Gebr. Heinemann

Gebr. Heinemann SE & Co. KG

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Rechtsform Kommanditgesellschaft
Gründung 1879
Sitz Hamburg, Deutschland Deutschland
Leitung Max Heinemann, Raoul Spanger, Inken Callsen, Kai Deneke, Florian Seidel (Geschäftsführung); Claus Heinemann, Gunnar Heinemann (Verwaltungsrat)[1]
Mitarbeiterzahl 9111[2]
Umsatz 3,6 Mrd. Euro[2]
Branche Einzelhandel und Distribution im Reisemarkt
Website www.gebr-heinemann.de
Stand: 31. Dezember 2023
Duty Free Heinemann im Flughafen Bratislava

Gebr. Heinemann SE & Co. KG ist ein in Hamburg ansässiger Groß- und Einzelhändler im internationalen Reisemarkt.

Geschichte

Das Unternehmen Gebr. Heinemann wurde am 1. November 1879 von Heinrich Christian Carl Heinemann und seinem Bruder Carl Friedrich Eduard Heinemann in Hamburg gegründet.[3] Die Brüder begannen mit dem zoll- und steuerbefreiten Großhandel für Tabakwaren und Spirituosen. Der Schwerpunkt lag auf der Belieferung von Schiffsausrüstern und Reedereien.[4][5] Seinen Sitz hatte man in der Hamburger Speicherstadt.[6] 1910 zerstörte ein Großbrand die gesamte im Freihafen eingelagerte Ware.

Im Jahr 1903 trat Heinrich Heinemanns Sohn Otto als Teilhaber dem Unternehmen bei;[7] 1911 stieg Ottos Bruder Richard ebenfalls in das Unternehmen ein. Wegen dessen frühen Todes wurde 1937 Otto Heinemanns Sohn Helmut Nachfolger der Teilhaberschaft.[7]

Im Zweiten Weltkrieg erlebte das Unternehmen einen zweiten Großbrand im Lager, bei dem 1943 der Speicher am Sandtorkai völlig zerstört wurde.[7] Seit den 1950er-Jahren belieferte Gebr. Heinemann auch die neuen Duty-Free-Läden auf Fährschiffen nach Skandinavien mit Tabak- und Süßwaren sowie Spirituosen. 1953 und 1954 folgten die ersten Airline-Kunden (Icelandic Airlines und Deutsche Lufthansa). Durch den Flugtourismus wurden zudem Parfüm und Kosmetik in das Sortiment aufgenommen, später folgten Mode und Accessoires, Süßwaren und Geschenkartikel.[7]

Das erste Duty-free-Geschäft wurde 1958 am Frankfurter Flughafen eröffnet. Betrieben wurde dieses vom Staat, beliefert von Gebr. Heinemann. Am 16. Februar 1962 wurden große Lagerbestände Opfer der Sturmflut.[8] 1967 gründete Horst Heinemann die Tochtergesellschaft „Tabak GmbH“ für Tabakwaren.[9]

Die erste Einzelhandelskonzession für Duty-free an einem Flughafen erhielt das Unternehmen 1969 für den Flughafen Köln/Bonn. Bald folgten weitere Geschäfte.[5] 1978 zog das Lager in die Magdeburger Straße (jetzt Koreastraße) um.[9] 1979 lösten Gunnar und Claus Heinemann ihre Väter ab und führten das Familienunternehmens in vierter Generation fort.[9] Seit 1986 befindet sich die Unternehmenszentrale in am Kaispeicher B in der HafenCity.[6]

Als die EU den zoll- und steuerbefreiten Einkauf für Reisen innerhalb der EU am 1. Juli 1999 abschaffte, nannte das Unternehmen seine Ladengeschäfte in Travel Value um und konnte so seinen Marktanteil in Europa ausbauen.[8] 2003 wurde in Hamburg-Allermöhe ein Logistikzentrum erbaut und in Betrieb genommen. Von hier aus belieferte Gebr. Heinemann seine Kunden sowie eigene Shops an Flughäfen, auf Fähr- und Kreuzfahrtschiffen und an Grenzübergängen. Das Lagergebäude in der Speicherstadt wurde zur Unternehmenszentrale umgebaut.[10][11]

