Zuckermann fordert, dass die in der Sprachwissenschaft seiner Ansicht nach längst überholte Stammbaumtheorie nicht mehr auf das Hebräische angewendet werden solle. Denn die im 19. Jahrhundert entwickelte Theorie wird weiterhin als gängiges Erklärungsmuster für das moderne Hebräisch – auch in deutschen Hörsälen – verwendet. Die von August Schleicher (1821–1868) naturwissenschaftlich angelegte Stammbaumtheorie geht davon aus, dass Sprachen immer nur eine Herkunft haben: Englisch ist eine germanische Sprache, Französisch eine romanische Sprache und Hebräisch eine semitische Sprache. Die Theorie steht damit in der Tradition der europäischen Nationalbewegungen des 19. Jahrhunderts.
Für Zuckermann, der momentan die Aborigines bei der Erhaltung ihrer indigenen Sprachen unterstützt,[2][3][4] steht jedoch fest, dass das moderne Hebräisch durch seine Wiederbelebung im Zuge der jüdischen Aufklärung und Nationalbewegung (dem Zionismus) im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts andere Einflüsse erfahren hat als Sprachen, die eine durchgängige, zeitlich nicht unterbrochene Sprechergemeinschaft haben. Denn historisch betrachtet wurde das Hebräische nur bis ins zweite Jahrhundert n. Chr. gesprochen. Für fast 1.800 Jahre sei die hebräische Sprache ausschließlich für rituell-liturgische Zwecke und in schriftlicher Form genutzt worden, sie war niemandes Muttersprache mehr, so Zuckermann.
Zuckermann weist darauf hin, dass gerade die Wiederbelebung des Hebräischen als gesprochene Sprache durch Jiddisch-Muttersprachler einen besonders starken Einfluss auf das Moderne Hebräisch gehabt habe. Auch der 1858 im weißrussischen Luzhki geborene Ben-Yehuda hatte Jiddisch zur Muttersprache. Trotz der jahrzehntelangen Bemühungen, das moderne Hebräisch in Grammatik und Betonung so «semitisch» wie möglich zu gestalten, konnte er den Einzug indoeuropäischer Spracheinflüsse nicht verhindern. Folglich sind noch heute jiddische, deutsche oder polnische Begriffe feste Bestandteile des Iwrit in Israel: vom jiddischen «Boidem» (Dachboden), über das deutsche «Kugellager» bis hin zum polnischen «kombina» (Klüngel, Korruption). Zuckermanns Fazit lautet deshalb: das «Israelische» – so bezeichnet er das Moderne Hebräisch Israels – basiert auf biblisch-mischnaischem Hebräisch und dem Jiddischen, es ist somit eine «semitischeuropäische» Sprache.[5]
Sein Spezialgebiet ist die Erforschung von Barngarla, einer fast vergessenen Sprache australischer Ureinwohner.[1]
„Phono-Semantische Abgleichung“, Semantik im Lexikon, Stefan Langer und Daniel Schnorbusch (eds), Gunter Narr, Tübingen, Seiten 223–267, 2005.
Language Contact and Globalisation: The Camouflaged Influence of English on the World’s Languages – with special attention to Israeli (sic) and Mandarin, Cambridge Review of International Affairs 16 (2), Seiten 287–307, 2003[7].
Cultural Hybridity: Multisourced Neologization in 'Reinvented' Languages and in Languages with 'Phono-Logographic' Script, Languages in Contrast 4 (2), Seiten 281–318, 2004.[8]
A New Vision for 'Israeli Hebrew': Theoretical and Practical Implications of Analysing Israel's Main Language as a Semi-Engineered Semito-European Hybrid Language, Journal of Modern Jewish Studies 5 (1), Seiten 57–71, 2006[9].
Complement Clause Types in Israeli, Complementation: A Cross-Linguistic Typology, R. M. W. Dixon und A. Y. Aikhenvald (eds), Oxford University Press, Oxford, Seiten 72–92, 2006.[10]
'Etymythological Othering' and the Power of 'Lexical Engineering' in Judaism, Islam and Christianity. A Socio-Philo(sopho)logical Perspective, Explorations in the Sociology of Language and Religion, Tope Omoniyi und Joshua A. Fishman (eds), Amsterdam: John Benjamins, Seiten 237–258, 2006.[11]
Icelandic: Phonosemantic Matching, Globally Speaking: Motives for Adopting English Vocabulary in Other Languages, Judith Rosenhouse und Rotem Kowner (eds), Multilingual Matters Clevedon-Buffalo-Toronto, Seiten 19–43, 2008. (Sapir, Yair und Zuckermann, Ghil'ad)[12]
Stop, Revive, Survive: Lessons from the Hebrew Revival Applicable to the Reclamation, Maintenance and Empowerment of Aboriginal Languages and Cultures], Australian Journal of Linguistics 31 (1), Seiten 111–127, 2011. (Zuckermann, Ghil'ad und Walsh, Michael)[13]
↑Ghil'ad Zuckermann, Giovanni Quer, Shiori Shakuto: Native Tongue Title: Proposed Compensation for the Loss of Aboriginal Languages. In: Australian Aboriginal Studies. 2014/1. Jahrgang, 2014, S.55–71 (professorzuckermann.com).
↑Ghil'ad Zuckermann, Michael Walsh: “Our Ancestors Are Happy!”: Revivalistics in the Service of Indigenous Wellbeing. In: Foundation for Endangered Languages. XVIII. Jahrgang, 2014, S.113–119 (professorzuckermann.com).