Fabrikmethode

Der Begriff Fabrikmethode (englisch factory method) bezeichnet ein Entwurfsmuster aus dem Bereich der Softwareentwicklung. Das Muster beschreibt, wie ein Objekt durch Aufruf einer Methode anstatt durch direkten Aufruf eines Konstruktors erzeugt wird. Es gehört somit zur Kategorie der Erzeugungsmuster (engl. creational patterns).

Das Muster ist eines der sogenannten GoF-Entwurfsmuster (Gang of Four, siehe Viererbande).

Begriffsbedeutung gemäß GoF

Gemäß GoF bezeichnet die Fabrikmethode ein Muster, bei dem die Schnittstelle zur Erstellung eines Objektes eine (abstrakte) Methode einer Oberklasse ist. Die konkrete Implementierung der Erzeugung neuer Objekte findet jedoch nicht in der Oberklasse statt, sondern in von ihr abgeleiteten Unterklassen, die die besagte abstrakte Methode implementieren.

Das Muster beschreibt somit die Erzeugung von Produktobjekten, deren konkreter Typ ein Untertyp einer abstrakten Produktklasse ist, welcher von Unterklassen einer Erzeugerklasse bestimmt wird. Es wird manchmal auch als „virtueller Konstruktor“ (virtual constructor) bezeichnet.

Abgrenzung

Der Begriff Fabrikmethode wird in der Praxis auch oft einfach nur für eine statische Methode verwendet, die ein neues Objekt erzeugt, vergleichbar einem Konstruktor.

Beispiel: Statt

SomeObject o = new SomeObject();

wird unter Verwendung der umgangssprachlich als Fabrikmethode bezeichneten, statischen Methode geschrieben:

SomeObject o = SomeObjectFactory.createNewInstance();

In diesem Fall ist (für den Methodenaufruf selbst) keine Verwendung von Unterklassen bzw. Polymorphie vorgesehen – jedoch ist meist Ziel, dass das erzeugte, zurückgegebene Objekt (abhängig von der Umgebung oder von .createNewInstance(...) mitgegebenen Parametern) von einer Unterklasse von SomeObject ist.

Diese Verwendung des Begriffes „Fabrikmethode“ ist jedoch nicht korrekt im Sinne der Gang of Four.

UML-Diagramm

Das folgende Klassendiagramm zeigt die vier am Entwurfsmuster beteiligten Rollen. KonkreterErzeuger erbt die abstrakte Fabrikmethode von Erzeuger und implementiert sie so, dass sie KonkretesProdukt erzeugt, das wiederum Produkt implementiert.

Klassendiagramm der am Muster beteiligten Rollen.
Klassendiagramm der am Muster beteiligten Rollen.

Akteure

Das Produkt ist der Basistyp (Klasse oder Schnittstelle) für das zu erzeugende Produkt. Der Erzeuger deklariert die Fabrikmethode, um ein solches Produkt zu erzeugen und kann eine Default-Implementierung beinhalten. Mitunter wird für die Fabrikmethode eine Implementierung vorgegeben, die ein „Standard-Produkt“ erzeugt.

KonkretesProdukt implementiert die Produkt-Schnittstelle. (Es ist also ein konkreter Subtyp von Produkt). KonkreterErzeuger überschreibt die Fabrikmethode, um die ihm entsprechenden konkreten Produkte zu erzeugen (z. B. indem er den Konstruktor einer konkreten Produkt-Klasse aufruft).

Vorteile

Fabrikmethoden entkoppeln ihre Aufrufer von Implementierungen konkreter Produkt-Klassen, was insbesondere heißt, dass für die Instanzierung kein new-Operator in der aufrufenden Klasse verwendet wird. Das ist insbesondere wertvoll, wenn sich Software-Bibliotheken während der Lebenszeit einer Applikation weiterentwickeln – so können zu einem späteren Zeitpunkt Instanzen anderer Klassen erzeugt werden, ohne dass sich die Applikation ändern muss.

Viele objektorientierte Programmiersprachen schreiben den Namen des Konstruktors vor. Demgegenüber kann eine Fabrikmethode (in der umfassenderen Bedeutung des Begriffes) einen aussagekräftigeren Namen haben, und es kann mehrere Fabrikmethoden unterschiedlichen Namens und unterschiedlicher Semantik geben. Beispielsweise kann eine Methode Color.createFromRGB() ein Farbobjekt aus RGB-Werten erzeugen, eine Methode Color.createFromHSV() ein Farbobjekt aus HSV-Werten. Dies ließe sich nur mit zwei Konstruktoren nicht bewerkstelligen, da die Methoden die gleiche Signatur haben.

