Gerhard Ziegler (Architekt)Gerhard Ziegler (* 27. Februar 1902 in Zwiefalten; † 15. April 1967 in Tübingen) war ein deutscher Architekt und Raumplaner, der im Nationalsozialismus mit Landesplanung für einen Bezirk in Ostpreußen, im Sudetengau und ab 1940 auch innerhalb des neu gebildeten Gaues Oberschlesien einschließlich des Interessengebiets des KZ Auschwitz befasst war. Nach 1945 wirkte er u. a. als Lehrbeauftragter für Landesplanung an der Technischen Hochschule Stuttgart und leitete von 1962 bis 1966 die Landesplanungsstelle beim Innenministerium von Baden-Württemberg. Ausbildung in Stuttgart und frühe Erfolge als Architekt in den USA1920 legte Gerhard Ziegler seine Reifeprüfung in Heilbronn ab. Zur selben Zeit wurde er Mitglied des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes. Als 19-Jähriger begann Gerhard Ziegler ein Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Stuttgart und an der Universität Danzig (1921–1926). In Stuttgart studierte er vor allem bei Paul Bonatz und Paul Schmitthenner, zwei ausgewiesene Vertreter der „Stuttgarter Schule“ der Architektur. 1926 schloss Ziegler sein Studium als Dipl.-Ing. in Danzig ab. In den Jahren zuvor (ab 1924) hatte er nach eigenen Angaben bereits als Architekt und Regierungsbauführer im Staatlichen Hochbauamt in Danzig, danach in Hamburg gearbeitet. An der Elbe beteiligte er sich u. a. am Wettbewerb für den Entwurf zum Völkerbundpalast in Genf. An diese Tätigkeiten schloss Ziegler ein weiteres Studium an: von Mai 1928 bis Juli 1931 hielt er sich in den USA auf; er studierte englische Sprache, Architektur und Volkswirtschaft (1928–1929) an der Columbia-Universität in New York. Das Studium finanzierte er sich nach eigenen Angaben durch Tätigkeiten als Bauarbeiter, Zeichner und Architekt in New York. Gemeinsam mit Professor A. Lawrence Kocher entwarf Ziegler Typenentwürfe für 50-geschossige Wohnhäuser, sogenannte „Sunlight Towers“ (s. Weblinks unten). Auch habe er als Dozent an der Columbia-Universität gearbeitet. In Los Angeles baute er den Prototyp eines Siedlungshauses.[1] Erste Berufserfahrung in der deutschen Landesplanung (Königsberg und Gumbinnen)Nach einer sich an den USA-Aufenthalt anschließenden Asien- und Russlandreise kehrte Ziegler im Herbst 1931 wieder nach Deutschland zurück. Nach überstandener schwerer Krankheit gründete er ein Architekturbüro. Er folgte aber dennoch im Oktober 1934 einem Studienfreund, dem Raumplaner Ewald Liedecke[2] nach Königsberg, um dort als Angestellter der Landesplanungsstelle beim Oberpräsidenten am „Ostpreußenplan“ mitzuarbeiten (bis 1935). Parallel dazu nahm er sein Studium der Volkswirtschaft wieder auf (Universität Königsberg, 1934/35). 1936 trat Ziegler der Deutschen Akademie für Städtebau, Reichs- und Landesplanung (DASRL) als Mitglied bei. Die DASRL führte seit 1934 der Architekt und Stadtplaner Reinhold Niemeyer, der schon ab 1927 der Leiter der Landesplanung der Provinz Oberschlesien gewesen war. Noch im Jahr 1935 war Ziegler Leiter der Bezirksplanungsstelle bei der Regierung Gumbinnen (1935–1937) geworden. Die Landesplanungsgemeinschaften wie die angeschlossenen Bezirksplanungstellen wurden bald nach der Gründung der Reichsstelle für Raumordnung (RfR) dieser zugeordnet. In dieser Zeit entwickelte Ziegler den Vorläufigen Raumordnungsplan für den Regierungsbezirk Gumbinnen/Ostpr. (1937). Auch wurde eine Kriegsopferverband-Siedlung nach seinem Entwurf in Tilsit gebaut. Ziegler wechselte danach von diesen Tätigkeiten zur Zentrale der RfR nach Berlin und arbeitete in der Reichsstelle von 1937 an als Referent. Im gleichen Jahr trat er in die NSDAP ein.[1] Landesplaner in Reichenberg, Breslau und KattowitzMit dem Frühjahr des Jahres 1938 wurde Ziegler von der RfR nach Reichenberg (Liberec) in das annektierte Gebiet des Sudetengaues versetzt. Dort befasste sich Ziegler u. a. mit der Zusammenarbeit der Planer nicht nur des Sudetengaus, sondern auch mit der Koordination der Planung für das Protektorat Böhmen und Mähren. So organisierte er eine Planer-Tagung in Prag, die diesem Ziel diente.[3] Noch im August 1940 war Ziegler als Landesplaner in Breslau tätig.[4] Zieglers weiteren Weg in die Ostraumplanung hat der Berliner Historiker Wolfgang Hofmann im Rahmen einer Studie zur Geschichte der deutschen Raumplanung beschrieben:
