Friedrich Gilly (Porträt-Herme von Gottfried Schadow)Briefmarke 1972
Friedrich Gilly entstammte einer hugenottischen Familie, die sich 1689 in Preußen niedergelassen hatte. Er war der Sohn des Baumeisters David Gilly und dessen Ehefrau Friederike, geborene Ziegenspeck. Sein Vater nahm ihn früh mit auf seine Dienstreisen und förderte die Begabung seines Sohnes in jeder Hinsicht. Mit 16 Jahren kam Gilly 1788 nach Berlin und erhielt dort in der Klasse für Architektur der Akademie der bildenden Künste eine umfassende Ausbildung.
Im Jahr 1790 begleitete Gilly den Geheimen Oberbaurat Heinrich August Riedel (1748–1810) auf dessen Reise durch Westfalen und Holland. Auf dieser Studienreise befassten sich beide ausführlich mit der Wasserkunst. Im darauf folgenden Jahr war Gilly unter Paul Ludwig Simon am Bau der Berliner Stadtvogtei beteiligt. Eine gemeinsame Reise nach Paris folgte 1793.
Im Jahr 1794 unternahm Gilly zusammen mit seinem Vater eine ausgedehnte Studienreise durch Ost- und Westpreußen. Als Ergebnis dieser Reise kann man die Wiederbelebung des Backsteinbaus in Norddeutschland sehen. Außerdem entdeckte er die Ruine der Marienburg als preußisch-vaterländisches Monument und fertigte Zeichnungen an (teilweise in rekonstruierender Form), die Johann Friedrich Frick von 1799 bis 1803 zusammen mit anderen Marienburg-Darstellungen als Aquatinta-Radierungen veröffentlichte.
Im Jahr 1796 erregte Gilly mit einem Entwurf großes Aufsehen: Mit dem Denkmal für Friedrich den Großen auf der Basis eines dorischen Tempels galt Gilly bei Zeitgenossen als das größte Genie im Baufache. 1798 wurde u. a. Karl Friedrich Schinkel im Alter von 17 Jahren sein Schüler. Im darauf folgenden Jahr wurde Gilly zum Oberhofbauinspektor ernannt. Mit einem königlichen Stipendium versehen, konnte er 1797/98 eine ausgedehnte Studienreise durch Großbritannien, Frankreich, Österreich, Wien und Prag unternehmen. Eine Reise durch Italien war wegen politischer Unruhen unmöglich.
Nach seiner Rückkehr 1798 erhielt Gilly wie sein Vater die Berufung zum Professor an der Bauakademie in Berlin. Dort übernahm er die Fächer Optik und Perspektive. In diese Zeit fällt auch sein Entwurf für ein Nationaltheater in Berlin, das in seiner strengen Wuchtigkeit einen gänzlich neuen Architekturstil ankündigte, der jedoch zunächst keinen Anklang fand. 1799 heiratete er Maria Ulrike „Manon“ Hainchelin (* 13. September 1771 bis † 14. März 1849[1]), eine Tochter des Finanzrats Pierre Jérémie Hainchelin. Ihr gemeinsamer Sohn starb als Säugling bereits 1800.
Im Alter von 28 Jahren starb Friedrich Gilly am 3. August 1800 in Karlsbad an Tuberkulose. Schinkel übernahm die weitere Ausführung seiner laufenden Bauprojekte. Seine Witwe heiratete vier Jahre später seinen Jugendfreund Konrad Levezow.
Werk
Entwürfe (Auswahl)
Denkmal Friedrichs des Großen
Berlin: Denkmal Friedrichs des Großen. 1796.
Berlin: Schauspielhaus am Gendarmenmarkt. 1799.
Berlin: Hundebrücke. 1800.
Berlin: Börse.
Potsdam: Nikolaikirche. 1796.
Entwurf zu einem Eisenhüttenwerk. 1797.
Entwurf zu einer Basilica nach Philibert de l’Orme. 1797.
Entwurf zu einem Landhaus im englischen Geschmack. 1798.
Entwurf zu einem Stadttor. 1799.
Entwurf zu einem Badehaus. 1800.
