Gerhard Stengel wurde am Brühl in Leipzig geboren. Nach seiner Schulzeit erlernte er das Handwerk des Dekorationsmalers von 1929 bis 1933. Wegen antifaschistischer Aktivitäten wurde Gerhard Stengel gemeinsam mit zwei seiner Brüder und dem Vater 1934 inhaftiert. Nach der Gesellenprüfung absolvierte er die Werkmeisterschule für Malen an der Technischen Lehranstalt in Leipzig, die er 1936 als Meister abschloss. Reichsarbeitsdienst, Wehr- und Kriegsdienst unterbrachen seine weitere künstlerische Ausbildung. Durch einen Unfall wurde Gerhard Stengel 1940 als wehruntauglich zum Studium beurlaubt.
Bereits seit 1946 lebte Gerhard Stengel wieder in Leipzig und unterrichtete bis 1952 als Fachlehrer für Kunsterziehung, Kunstgeschichte und Zeichnen am Gymnasium der Leibnizschule. Dort gründete er eine Klasse mit musischem Profil.
1952 erhielt Stengel eine Berufung an die Arbeiter- und Bauernfakultät der Hochschule für Bildende Künste in Dresden, für ein Jahr als Aspirant und später als Dozent für Zeichnen. Mit dem Aufbau von Werkstätten für Wandmalerei, Technologie, Gestaltungs- und Farblehre für Malerei begann 1967 ein neuer Abschnitt in Gerhard Stengels Lehrtätigkeit an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. 1969 erfolgte die Ernennung zum Professor. Neben zahlreichen freiberuflichen Aktivitäten als Maler und Grafiker behielt er diese Position an der HfBK inne bis zu seiner Emeritierung 1980.
Bis zu seinem Tod 2001 arbeitete Gerhard Stengel weiterhin als Maler und Grafiker in Dresden. Er hatte in der DDR eine bedeutende Zahl von Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, u. a. von 1958 bis 1973 an der Vierten bis VII. Deutschen Kunstausstellung in Dresden. Stengel verstarb 2001 in Dresden und wurde auf dem Loschwitzer Friedhof beigesetzt.
Werk
Gerhard Stengel hat in der Tafelmalerei und im Aquarell sein Hauptaugenmerk auf das Bildnis und die Landschaftsmalerei, gleichwohl der heimischen, wie der exotischen und der urbanen Landschaft gelegt. Infolge seiner zahlreichen Studienreisen dominiert die skizzenhafte Erfassung unmittelbarer Eindrücke in Feder-, Kreide- und Filzstiftzeichnungen. Sie sind in einem umfangreichen Lithografiewerk manifestiert. Seine Dresdner Aquarelle und Lithografien dokumentieren an markanten Bauten den denkmalpflegerischen Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Stadt.
Skizzen
„Von der Kalligraphie der Linie von Slevogt angeregt, findet Gerhard Stengel seine eigenen Handschrift. Große Variabilität im Ausdruck in den Blättern. Skizzenbücher künden von der Kunst des Augenblicks, aber auch von einem inneren Getriebensein als ständiger Herausforderung wechseln ab mit Ruhemomenten. Insofern tragen die Skizzenbücher in besonderer Weise autobiographische Züge. Zeichnend klärt der Künstler den optischen Eindruck einer fremden Welt, die er sich über das zeichnende Schauen aneignet und wohl auch begreift. Diese Spannweite ist enorm. Beschreibende Linie wie noch 1958 aus den Sibirien-Tagebüchern wandelt sich zu dynamisch bewegten, deutenden Lineatur mit Autonomie.“
– Hans-Ulrich Lehmann, Kustos des Kupferstich-Kabinetts Dresden a. D.[1]
Malerei, Aquarelle
„Als Gerhard Stengel, nach seiner Studienzeit in Leipzig und Wien, nach Dresden kam, konnte er sich, unberührt von der Formalismusdiskussion, in die von Gussmann und Feldbauer, Sterl und Kokoschka in den ersten Dezennien geschaffene Hochschultradition einer expressiven realistischen Malerei einbringen. Neben seiner zunächst farblich zurückhaltenden Ölmalerei fand er im Medium der uralten Wasserfarbenmalerei ein eigens und die Dresdner Malerei bereicherndes Ausdrucksmittel, das ihm eine eindringliche, schwärmerische und einfühlsame Naturdarstellung als Ausdruck seines Diesseitsbezugs im Porträt, in der Landschaft und im Stilleben ermöglichte.“
– Horst Zimmermann, Direktor der Dresdner Gemäldegalerie Neue Meister a. D.[1]
Gerhard Stengel, Dresden – Ahrenshoop – Dresden, Katalog zum 90. Geburtstag von Gerhard Stengel zu Ausstellungen in der Galerie des Regierungspräsidiums in Dresden und der Strandhalle Ostseebad Ahrenshoop mit Texten von Karin Weber (Kunstwissenschaftlerin, Dresden), Horst Zimmermann (Direktor der Dresdner Gemäldegalerie Neue Meister a. D.) und Hans-Ulrich Lehmann (Kupferstichkabinett, Dresden). Nachlassverwaltung G. Stengel, 2005