Futura (Schriftart)
Futura ist eine Schriftart und der Prototyp einer Familie von „geometrischen“ oder „konstruierten“ serifenlosen Linear-Antiquas. Sie wurde 1927 von Paul Renner im Umfeld des Neuen Frankfurt entworfen und beeinflusste die Bauhaus-Bewegung. Im Vergleich zu früheren serifenlosen Antiquas sind die Strichstärken sehr gleichmäßig und die Form der Buchstaben ausgesprochen geometrisch, was am deutlichsten in den fast kreisförmigen Rundungen sichtbar wird. Die Rechte an der Futura werden von der „Professor Paul Renner Erben GbR“ mit Sitz in München verwaltet.[1] SchriftDie Minuskeln sind mit deutlichen, elegant wirkenden Oberlängen ausgestattet. So entsprechen sie wie die Majuskeln der Futura dem Prinzip der altrömischen Capitalis monumentalis. Die mit Zirkel und Lineal konstruierten Typen setzen sich aus den geometrischen Grundformen Quadrat, Kreis und Dreieck zusammen. Diese Formen sind jedoch zur besseren Lesbarkeit abgeschwächt – ein am Bauhaus verbreiteter Geometrie-Dogmatismus wurde von Renner nach anfänglichen Versuchen aufgegeben. So sind etwa die Einläufe der Rundung des „a“ in den senkrechten Strich verjüngt, zudem sind die Kreisformen keine geometrischen Kreise. Bemerkenswert ist, dass das „j“ nur aus einem Strich und einem Punkt besteht, so wie „a“ und „b“ aus einem Kreis und einer Linie zusammengesetzt werden. Wegen der raumgreifenden Kreisform (siehe „O“ und „Ö“) und der aufrechten Minuskeln eignet sich die Schriftart weniger für den laufenden Text, sondern vielmehr für Überschriften und zur Auszeichnung von Texten. In den leichteren Schriftschnitten (bis „medium“) formen die zusammenlaufenden Striche der Buchstaben A, M, N, V, W, v, w und der Ziffer 4 scharfe Spitzen, die leicht über die Grundlinie hinausragen. Aus optischen Gründen war dies in den fetteren Schnitten nicht realisierbar, weshalb diese Stellen dort abgeflacht sind. Historisch interessant ist die Tatsache, dass in der ersten Vorstellung dieser Schrift die Buchstaben „a“, „g“, „n“, „m“ und „r“ Formen hatten, die auch heute noch sehr ungewöhnlich wirken (z. B. bestand das „n“ aus einem Quadrat ohne Unterseite). Jedoch schon im ersten Schriftmusterblatt 1927 wurden sie nur noch als Spezialfiguren aufgeführt und im zweiten (1928) überhaupt nicht mehr. Die Schrift entstand während Paul Renners Zeit in Frankfurt und steht in Zusammenhang mit dem Projekt Neues Frankfurt. Renner hatte bereits 1925 der Stadt Entwürfe für Beschilderungen vorgelegt, die umgesetzt wurden.[2] In Frankfurts Nachbarstadt Offenbach wurde die Kabel entworfen. In der DDR wurde hauptsächlich eine ähnliche Schriftart, die Super Grotesk, verwendet. Dies lag daran, dass dort nur die Schriftsätze des VEB Typoart vorhanden und lizenziert waren. Durch den zunehmenden Bedarf digitaler Schriftarten seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert wurde auch die Futura mehrfach digitalisiert. Im Jahr 1995 gestaltete Vladimir Yefimov die Schriftart Futura PT, die durch ParaType Inc. vertrieben wird (Nachfolger der Schriftabteilung von ParaGraph Intl. seit 1998). Futura PT erschien in verschiedenen Schriftschnitten, darunter auch Schmalschriften, und unterstützt das kyrillische Alphabet.[3] Verwendung (Beispiele)Die Futura war eine der populärsten Schriftarten des 20. Jahrhunderts, besonders in den 1950er und 1960er Jahren.[4] Sowohl Volkswagen als auch Ikea verwendeten sie in einer leichten Modifikation für ihr Corporate Design; beide Firmen nutzen jedoch mittlerweile andere Schriften.