellen:
Risiken und SchutzmaßnahmenDrexler meinte, dass es nicht nötig sei, etwas zu entwickeln, das einem potentiellen Replikator-Ausreißer auch nur ähnelt. Damit wären die Probleme von vornherein vermieden. In einem Artikel des Journals Nanotechnology argumentiert er, dass selbstreplizierende Maschinen unnötig komplex und ineffizient wären. In seinem 1992 erschienenen Buch über fortschrittliche Nanotechnologien, Nanosystems: Molecular Machinery, Manufacturing, and Computation,[6] beschreibt er schreibtischgroße Fertigungssysteme mit speziellen Werkzeugen, die die Herstellung winziger nanomechanischer Komponenten, Geräte und Systeme ermöglichen und die bisherige industrielle Fertigung mittels Miniaturisierung revolutionieren werden. So könne nicht verhindert werden, dass jemand derartige selbstreplizierende Assembler herstellt und als Waffe einsetzt, sollte dies möglich werden. In Großbritannien forderte Prinz Charles die Royal Society auf, die „enormen ökologischen und sozialen Risiken“ der Nanotechnologie zu untersuchen, was zu großem Medienecho führte. Der Royal-Society-Bericht über Nanoscience wurde am 29. Juli 2004 veröffentlicht. Darin wurde festgehalten, dass solche selbstreplizierenden Maschinen zu weit in der Zukunft lägen, um für Regulatoren von Belang zu sein.[7] Im Bestreben, die Diskussion um die „Graue Schmiere“ auf aktuellere und realistischere missbräuchliche Anwendungen wie Nano-Terrorismus zu lenken, hat Drexler seiner Aussage aus den 80er Jahren öffentlich den Rücken gekehrt.[8] Im Artikel Safe Exponential Manufacturing von Chris Phoenix und Eric Drexler, der im Jahr 2004 in einer Ausgabe von Nanotechnology veröffentlicht wurde, wurde vorgeschlagen, dass die Herstellung von Fertigungssystemen mit der Fähigkeit, sich mit Hilfe der eigenen Energiequellen selbst zu replizieren, nicht notwendig wären.[9] Das Foresight Institute empfahl, Kontrollmechanismen in derartige Molekularmaschinen zu integrieren, um die missbräuchliche Verwendung, und damit das Graue-Schmiere-Szenario, zu verhindern.[10] EinschränkungenGraue-Schmiere-Nanobots benötigen eine Energiequelle, damit sie sich replizieren können. Aus Effizienzgründen würde die Energie wahrscheinlich durch Oxidation und andere chemische Reaktionen mit organischer Materie erzeugt werden – ein Prozess, der bei organischem Leben als Verdauung bekannt ist – und nicht von einer externen Energiequelle. In einem Graue-Schmiere-Szenario ist die Replikation selbstbegrenzend. Je mehr organisches Material von der grauen Schmiere verbraucht wird, desto weniger bleibt für die weitere Replikation übrig. Nach Verbrauch der lokal verfügbaren Energie würde sich die graue Schmiere daher langsamer ausbreiten oder die Ausbreitung ganz beenden. Manche Organismen könnten sich als resistenter gegen die graue Schmiere erweisen als andere. So würde die natürliche Selektion das Fortbestehen und die Stärkung der phänotypischen Widerstandsmerkmale des „stärkeren“ Organismus bedeuten. Könnten sich die Graue-Schmiere-Nanobots auch im Zuge der Replikation weiterentwickeln, könnten sie die Fähigkeit erlangen, sich gegenseitig zu „verzehren“, um damit eine neue Energiequelle für die Replikation zu erhalten. Im weiteren Verlauf könnten Einzelne eine Widerstandsfähigkeit gegen das Verzehrtwerden entwickeln. Durch diesen Evolutionsdruck wären Artbildung, Wettkampf zwischen den Arten und Spezialisierungen möglich, um sich ökologischen Nischen anzupassen. Dennoch sind derart konstruierte molekulare Maschinen, wie Drexler sie vorschlug, fundamental simpler und weniger empfänglich, sich weiterzuentwickeln, als biologische Systeme.[11] Mediale Verarbeitung
Siehe auchLiteratur
Weblinks
Einzelnachweise
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