Friedensgericht BingenDas Friedensgericht Bingen war von 1797 bis 1878 ein Friedensgericht, zunächst in Frankreich[Anm. 1] und ab 1816 in der Provinz Rheinhessen des Großherzogtums Hessen, mit Sitz in Bingen am Rhein. VorgeschichteDas Gebiet um Bingen gehörte am Ende des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation zu Kurmainz.[1] Hier waren – ebenso wie in den benachbarten Territorien – Verwaltung und Rechtsprechung nicht getrennt und wurden auf unterer Ebene von Ämtern wahrgenommen, die in geistlichen Gebieten als „Amtsvogteien“ bezeichnet wurden. Der Amtmann oder Amtsvogt entschied hier als Einzelrichter. 1792 eroberten die Truppen des revolutionären Frankreichs die Rheinlande. Dort entstand die Mainzer Republik. Der französische Nationalkonvent annektierte mit Gesetz vom 30. März 1793 die Mainzer Republik auf deren Antrag. Bedingt durch die Koalitionskriege kam es aber erst 1795 zu einer dauernden Neuordnung des Gebiets – auch auf dem Gebiet der Justiz. GründungDurch das Gesetz über Verwaltung und Justizorganisation in den vier linksrheinischen Départements vom 5. Dezember 1795 (14 frimaire IV) wurde das französische Gerichtsverfassungsgesetz Loi des 16 et 24 août 1790 sur l'organisation judiciaire auch hier verbindlich.[2] Dieses Gesetz richtete Friedensgerichte für die streitige Gerichtsbarkeit und Notariate für die Freiwillige Gerichtsbarkeit in allen Kantonen ein. Mit dem Frieden von Campo Formio wurde die Annexion des Rheinlandes im Oktober 1797 auch von deutscher Seite anerkannt. Anschließend errichtete die französische Verwaltung in den annektierten Gebieten ihre Strukturen, auch das „Friedensgericht Bingen“, dessen örtliche Zuständigkeit sich auf den Kanton Bingen erstreckte. Der Gerichtsbezirk blieb auch nach Auflösung des Kantons als Verwaltungsgebiet bis 1878 weitgehend unverändert. Das Friedensgericht war dem Départementsgericht des Département du Mont-Tonnerre untergeordnet, das seinen Sitz in Mainz hatte. Oberstes Gericht war das Revisionsgericht in Trier.[3] BezirkDie örtliche Zuständigkeit des Friedensgerichts Bingen erstreckte sich auf den Bezirk des gleichnamigen Kantons und umfasste[4] (Ortsnamen nach heutiger Schreibung):
Weitere EntwicklungNach der Rückeroberung in den Befreiungskriegen wurde die Region von 1814 bis 1816 von der österreichisch-baierischen Gemeinschaftlichen Landes-Administrations-Commission verwaltet. Diese ließ die Friedensgerichte bestehen, richtete aber am 27. Juli 1815 einen Appellationshof in Kreuznach als Obergericht ein. Auch das Großherzogtum Hessen, das Rheinhessen im Rahmen eines Gebietstausches 1816 erhielt, übernahm die Struktur der Gerichte in der Provinz Rheinhessen. Allerdings wurde der Appellationshof in Kreuznach aufgelöst und ein provisorisches Obergericht in Mainz mit der am 4. November 1815 erlassenen „Provisorischen Appellations- und Kassationsgerichtsordnung für den großherzoglich hessischen Landesteil auf der linken Rheinseite“ geschaffen. Das Friedensgericht Bingen war nun eines von zwölf Friedensgerichten, die dem Kreisgericht Mainz untergeordnet waren. Auch nach der Teilung des Kreisgerichtes Mainz in die Kreisgerichte Mainz und Alzey am 1. Dezember 1836 blieb Bingen im Gerichtsbezirk des Kreisgerichtes Mainz, das am 24. Oktober 1852 in Bezirksgericht Mainz umbenannt wurde.[6] EndeMit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 wurden Organisation und Bezeichnungen der Gerichte reichsweit vereinheitlicht. Zum 1. Oktober 1879 hob das Großherzogtum Hessen deshalb die Friedensgerichte auf. Funktional ersetzt wurden sie durch Amtsgerichte.[7] So ersetzte das Amtsgericht Bingen das Friedensgericht Bingen.[8] Das neue Amtsgericht war dem Landgericht Mainz und dem Oberlandesgericht Darmstadt untergeordnet. Literatur
Anmerkungen
Einzelnachweise
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