Die Landesplaner, die die RfR in die „eingegliederten Ostgebiete“ entsandte hießen also: Gerhard Ziegler (Sitz: Kattowitz, Oberschlesien), Ewald Liedecke (Sitz: Danzig, Danzig-Westpreußen), Wilhelm Richert (Sitz: Posen, Wartheland), Guido Görres (Ostpreußen).[7] Der Ökonom Hansjulius Schepers (Sitz: Krakau, Generalgouvernement) und der Kartograf Werner Witt (Sitz: Stettin, Pommern) wurden ebenfalls als Landesplaner und „Generalreferenten für Raumordnung“ eingesetzt. Zieglers landesplanerische Tätigkeiten vor dem Hintergrund des Vernichtungslagers AuschwitzDer Bau-Historiker Niels Gutschow berichtete über mehrfache Kontakte Zieglers im Rahmen seiner Tätigkeiten in Oberschlesien mit dem Lagerkommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz, Rudolf Höß. Es kam auch auf dem Gelände des entstehenden Konzentrationslagers zu Treffen zwischen Höß und Ziegler. Die Stadt Oświęcim (Auschwitz) sollte wegen der aufzubauenden Industrieanlagen der I.G. Farben zukünftig deutlich wachsen. Für die Stadt entstand eine „Raumordnungsskizze“, die von dem Architekten Hans Stosberg bis März 1941 erarbeitet wurde und die „von Landesplaner Ziegler möglicherweise erst im Februar in Auftrag gegeben worden (war), um die Flächenansprüche des Konzentrationslagers, der I.G. Farbenindustrie und einer zukünftigen Stadt zu koordinieren.“[8] An diesen Planungen waren auch Ulrich Greifelt (als Vertreter des RKF), Udo Froese, einige lokale Architekten und Rudolf Höß beteiligt. Nach Niels Gutschow konnte die Raumordnungsskizze für Auschwitz „bei Kriegsende von Ziegler 'gerettet' und später dem Bundesarchiv in Koblenz übergeben werden.“[8] Unter Architekturhistorikern werden die von Ziegler genehmigten Arbeiten heute als Tiefpunkt der deutschen Architekturgeschichte gewertet.[9] Dass Zieglers Aufgaben in Oberschlesien als bedeutend eingeschätzt wurden, belegt auch eine Aussage von Gauleiter Fritz Bracht, der Ziegler nicht an die Wehrmacht zum Kriegsdienst abgeben wollte:
Noch 1944 legte Ziegler den Entwicklungsplan für Oberschlesien vor.[11][12] Im Januar 1945 wurde die Verwaltung von Oberschlesien in den Ort Neisse (Nysa) verlegt. Doch kurz darauf kam Ziegler in Kriegsgefangenschaft, aus der er aber in den Schwarzwald fliehen konnte (Frühsommer 1945).[13] Eine deutsche Karriere im 20. JahrhundertNoch im Juli 1945 nahm Ziegler Kontakt mit der Württembergischen Verwaltung auf und wurde mit Planungen u. a. für den Wiederaufbau von Heilbronn betraut.[14] Ab dem Januar 1946 arbeitete er offiziell in Tübingen für das neu gebildete Innenministerium Württemberg-Hohenzollern (1946–1952; als „Abteilungsleiter für Baustoffverteilung, Wiederaufbau, Raumordnung und Landesplanung“). Im gegen ihn gerichteten Spruchkammerverfahren wurde er im Juli 1948 als „Mitläufer“ eingestuft. Von Tübingen aus war Ziegler u. a. mit dem Wiederaufbau von Freudenstadt befasst. Zur gleichen Zeit arbeitete der ebenfalls aus der RfR kommende Raumplaner Gerhard Isenberg in der Planungsabteilung des Innenministerium von Württemberg-Hohenzollern (ab 1946). Ziegler wurde 1950 verbeamtet und „bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand am 23. Mai 1966 zum Ministerialrat und Ministerialdirigenten befördert.“[15] Ähnliche Karrierewege in der Raumplanung hatten nach 1945 auch Gerhard Isenberg und Gottfried Müller. 1952 wurde Ziegler gemeinsam mit Josef Umlauf in die Unterkommission I (Planung und Bodenverkehr) zur Vorbereitung eines Baugesetzes vom Bundesministerium für Wohnungsbau und den Bauministerien der Länder berufen. Beide saßen dort in Vertretung der Arbeitsgemeinschaft der Landesplaner.[16] In den 1950er und frühen 1960er Jahren befasste Ziegler sich hauptsächlich mit Gebietsentwicklungsplänen für das Bodenseegebiet, das Odenwaldgebiet, das südliche Oberrheingebiet und das Oberland (1952–1964). Ab dem Jahr 1957 war Gerhard Ziegler Lehrbeauftragter für Landesplanung an der TH Stuttgart, ab 1964 in der Position eines Honorar-Professors. In den letzten Jahren seiner beruflichen Karriere arbeitete Gerhard Ziegler als Leiter der Landesplanungsstelle beim Innenministerium von Baden-Württemberg (1962–1966). In dieser Funktion arbeitete er am Landesentwicklungsplan für Baden-Württemberg (1965). Die Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) nahm Ziegler bereits 1953 als Mitglied der ersten Generation der „ordentlichen Mitglieder“ auf. Innerhalb der ARL gehörte er dem Kuratorium (1961–1966), dem Wissenschaftlichen Rat (1966–1967), der Wissenschaftlichen Plenarsitzung und dem Redaktionsausschuss der Zeitschrift „Raumforschung und Raumordnung“ an.[11] Ehrenämter und Auszeichnungen
Schriften (Auswahl)
Literatur
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
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