Das Kirchdorf liegt in Hinterpommern, am Südufer des Garder Sees, eines der größten Strandseen in Pommern, etwa 25 Kilometer nordnordöstlich der Kreisstadt Stolp. Der Höhenzug, auf dem das Dorf liegt, gilt als Zwischenendmoräne, die unmittelbar bis an den See heranragt.
Geschichte
Groß Garde ist aus den Dörfern Garde und Kerske (oder Kierske) hervorgegangen. Der westliche Teil des Dorfs hieß Garde, der östliche Kerske. Garde, früher Gardna, ein altes Kirchdorf, wird bereits in einer Urkunde aus dem Jahr 1284 erwähnt, mit der Herzog Mestwin II. die Schenkungen seines Vaters Swantopolk II. für die St.-Stanislaus-Kirche zu Garde bestätigte.
Um 1782 gab es im Kirchdorf Groß Garde einen Prediger, einen Organisten, einige Fischer sowie Handwerker und Tagelöhner. Zusammen mit Kerske hatte die Ortschaft 70 Einwohner, die in 48 Haushaltungen lebten.[2] Die Bewohner waren ursprünglich zum größten Teil evangelische Kaschuben, bzw. Slowinzen. Bis 1827 wurde noch in Kaschubisch gepredigt und unterrichtet, und nur allmählich vollzog sich der Übergang zur deutschen Sprache. Im Jahre 1905 jedoch gab es niemand mehr, der Kaschubisch sprach. Das kleine Fischerdorf war ganz deutsch geworden.
Um 1935 gab es in Groß Garde unter anderem drei Gasthöfe, eine Niederlassung der Spar- und Darlehnskasse, fünf Gemischtwarenläden, eine Molkerei, eine Kalksandsteinfabrik, zwei Viehhandlungen sowie eine Reihe von Handwerksbetrieben und Dienstleistern.[3]
Im Jahre 1925 zählte Groß Garde 1295 Einwohner, die in 243 Wohnhäusern lebten. Die Bevölkerungszahl betrug 1933 noch 1290 und stieg bis 1939 auf 1309.
Gebäude und Orte im Dorf
Dorfkern (2007), aus südwestlicher Richtung gesehen (2007)
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Groß Garde am 9. März 1945 von der Roten Armee besetzt. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurde die Region zusammen mit ganz Hinterpommern seitens der sowjetischen Besatzungsmacht der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Im September 1945 kamen Polen nach Groß Garde und verdrängten die einheimischen Dorfbewohner aus ihren Häusern und Wohnungen. Groß Garde wurde unter der polonisierten Ortsbezeichnung ‚Gardna Wielka‘ verwaltet. Die Dorfbewohner wurden dann von der polnischen Administration in mehreren Etappen, die bis 1947 andauerten, aus Groß Garde vertrieben.
Die neugotische Kirche stammt aus dem 15. Jahrhundert und steht an der Stelle eines älteren Gotteshauses aus dem 13. Jahrhundert. 1282 bis 1290 wird Themo als Pfarrer in Garde genannt.[5] Im 17. Jahrhundert und im Jahre 1842 ist sie umgebaut worden.
Die evangelische Dorfkirche wurde 1945 von der polnischen Administration zugunsten der polnischen katholischen Kirche zwangsenteignet und vom polnischen katholischen Klerus ‚neu geweiht‘.
Seit der Reformation und bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges amtierten in Groß Garde 19 evangelische Geistliche:
Michael Quandt, 1560–1564
Johann Blasänius, seit 1570
Paul Starost, bis 1644
Christoph Vizichius, 1644–1668
Michael Vizichius (Sohn von 4.), 1668–1707
Michael Henning, 1707–1719
David Gulich, 1720–1751
Paul Kaspar Starkow, 1752–1765
Samuel Andreas Kummer, 1766–1808
August Theodor Kummer (Sohn von 9.), 1808–1836
Ernst Johann Heinrich Haefner, 1837–1844
Georg Albrecht Theodor Müller, 1845–1858
Johann Friedrich Reinhold Franz, 1858–1876
Theodor Ernst Wilhelm Uebe, 1877–1887
Johannes Gottlieb Goercke, 1887–1903
Karl Ludwig Samuel Aribert Moehr, 1904–1911
Albert August Hermann Müller, 1911–1921
Siegfried Nobiling, 1921–1928
Wilhelm Kypke, 1929–1945
Verkehr
Gardna Wielka ist über eine Nebenstraße zu erreichen, die bei Lubuczewo (Lüpzow) nördlich von Słupsk von der Woiwodschaftsstraße 203 abzweigt und bis nach Smołdzino führt. Ein Bahnanschluss besteht seit 1945 nicht mehr, seit die Kleinbahnlinie (Stolp–)Gabel (heute polnisch: Komnino)–Schmolsin – mit Halt in Groß Garde – aufgeben werden musste.
Literatur
Groß Garde, Dorf, am Gardeschen See, Kreis Stolp, Provinz Pommern. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Groß Garde (meyersgaz.org).
Ludwig Böttger: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-Bezirks Köslin, Band 2, Heft 1: Kreis Stolp, Saunier, Stettin 1894, S. 11–12 (Google Books).
Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 938, Ziffer 1 und Ziffer 2 (Google Books).
Karl Jost: Garder Chronik, verfasst in den 1930er Jahren
Einzelnachweise
↑Im Jahr 1867 gab es unter den Einwohnern des Kreises Stolp noch 188 Kaschuben in einigen Dörfern in der Nähe der Küstenseen und im Südosten (Groß Rakitt); vergleiche Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 127–128, Ziffer 4 (Google Books).
↑Ludwig Böttger: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-Bezirks Köslin, Band 2, Heft 1: Kreis Stolp, Saunier, Stettin 1894, S. 11–12 (Google Books).
↑Martin Wehrmann: Die Kirchenbücher in Pommern, in: Baltische Studien, Band 42, Stettin 1892, S. 201–280, insbesondere S. 232 (Google Books).