FloatglasFloatglas ist Flachglas, welches im Floatprozess, oder auch Floatglasverfahren, hergestellt wird, einem endlos-kontinuierlichen Prozess, bei dem die flüssige Glasschmelze fortlaufend von einer Seite auf ein Bad aus flüssigem Zinn geleitet wird. Auf diesem schwimmt (engl. to float) das Glas. Das Verfahren wird seit den 1960er Jahren industriell angewandt, hat seither die meisten anderen Methoden zur Flachglasherstellung weitgehend verdrängt und liefert (Stand 2004) etwa 95 Prozent des gesamten Flachglases aller Anwendungsbereiche wie Fensterglas, Fahrzeugscheiben und Spiegel. Der Begriff Spiegelglas steht gemäß DIN 1249 (Flachglas im Bauwesen) und DIN 1259 (Glas) für planes und durchsichtiges Glas, wird aber mittlerweile oft synonym für Floatglas verwendet; als Grundlage für Flachglas fast aller Bereiche wird auch von Basisglas gesprochen. ProduktionsablaufDas Grundglas wird in einer Glasschmelzwanne erschmolzen. Die reine geläuterte, bei 1100 °C teigig-flüssige Glasschmelze wird aus der Wanne kontinuierlich auf ein längliches Bad aus flüssigem Zinn geleitet. Aufgrund des Dichteunterschieds (ρ(Glas) ≈ 2,5 g/cm³, ρ (Zinn) ≈ 7,31 g/cm³), schwimmt die Schmelze auf dem Zinn und breitet sich dort gleichmäßig aus. Durch die Oberflächenspannung des Zinns und des flüssigen Glases bilden sich sehr glatte Oberflächen. Das auf dem kühleren Ende des Bades erstarrte, noch ca. 600 °C warme Glas wird fortlaufend herausgezogen und durchläuft einen Kühlofen, in dem es verspannungsfrei heruntergekühlt wird. Nach einer optischen Qualitätskontrolle wird das Glas geschnitten (Standardgröße in Europa: 6000 mm × 3210 mm). Die nachfolgende Tabelle[1] vergleicht Herstellungsverfahren für durchsichtiges[2] Flachglas:
Die Viskosität des halbflüssigen Glases und die Ziehgeschwindigkeit, mit der das feste Glas von der halbflüssigen Phase gezogen wird, bestimmen die Stärke (Dicke) des Glases. In vielen Anlagen liegen zur Regulierung der Glasstärke im Bereich des Zinnbades am Rand der Glasfläche (der später abgeschnitten wird) sogenannte Toproller auf. Zur Erzeugung höherer Glasdicken kommen keine Toproller mehr zur Anwendung. In diesem Fall wird das zähflüssige Glas zwischen Graphitblöcken, den sogenannten Fendern, hindurchgezogen und dabei zu höheren Stärken aufgefaltet. Das Floatglasverfahren ermöglicht Glasstärken ab etwa 0,4 mm. Üblicherweise werden die weltweiten Standardstärken 2, 3, 4, 5, 6, 8, 10, 12, 15, 19 und 24 mm produziert. Eine Floatglasanlage ist wegen der durchschnittlich recht hohen Tonnagen, und den daher groß dimensionierten Aggregaten, sehr lang (ca. 300 bis 800 m). Zinn hat mit 232 °C einen niedrigen Schmelzpunkt, so dass es bis zum völligen Erstarren des Glases noch flüssig bleibt; außerdem hat es bei den verwendeten 1100 °C noch keinen hohen Dampfdruck, der zu Unebenheiten an der Glasunterseite führen könnte, und verhält sich gegenüber dem Glas fast inert. Das Zinn muss zur Vermeidung von Oxidation mit dem Luftsauerstoff in einer Schutzatmosphäre (meist Stickstoff und Wasserstoff) gehalten werden. Auf der Zinnschmelze wird die Glasseite gering mit Zinn dotiert. Für wissenschaftliche Untersuchungen in Laborgläsern, bei denen es auf besondere Reinheit ankommt, kann Floatglas unter Umständen nicht verwendet werden. Auch nachfolgende Beschichtungsverfahren gelingen auf beiden Seiten unterschiedlich. Die Unterseite anhand der Spuren des Zinns zu identifizieren, ist daher für die Weiterverarbeitung manchmal wichtig. Für die Unterscheidung wird oft ausgenutzt, dass die Zinnseite unter kurzwelliger Ultraviolett-Bestrahlung graublau fluoresziert.[4] Eine Floatglasanlage läuft permanent rund um die Uhr und produziert ca. 11 bis 15 Jahre lang (Wannenreise). Danach ist eine Kaltreparatur erforderlich, bei der die Wannenauskleidung erneuert wird. Eine große Anlage liefert etwa 3000 m²/h bei 4 mm Glasstärke bzw. 33 t/h. Im Jahr 2006 waren etwa 280 Floatglasanlagen weltweit im Einsatz, die Tendenz war steigend. KennzeichnungFloatglas wird bisher ohne dauerhafte Produktkennzeichnung ausgeliefert. Zwei Methoden sind bekannt, eine solche Kennzeichnung auf- oder einzubringen:
Weitere Kennzeichnungsverfahren mit Bedruckung sind weniger dauerhaft; Kennzeichnungsverfahren mit Silberbedampfung sind nicht mehr gebräuchlich. GeschichteBereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Henry Bessemer die Idee, flüssiges Zinn als Träger für Flachglas zu verwenden. Im Jahre 1902 erhielt William E. Heal ein Patent in den USA auf das Herstellungsprinzip, Glas kontinuierlich über ein Zinnbad laufen zu lassen und so planparallele Oberflächen zu erhalten.[5] Dieses Patent ist nie kommerziell genutzt worden. Alastair Pilkington entwickelte das Verfahren so weit, dass es industriell anwendbar wurde, und stellte es am 20. Januar 1959 der Öffentlichkeit vor. 1966 begann die Firma Pilkington Brothers in St. Helens (Großbritannien) mit der Produktion und vergab nachfolgend eine Vielzahl von Lizenzen an andere Flachglashersteller. Das erste industrielle Verfahren war nur zur Produktion von 6,1 mm dickem Glas geeignet – die Glasstärke, die sich einstellt, wenn man flüssiges Glas auf eine mit flüssigem Zinn gefüllte Wanne (Floatbath) ausbreiten lässt. In der Entwicklung des Floatverfahrens kamen dann sogenannte Edgerollmaschinen zum Einsatz, deren Weiterentwicklung zu den heute üblichen Toprollmaschinen führte. Diese Entwicklung gab dem Floatbadverfahren erst die heutige Bedeutung, da mit dem Verfahren jetzt unterschiedliche Glasdicken hergestellt werden konnten. Weblinks
Einzelnachweise
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