Seit 2008 nennt die Firma einige ihrer selbst betriebenen Shops Heinemann Duty Free & Travel Value. Hierfür erhielten die Ladengeschäfte ein neues Logo über dem Eingang, das 2009 auch an den Geschäften in Frankfurt angebracht wurde. Im selben Jahr erhielten Gunnar und Claus Heinemann den Hamburger „Gründerpreis für das Lebenswerk“.[12] Ebenfalls im Jahr 2009 wurde die Tochtergesellschaft Heinemann Asia Pacific mit Sitz in Singapur gegründet, bei deren Aufbau Max Heinemann beteiligt war, der heute der Geschäftsführung des Unternehmens angehört.[3][13]

Zum 1. Januar 2012 änderte die Firma die Rechtsform von einer KG in eine SE & Co. KG.[14] 2013 gründete Gebr. Heinemann die Tochtergesellschaft Heinemann Americas mit Sitz in Miami zur Erschließung des US-amerikanischen Marktes.[15] 2014 wurde das zweite Logistikzentrum in Erlensee in Betrieb genommen.[11]

Im Jahr 2015 gewann Gebr. Heinemann gemeinsam mit Unifree die Lizenz am Istanbul New Airport, was zu diesem Zeitpunkt den größten Einzelerfolg in der Geschichte des Unternehmens darstellte.[16] Am Amsterdam Airport Schiphol wurde zudem ein Joint-Venture mit Schiphol Airport Retail gegründet.[9] Im selben Jahr wurde das Unternehmen außerdem mit dem Deutschen Handelspreis ausgezeichnet.[17]

2016 gründete Gebr. Heinemann ein weiteres Joint Venture mit Duty Free International (DFI) aus Malaysia, mit dem das Unternehmen den weltweit größten Duty-free-Shop in Sydney[15] sowie den weltweit größten Arrival-Duty-free-Shop in Oslo[18] eröffnete. Im Jahr 2018 wurde Max Heinemann in fünfter Generation Geschäftsführer des Unternehmens.[5]

Durch die Covid-19-Pandemie seit 2020 und die damit einhergehenden Lockdowns reisten deutlich weniger Menschen als zuvor, wodurch weniger Ware in den Flughafengeschäften gekauft wurde. Dadurch erlitt das Unternehmen die zwei schwersten Jahre in seiner Unternehmensgeschichte. 2020 erwirtschaftete es nur noch 33 Prozent des Umsatzes vom Vorjahr.[19][20] Seit 2022 erholt sich das Travel-Retail-Geschäft, durch lange Wartezeiten an den Flughäfen des immer noch nicht vollkommen erholten Reisebetriebes kauften Flughafengäste ca. 20 Prozent mehr als vor der Pandemie, was auch Gebr. Heinemann zugutekam.[3]

Gebr. Heinemann gründete im März 2020 das 100-prozentige Tochterunternehmen Gharage mit dem Ziel, in Start-ups in der Reise- und Einzelhandelsbranche zu investieren.[21]

Im Jahr 2022 ging Gebr. Heinemann das Joint-Venture „Gatezero“ mit der Medienmarke Highsnobiety ein und eröffnete gemeinsam mit ihr ein Geschäft am Flughafen Zürich und am Flughafen Kopenhagen.[22] In Macau eröffnete Gebr. Heinemann auch erstmals ein Geschäft in einem Hotelkomplex.[3]

Unternehmensstruktur

Hauptgeschäftsführer des Familienunternehmens sind seit 2018 Max Heinemann sowie seit 2022 Raoul Spanger.[3] Außerdem gehören Inken Callsen, Kai Deneke und Florian Seidel der Geschäftsführung an.[23][24] Die ehemaligen Geschäftsführer Claus Heinemann und Gunnar Heinemann vertreten die Eigentümerfamilie im Verwaltungsrat.[3][25]

Der Umsatz des Unternehmens lag 2023 bei 3,6 Milliarden Euro. Im selben Jahr beschäftigte das Unternehmen weltweit rund 9000 Mitarbeiter.[2]

