Gastrochilus ist eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Orchideen (Orchidaceae). Diese Epiphyten gedeihen entlang der Waldränder an Stämmen oder auf höher gelegenen Ästen in halbschattiger Position in subtropischen bis tropischen GebietenAsiens.
Die Unterschiede in der Form der monopodial wachsenden Sprossachse fallen in dieser Gattung besonders auf.
Blätter
Die Gestalt und die Länge der Laubblätter sind in taxonomischer Hinsicht oft hilfreiche Eigenschaften um die Arten auf Sektions- oder Artebene eingrenzen zu können.
Die Blattspitzen können von völlig zugespitzt bis hin zu einer zweilappigen (engl. bilobate) Form variieren. Die Form der Laubblätter bleibt innerhalb einer Art jedoch unverändert.
Die Arten Gastrochilus calceolaris, Gastrochilus obliquus, Gastrochilus acaulis, Gastrochilus flabelliformis, Gastrochilus hainanensis, Gastrochilus bellinus und Gastrochilus pechei zeigen zweilappige Blattspitzen, wobei die Lappen von unterschiedlicher Größe sind.
Gastrochilus pechei, Gastrochilus linearifolius, Gastrochilus yunnanensis und Gastrochilus formosanus besitzen spitze oder zugespitzte Blattenden.
Bei manchen Arten kann auch die Färbung der Laubblätter ausschlaggebend sein. So sind die Ober- und Unterseiten von Gastrochilus matsuran, Gastrochilus toramanus und Gastrochilus nanus oft rot-violett gepunktet und rötlich entlang der Blattränder bei jungen Blättern. Diese Charakteristika erscheinen jedoch schwer im Gebrauch für die Abgrenzung von Arten innerhalb der Gattung.
Blütenstände und Blüten
Der Blütenstand eines großen Teils der Arten der Gattung Gastrochilus ist durch eine gestauchte Blütenstandsachse gekennzeichnet. Gewöhnlich sind die Blüten in Schirmtrauben (Corymbus) oder in einer nach unten hängenden Dolde angeordnet. Jedoch bilden neben Gastrochilus platycalcaratus aus Burma und dem südlichen Yunnan weitere Arten von den Philippinen und aus Indonesien ganz eindeutig Blütentrauben.
Die zwittrigen Blüten sind zygomorph und dreizählig. Die Blütenhüllblätter sind nicht miteinander verwachsen. Die Lippe ist in ihrem unteren Teil mit der Säule verwachsen. Der Mittelteil ist schüsselförmig – daher auch der Gattungsname Gastrochilus: aus den altgriechisch Wörtern gaster für „Bauch“ und cheilos für „Lippe“. Der vordere Teil der Lippe ist häufig gefranst. Das Staubblatt enthält zwei porate Pollinien.[1]
Verbreitung
Das Verbreitungsgebiet der GattungGastrochilus umfasst einen großen Teil der tropischen und subtropischen KlimazonenAsiens. Es reicht von Garhwal im westlichen Himalayagebirge südwärts über Dekkan in Indien nach Sri Lanka, ostwärts nach Südchina, die Philippinen und nordwärts nach Südjapan, mit dem südlichen Honshū als die nördliche Ausbreitungsgrenze. (Die Verbreitungsgebiete der einzelnen Sektionen sind auf der Karte dargestellt.)
Systematik und Verbreitung
Taxonomie
Die Gattung Gastrochilus wurde 1825 durch den britischen Botaniker David Don auf Basis von Aerides calceolarisSm. in Prodromus Florae Nepalensis, Seite 32[2] aufgestellt.[3][4] Synonyme für GastrochilusD.Don sind: HaraellaKudô, LuisiopsisC.S.Kumar & P.C.S.Kumar.[3][4]
Botanische Geschichte
Bei Lindley 1833 ist Gastrochilus ein Synonym von SaccolabiumBlume. Die folgenden 80 Jahre folgten viele Taxonomen dieser Ansicht. Schlechter reaktivierte 1913 die Gattung Gastrochilus.[5]
Im 20. Jahrhundert wurde die Arten der Gattung Gastrochilus aufgrund ihrer Sprossachse nach Tsi 1996 in drei Sektionen aufgeteilt.
Sektion CaespitosiZ.H.Tsi: Der Stamm der Arten dieser Sektion ist immer kurz, dünn und aufrecht. Als Beispiele seien hier Gastrochilus xuanenensis und Gastrochilus rantabunensis genannt.
Sektion MicrophylliBentham & Hook. f. Die Arten dieser Sektion zeichnen sich durch längliche, dünne, ausgestreckt-wurzelfassende oder hängende, manchmal verzweigte Sprossachse aus. Beispiele sind: Gastrochilus affinis, Gastrochilus pseudodistichus, Gastrochilus formosanus und Gastrochilus saccatus.
Sektion Gastrochilus: Alle Arten besitzen eine relativ dicke Sprossachse unterschiedlicher Länge. Die Sprossachsen von Gastrochilus acutifolius und Gastrochilus yunnanensis sind in der Regel etwa 20 bis 30 Zentimeter lang, wohingegen die von Gastrochilus obliquus, Gastrochilus pechei und Gastrochilus hainanensis immer kurz und nur etwa 1 Zentimeter lang sind.