Ausgeführte Werke
Meierei im Park des Schlosses BellevueDie Alte Münze in Berlin (Abb. Carl Daniel Freydanck, 1840)Nachbildung des Münzfries am Brüstungsband der Neuen Münze Berlin
Das als Ruine erhaltene Mausoleum der Familie von Hoym im Schlosspark von Dyhernfurth (seit 1945 poln. Brzeg Dolny) in Schlesien gilt als das einzige noch existente Bauwerk des Architekten Friedrich Gilly. Das Gebäude bildete mit seiner Errichtung in den Jahren 1800 bis 1802 den Abschluss der dritten und letzten Umbauphase des im Wesentlichen durch Carl Gotthard Langhans gestalteten Dyhernfurther Schlossparks. Der schlichte, aus massiven Sandsteinquadern gefügte dorischeProstylos-Tempel wurde anlässlich des Todes der ältesten Tochter des Grafen Hoym, Antoinette Wilhelmine Gräfin Maltzan, 1799 in Auftrag gegeben und im Jahr 1802 fertiggestellt. Nach seiner Einweihung diente das Mausoleum bis zu seiner Zerstörung im Kriegsjahr 1945 als Begräbnisstätte der Familie von Hoym.
Cord-Friedrich Berghahn: Das Wagnis der Autonomie. Studien zu Karl Philipp Moritz, Wilhelm von Humboldt, Heinrich Gentz, Friedrich Gilly und Ludwig Tieck. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-8253-5988-1.
Michael Bollé, María Ocón Fernández: Die Büchersammlung Friedrich Gillys (1772–1800). Provenienz und Schicksal einer Architektenbibliothek im theoretischen Kontext des 18. Jahrhunderts. Gebr. Mann, Berlin 2019, ISBN 978-3-7861-2791-8.
Sabine Bock: Gilly, Friedrich (1772–1800). In: Dirk Alvermann, Nils Jörn (Hrsg.): Biographisches Lexikon für Pommern. Bd. 1. Böhlau Verlag, Köln / Weimar / Wien 2013, ISBN 978-3-412-20936-0 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern. Reihe V, Band 48,1), S. 100f.
Friedrich Gilly, Friedrich Frick: Schloss Marienburg in Preussen. In Lieferungen erschienen 1799–1803. Das Ansichtenwerk neu herausgegeben von Wilhelm Salewski. Galtgarben Verlag, Düsseldorf 1965.
Friedrich Gilly 1772–1800 und die Privatgesellschaft junger Architekten. Hrsg. Rolf Bothe, Berlin Museum, 21. September bis 4. November 1984 (Ausstellungskatalog), Koordination Brigitte Schütz, Verlag Willmuth Arenhövel, Berlin 1984, ISBN 3-299-21208-7.
Otto Holtze: Friedrich Gilly. In: Pommersche Lebensbilder. Band 3: Pommern des 18., 19. und 20. Jahrhunderts. Saunier, Stettin 1939, S. 204–215.
Konrad Levezow: Denkschrift auf Friedrich Gilly, königlichen Architecten und Professor der Academie der Baukunst zu Berlin. Verlag der Realschulbuchhandlung, Berlin 1801.
Arthur Moeller van den Bruck: Gilly. In: Arthur Moeller van den Bruck: Der preussische Stil. Piper, München 1916, S. 109–129.
Fritz Neumeyer (Hrsg.): Friedrich Gilly. Essays zur Architektur, 1796–1799. = Gilly, Essays. Ernst & Sohn, Berlin 1997, ISBN 3-433-02652-1.
Alste Oncken: Friedrich Gilly. 1772–1800 (= Forschungen zur deutschen Kunstgeschichte, Band 5, ZDB-ID 573060-0 = Jahresgabe des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft, 1935). Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, Berlin 1935 (korrigierter, im Wesentlichen aber unveränderter Nachdruck (= Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Beiheft 7). Gebr. Mann, Berlin 1981, ISBN 3-7861-1315-7).
Hella Reelfs: Friedrich und David Gilly in neuer Sicht. In: Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin. Sitzungsberichte. NF, Band 28/29, 1979/1981, S. 18–23, ZDB-ID 204492-4.
Alfred Rietdorf: Gilly. Wiedergeburt der Architektur. Hans von Hugo, Berlin 1940.
Gerd-Helge Vogel (Hrsg.): Friedrich Gilly 1772–1800. Innovation und Tradition klassizistischer Architektur in Europa. Geidberg-Verlag, Güstrow 2002, ISBN 3-934776-12-4.
Eduard Wätjen: Friedrich Gillys Entwurf für ein Denkmal König Friedrichs II. von Preußen. In: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst. Band 51, 2000, S. 199–228; ISSN0077-1899.
Annette Winkelmann: Verheiratet, verschwägert, verschwippschwägert. Die Berliner Familien Gilly, Hainchelin und Gentz: Mit einem ausführlichen genealogischen Anhang. Books on Demand, Norderstedt 2024, ISBN 9783758324253. (GoogleBooks)
↑Annette Winkelmann, Verheiratet,veschwägert, verschwippschwägert. Die Berliner Familien Gilly, Hainchelin und Gentz: Mit einem ausführlichen genealogischen Anhang, Books on Demand, Norderstedt 2024, S. 23 f., 85, 99.