Gebr. Heinemann ist als Groß- und Einzelhändler in über 100 Ländern tätig.[26] Das Unternehmen betreibt insgesamt etwa 500 eigene Läden als Einzelhändler an Flughäfen (ca. 340)[27], auf Kreuzfahrtschiffen und an Grenzübergängen.[25] Darüber hinaus beliefert das Unternehmen weltweit Flughäfen, Fluggesellschaften, Kreuzfahrtschiffe, Bordershops, Schiffsausrüster, diplomatische Vertretungen, Military Shops und zollfreie Zonen.[28]

Gebr. Heinemann hat mit seinen Tochtergesellschaften eine regionale Aufstellung in Deutschland, Europa, Mittlerer Osten, Asien (Heinemann Asia Pacifics), Afrika und Nordamerika (Heinemann Americas).[28] Außerdem betreibt das Unternehmen eigene Logistikzentren in Hamburg-Allermöhe und in Erlensee.[28][29][30]

Produkte

Für die von Gebr. Heinemann selbst betriebenen Shops sowieso für Distributionskunden hält das Unternehmen ein Angebot an internationalen Markenartikeln aus den Bereichen Parfüm und Kosmetik, Wein und Spirituosen, Süßwaren, Feinkost, Tabakwaren, Mode und Accessoires, Uhren und Schmuck vor. Über die Hälfte seines Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen mit dem Verkauf von Alkohol, Tabak und Süßwaren. Ein Drittel des Umsatzes machen Parfüm und Kosmetik aus, sowie 10 Prozent Uhren, Schmuck und Mode. Ca. ein Viertel der angebotenen Produkte in den Geschäften sind regional aus dem Umkreis der Flughäfen.[3]

Kontroversen

Wegen Absprachen mit dem Konkurrenten James Richardson über die Lizenz für den Betrieb der Duty-free-Shops am Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv forderte die Schiedskommission der Internationalen Handelskammer das Unternehmen am 19. November 2021 zu Schadensersatz auf. Gebr. Heinemann hatte sich als Joint-Venture mit dem Unternehmen Alfa für die Lizenz beworben, überließ James Richardson nach geheimen Absprachen allerdings das Feld, wofür Gebr. Heinemann ohne Konkurrenzkampf die Lizenz für Sydney erhalten sollte. Somit war Alfa aus dem Rennen.

Ein Gericht in Tel Aviv bestätigte den Schiedsspruch im Sommer 2022.[19]

Auszeichnungen

  • 2009: Hamburger Gründerpreis für das Lebenswerk für Gunnar und Claus Heinemann[12]
  • 2015: Deutscher Handelspreis des Handelsverband Deutschland[17]
  • 2019: „Legends Wings of Help Award“ für Gunnar und Claus Heinemann für ihr globales soziales Engagement des Vereins Luftfahrt ohne Grenzen e.V.[31]