[5] Die Universität Leipzig und die Technische Universität Bergakademie Freiberg verwenden die Futura nach wie vor als Hausschrift. Mehrere Logos der Parteien im Deutschen Bundestag waren oder sind in der Futura gesetzt.[6] 1941 kamen auch die Nationalsozialisten von der Frakturschrift ab (siehe Antiqua-Fraktur-Streit) und bedienten sich der Futura beispielsweise beim offiziellen Katalog der jährlichen Großen Deutschen Kunstausstellung. Die Deutsche Bundesbank verwendete die Futura von 1990 bis 2001 auf den Banknoten der Deutschen Mark. Der Regisseur Stanley Kubrick war ein Fan dieser Schriftart und verwendet sie in den meisten seiner Filme für den Filmvorspann sowie für die Plakate.[7] Auch die Plakette, die Armstrong und Aldrin bei der ersten Mondlandung 1969 dort hinterlegten und die über die friedliche Absicht ihrer Mission informierte, ist in der Futura gesetzt.[8][9] Wes Anderson verwendete die Futura für seine Filme Die Royal Tenenbaums und Die Tiefseetaucher. Die Deutsche Bundesbahn verwendete bis 1986 eine Variante der Futura, jedoch mit eckigen Punkten, für Bahnhofsschilder und bis heute für Hektometertafeln. Die Ferrovie dello Stato Italiane verwenden Futura fett für Bahnhofsschilder und Futura schmalhalbfett für betriebliche Anschriften der Schienenfahrzeuge. Für die Plakatserie des Films James Bond 007 – Diamantenfieber[10] benutzte man Futura anstatt der im englischen Raum verwendeten Schriftart Folio. Einige spätere Erzeugnisse jedoch, wie auch die heutige DVD/Blu-ray, stützen sich auf Folio.[11] Ab etwa 1973 verwendete das Erste Deutsche Fernsehen die Schrift Futura. Während dieser Zeit war der Titel der tagesschau in schmalfetter Futura gesetzt.[12] Seit 1997 wird stattdessen die Schriftfamilie Thesis eingesetzt. Als Auszeichnungsschrift neben der für den Mengensatz verwendeten Rockwell verwendete Christof Gassner die Futura ab der Mitte der 1980er Jahre als typografisches Standbein für die Zeitschrift ÖKO-TEST-Magazin.[13] Eine kyrillische Variante der Futura wurde auch für die Olympischen Sommerspiele in Moskau 1980 verwendet.[14] In der US-Serie Dr. House wird die Schriftart für den Schriftzug Dr House, bzw. House, M.D., benutzt. Die Stadt Graz benutzt Futura in ihrem Logo und in ihrer gesamten Corporate Identity. Der Verein Deutschland – Land der Ideen verwendet Futura in seinem Logo, auf seiner Website und bei seinen Veranstaltungen. Die deutschsprachige YouTube-Kanal Simplicissimus setzt Futura als Schriftart in seinen Videos ein. Klassifikation der Schrift
RezeptionDas Gutenberg-Museum in Mainz veranstaltete vom 3. November 2016 bis 30. April 2017 eine Sonderausstellung zur Futura und ihrem Erfinder. Gleichzeitig wurde auch ein Ausstellungskatalog herausgegeben, der den Werdegang der Futura beleuchtet.[15][16] Futura-Reihe von Hansjörg MayerDer Typograph und Verleger Hansjörg Mayer publizierte von 1965 bis 1968 in unregelmäßigen Abständen in seinem Verlag Edition Hansjörg Mayer Ausgaben der Futura-Reihe. Jede Ausgabe besteht aus einem Faltblatt im 64×48-cm-Format mit Texten wechselnder Lyriker und Schriftsteller. Die Gestaltung der Texte – stets in Kleinbuchstaben und unter Verwendung von Mayers bevorzugter Schriftart Futura – erfolgte durch Hansjörg Mayer und ist Teil des künstlerischen Werks.[17] Auflage je Ausgabe: 1200.[18]
Literatur
WeblinksCommons: Futura – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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