Innere Systematik
Doch molekulargenetische Daten zeigen, dass die natürliche Verwandtschaft anders ist. Liu et al 2019 gliedern die Gattung Gastrochilus in fünf Sektionen[6], deren neue Sektionen nicht gültig veröffentlicht wurden. Bei Zhang et al 2024 sind es sechs Sektionen:[5]
Sektion Gastrochilus sect. AcinacifoliiQ.Liu & J.Y.Gao ex JunY.Zhang & H.He: Sie enthält 2024 zwölf Arten.[5]
Sektion Gastrochilus sect. BrachycaulesQ.Liu & J.Y.Gao ex JunY.Zhang & H.He: Sie enthält 2024 zehn Arten.[5]
Sektion Gastrochilus sect. CaespitosiZ.H.Tsi: Sie enthält 2024 22 Arten.[5]
Sektion Gastrochilus sect. Gastrochilus: Sie enthält 2024 elf Arten.[5]
Gastrochilus fargesii(Kraenzl.) Schltr.: Sie kommt in den chinesischen Provinzen nördliches Chongqing, westliches Sichuan sowie südöstliches Yunnan vor.[3][7]
Gastrochilus ×hsuehshanensisT.P.Lin & S.K.Yu = Gastrochilus formosanus × Gastrochilus rantabunensis: Sie wurde 2019 aus dem zentralen Taiwan erstbeschrieben.[3]
Gastrochilus pseudodistichus(King & Pantl.) Schltr.:[3] Sie kommt im nordöstlichen Indien, Bhutan, nördlichen Thailand, nördlichen Vietnam und im südöstlichen bis westlichen Yunnan vor.[7]
Gastrochilus sinensisZ.H.Tsi:[3] Sie gedeiht in Höhenlagen von 800 bis 3200 Metern in den chinesischen Provinzen nördliches Fujian, nordöstliches Guizhou, nordwestliches Yunnan sowie nordwestliches Zhejiang.[7]
Gastrochilus xizangensisW.S.Chen, M.Lei & Xi L.Wang: Sie wurde 2022 aus dem südöstlichen Tibet erstbeschrieben.[3]
Gastrochilus xuanenensisZ.H.Tsi:[3] Sie gedeiht in Höhenlagen von 500 bis 700 Metern in den chinesischen Provinzen südwestliches Hubei sowie nordöstliches Guizhou vor.[7]
Gastrochilus yehiiS.I Hsieh, C.T.Lee & J.H.Wu: Sie wurde 2023 aus Taiwan erstbeschrieben.[3]
Gastrochilus yeiJian W.Li & X.H.Jin: Sie wurde 2021 aus Sikkim sowie Yunnan erstbeschrieben.[3]
Gastrochilus yunnanensisSchltr.:[3] Sie kommt in Bangladesch, im nördlichen Thailand, nördlichen Vietnam und im südlichen Yunnan vor.[7]
Folgende intergenerische Hybriden mit Gastrochilus werden bei der Royal Horticultural Society in der Liste der Gattungen mit Angabe der Komponenten gelistet:[8]
A. M. Pridgeon, P. J. Cribb, M. W. Chase, F. N. Rasmussen et al. 2014. Epidendroideae (part three). Volume 6: i–xx, 1–544. In: A. M. Pridgeon, P. J. Cribb, M. W. Chase, F. N. Rasmussen (Hrsg.): Genera Orchidacearum Oxford University Press, Oxford, New York, ISBN 978-0-19-964651-7. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
Qiang Liu, Yu Song, Xiao-Hua Jin, Jiang-Yun Gao: Phylogenetic relationships of Gastrochilus (Orchidaceae) based on nuclear and plastid DNA data. In: Botanical Journal of the Linnean Society, Volume 189, 2019, S. 228–243.
Jun-Yi Zhang, Yue-Hong Cheng, Min Liao, Yu Feng, Sen-Long Jin, Ting-Mei He, Hai He, Bo Xu: A new infrageneric classification of Gastrochilus (Orchidaceae: Epidendroideae) based on molecular and morphological data. In: Plant Diversity, Volume 46, Issue 4, Juli 2024, S. 435–447.
Einzelnachweise
↑
Jim B. Comber: Orchids of Java. Bentham-Moxon Trust, Kew 1990, ISBN 0-947643-21-4, S.339.
↑
David Don: Prodromus Florae Nepalensis, 1825. S. 32. eingescannt.
↑ abGastrochilus bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 16. November 2024.
↑ abcdefghijk
Jun-Yi Zhang, Yue-Hong Cheng, Min Liao, Yu Feng, Sen-Long Jin, Ting-Mei He, Hai He, Bo Xu: A new infrageneric classification of Gastrochilus (Orchidaceae: Epidendroideae) based on molecular and morphological data. In: Plant Diversity, Volume 46, Issue 4, Juli 2024, S. 435–447.
↑
Q. Liu, Y. Song, X.-H. Jin, J. Y. Gao: Phylogenetic relationships of Gastrochilus (Orchidaceae) based on nuclear and plastid DNA data. In: Botanical Journal of the Linnean Society, Volume 189, Issue 3, 2019, S. 228–243. doi:10.1093/botlinnean/boy084