Nachteile

Die Verwendung dieses Erzeugungsmusters läuft auf Unterklassenbildung hinaus. Es muss eine eigene Klasse vorhanden sein, die die Klassen-Methode zur Erzeugung aufnehmen kann.

Beispiele

Diese C++14 Implementierung basiert auf der vor C++98 Implementierung im Buch Entwurfsmuster.[1]

#include <iostream>
#include <memory>

enum ProduktId {MEIN, DEIN};

// definiert die Klasse des von der Fabrikmethode erzeugten Objekts.
class Produkt {
public:
  virtual void print() = 0;
  virtual ~Produkt() = default;
};

// implementiert die Produktschnittstelle
class KonkretesProduktMEIN: public Produkt {
public:
  void print() {
    std::cout << "this=" << this << " print MEIN\n";
  }
};

// implementiert die Produktschnittstelle
class KonkretesProduktDEIN: public Produkt {
public:
  void print() {
    std::cout << "this=" << this << " print DEIN\n";
  }
};

// deklariert die Fabrikmethode, die ein Objekt des Typs Produkt zurückgibt.
class Erzeuger {
public:
  virtual std::unique_ptr<Produkt> erzeuge(ProduktId id) {
    if (ProduktId::MEIN == id) return std::make_unique<KonkretesProduktMEIN>();
    if (ProduktId::DEIN == id) return std::make_unique<KonkretesProduktDEIN>();
    // Wiederholung für verbleibende Produkte ...

    return nullptr;
  }
  virtual ~Erzeuger() = default;
};

int main() {
  // Die unique_ptr verhindern Memory Leaks.
  std::unique_ptr<Erzeuger> erzeuger = std::make_unique<Erzeuger>();
  std::unique_ptr<Produkt> produkt = erzeuger->erzeuge(ProduktId::MEIN);
  produkt->print();

  produkt = erzeuger->erzeuge(ProduktId::DEIN);
  produkt->print();
}

Die Programmausgabe ist ähnlich zu:

this=0x1e4ce90 print MEIN
this=0x1e4d2c0 print DEIN

Diese C++11 Implementierung basiert auf dem vor C++98 Beispielcode im Buch Entwurfsmuster.

#include <iostream>

enum Richtung {Norden, Sueden, Osten, Westen};

class KartenEintrag {
public:
  virtual void betrete() = 0;
  virtual ~KartenEintrag() = default;
};

class Raum : public KartenEintrag {
public:
  Raum() :raumNr(0) {}
  Raum(int n) :raumNr(n) {}
  void setSeite(Richtung d, KartenEintrag* ms) {
    std::cout << "Raum::setSeite " << d << ' ' << ms << '\n';
  }
  virtual void betrete() {}
  Raum(const Raum&) = delete; // Dreierregel
  Raum& operator=(const Raum&) = delete;
private:
  int raumNr;
};

class Wand : public KartenEintrag {
public:
  Wand() {}
  virtual void betrete() {}
};

class Tuer : public KartenEintrag {
public:
  Tuer(Raum* r1 = nullptr, Raum* r2 = nullptr)
    :raum1(r1), raum2(r2) {}
  virtual void betrete() {}
  Tuer(const Tuer&) = delete; // Dreierregel
  Tuer& operator=(const Tuer&) = delete;
private:
  Raum* raum1;
  Raum* raum2;
};

class Labyrinth {
public:
  void fuegeRaumHinzu(Raum* r) {
    std::cout << "Labyrinth::fuegeRaumHinzu " << r << '\n';
  }
  Raum* raumNr(int) const {
    return nullptr;
  }
};

// Wenn baueLabyrinth virtuelle Funktionen anstelle von Konstruktoren zum Erzeugen der benötigten Räume, Wände und Türen aufruft, können Sie die Klassen der zu erzeugenden Objekte verändern, indem sie eine Unterklasse von LabyrinthSpiel erzeugen und die entsprechenden virtuellen Funktionen überschreiben. Dieser Ansatz ist ein Beispiel für das Fabrikmethodemuster (131).