Einzelnachweise

  1. Unternehmensführung. In: gebr-heinemann.de. Abgerufen am 17. Dezember 2024.
  2. a b c Facts and Figures - Annual Report 2023 Gebr. Heinemann. Abgerufen am 17. Dezember 2024 (englisch).
  3. a b c d e f g Michael Scheppe: Max Heinemann und Raoul Spanger: Profiteure im Reisechaos. In: Handelsblatt, Heft 134/2022, S. 44. 14. Juli 2022.
  4. Timo Kotowski: Ohne Flug kaum Kunden. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 98, S. 18. 28. April 2021.
  5. a b c Hanna-Lotte Mikuteit: Der neue Chef von 330 Duty-free-Shops. In: Hamburger Abendblatt, S. 5. 7. September 2019.
  6. a b Lukas Bay: Hanseatische Geschäfte. In: Handelsblatt, Nr. 42, S. 22. 2. März 2015.
  7. a b c d An official report on Gebr. Heinemann for the aviation community. Airports Council International, 2014, abgerufen am 1. September 2022 (englisch).
  8. a b Cornelis Rattmann: Der neue Erfolgskurs der Gebr. Heinemann. Nicht zollfrei, dafür günstig. In: Welt am Sonntag, Jg. 53, Nr. 36. 8. September 2002.
  9. a b c d Historie. In: Gebr. Heinemann. Abgerufen am 1. September 2022 (englisch).
  10. Frank Binder: Traditionsfirma Gebr. Heinemann stärkt Standort mit neuem Logistikzentrum in Allermöhe. In: Die Welt, Nr. 261, S. 37. 8. November 2003.
  11. a b Von Erlensee in die Welt: Heinemann baut zentrales Logistikzentrum. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 142, S. 52. 21. Juni 2012.
  12. a b Hamburger Abendblatt: Die Heinemanns – was Reisende zollfrei kaufen. 14. Oktober 2017, abgerufen am 1. September 2022 (deutsch).
  13. Hermann Olbermann: Russen sind uns lieb. In: Wirtschaftswoche, Nr. 21, S. 65. 23. Mai 2011.
  14. Gebr. Heinemann SE & Co. KG Handelsregisterbekanntmachung. In: Northdata. Abgerufen am 1. September 2022.
  15. a b Lukas Bay: 'Die Russen fehlen uns'. In: Handelsblatt online. 2. März 2015.
  16. Groß, größer, Istanbul. In: Neuss-Grevenbroicher Zeitung, Nr. 252, S. 11. 30. Oktober 2018.
  17. a b Das sind die Gewinner des Deutschen Handelspreises. In: Handelsjournal. 19. November 2015, abgerufen am 1. September 2022.
  18. Die von Bergh GmbH bietet spannende und fundierte Ausbildung mit Zukunft. In: Rhein-Zeitung, S. 15. 9. August 2018.
  19. a b Michael Scheppe, Volker Votsmeier: Gunnar Heinemann: Ärger mit Flughafengeschäften: Gebr. Heinemann wegen illegaler Absprachen verurteilt. In: Handelsblatt. 4. August 2022, abgerufen am 8. August 2022.
  20. Claus Hecking, Martin U. Müller: Shoppen statt warten. In: Spiegel Plus. 9. August 2019.
  21. Germany's vision hub GHARAGE expands to Singapore to back travel and retail start-ups in Asia. In: TechNode Global. 15. März 2023, abgerufen am 3. Mai 2023 (englisch).
  22. Rüdiger Oberschür: Gebr. Heinemann und Highsnobiety starten globalen Roll-out von Gatezero in Kopenhagen. In: FashionNetwork. 12. Mai 2022, abgerufen am 18. Oktober 2022.
  23. Dermot Davitt: Gebr. Heinemann appoints Inken Callsen as Chief Commercial Officer. In: The Moodie Davitt Report. 11. Juli 2023, abgerufen am 17. Dezember 2024 (amerikanisches Englisch).
  24. Travel Retail-Spezialist erweitert die Geschäftsführung: Warum Gebr. Heinemann jetzt zwei CEOs hat. In: TextilWirtschaft. 3. Juni 2022, abgerufen am 6. Oktober 2022.
  25. a b Tim Spark: Max Heinemann: Drastischer Einbruch. In: Handelsblatt, Nr. 163, S. 45. 25. August 2020.
  26. Auf einen Blick. Abgerufen am 17. Dezember 2024.
  27. Henryk Hielscher, Lukas Zdrzalek: "Blick in die Hölle". In: Wirtschaftswoche, Nr. 3, S. 46. 15. Januar 2021.
  28. a b c Konzernabschluss zum Geschäftsjahr 01.01.2021 zum 31.12.2021, veröffentlicht im Bundesanzeiger am 18.01.2023
  29. Bernd Maienschein: Oslo (OSL) erster Flughafen mit AGV-Betrieb. In: Schweizer Maschinenmarkt Online. 1. Januar 2013.
  30. Patricia Döhle: Vetternwirtschaft. In: brand eins online. Abgerufen am 25. Oktober 2022.
  31. Mutavi: Legends Wings of Help Award. In: Luftfahrt ohne Grenzen eV. 23. Juli 2019, abgerufen am 1. September 2022 (deutsch).