class LabyrinthSpiel {
public:
  Labyrinth* baueLabyrinth() {
    Labyrinth* einLabyrinth = erzeugeLabyrinth();
    Raum* r1 = erzeugeRaum(1);
    Raum* r2 = erzeugeRaum(2);
    Tuer* dieTuer = erzeugeTuer(r1, r2);
    einLabyrinth->fuegeRaumHinzu(r1);
    einLabyrinth->fuegeRaumHinzu(r2);
    r1->setSeite(Norden, erzeugeWand());
    r1->setSeite(Osten, dieTuer);
    r1->setSeite(Sueden, erzeugeWand());
    r1->setSeite(Westen, erzeugeWand());
    r2->setSeite(Norden, erzeugeWand());
    r2->setSeite(Osten, erzeugeWand());
    r2->setSeite(Sueden, erzeugeWand());
    r2->setSeite(Westen, dieTuer);
    return einLabyrinth;
  }

  // Die Fabrikmethoden:

  virtual Labyrinth* erzeugeLabyrinth() const {
    return new Labyrinth;
  }
  virtual Raum* erzeugeRaum(int n) const {
    return new Raum(n);
  }
  virtual Wand* erzeugeWand() const {
    return new Wand;
  }
  virtual Tuer* erzeugeTuer(Raum* r1, Raum* r2) const {
    return new Tuer(r1, r2);
  }
  virtual ~LabyrinthSpiel() = default;
};

int main() {
  LabyrinthSpiel spiel;
  spiel.baueLabyrinth();
}

Die Programmausgabe ist ähnlich zu:

Labyrinth::fuegeRaumHinzu 0x2281ed0
Labyrinth::fuegeRaumHinzu 0x2281ef0
Raum::setSeite 0 0x2282340
Raum::setSeite 2 0x2281f10
Raum::setSeite 1 0x2282360
Raum::setSeite 3 0x2282380
Raum::setSeite 0 0x22823a0
Raum::setSeite 2 0x22823c0
Raum::setSeite 1 0x22823e0
Raum::setSeite 3 0x2281f10

Das folgende Beispiel verdeutlicht die Verwendung des GoF-Musters in einer Software-Bibliothek für eine Restaurant-Software.

Ein Restaurant (Erzeuger) liefert Mahlzeiten (Produkte). Das grundsätzliche Verfahren zum Liefern einer Mahlzeit ist immer dasselbe: Bestellung aufnehmen, Mahlzeit zubereiten, Mahlzeit servieren. Das lässt sich alles schon in der Klasse Restaurant implementieren bis auf das Zubereiten der Mahlzeit. Das Zubereiten (Erzeugen) ist abhängig von der Art des Restaurants: Eine Pizzeria (konkreter Erzeuger) erzeugt Pizzen (konkrete Produkte), eine Rostwurstbude erzeugt Rostwürste.

Die Klasse Restaurant implementiert hierzu eine Methode MahlzeitLiefern(), die die Mahlzeit liefert, eingeschlossen des Bestell- und Serviervorgangs. Sie benutzt eine abstrakte Methode MahlzeitZubereiten(), die die für das konkrete Restaurant konkrete Mahlzeit zubereitet (erzeugt). MahlzeitZubereiten() ist die Fabrik-Methode und muss für jedes konkrete Restaurant entsprechend implementiert werden.

Diese Software-Bibliothek kann für eine neue Art von Restaurant mit einem eigenen Mahlzeitangebot genutzt werden: Von Mahlzeit und von Restaurant muss jeweils eine neue Klasse abgeleitet werden, wobei die von Restaurant abgeleitete Klasse in ihrer Methode MahlzeitZubereiten() die in diesem Restaurant angebotene Mahlzeit zubereiten (erzeugen) muss.

#include <iostream>
#include <string>
#include <memory>

// Produkt
class Mahlzeit {
};

// konkretes Produkt
class Pizza : public Mahlzeit {
public:
    Pizza() {
        std::cout << "Pizza gebacken." << std::endl;
    }
};

// noch ein konkretes Produkt
class Rostwurst : public Mahlzeit {
public:
    Rostwurst(const std::string& beilage) {
        std::cout << "Rostwurst gebraten." << std::endl;
        if (!beilage.empty()) {
            std::cout << "Serviert mit " << beilage << std::endl;
        }
    }
};

// Erzeuger
class Restaurant {
protected:
    std::shared_ptr<Mahlzeit> mahlzeit;

    // Die abstrakte Factory-Methode, die von Erzeugern implementiert werden muss.
    virtual void MahlzeitZubereiten() = 0;

    virtual void BestellungAufnehmen() {
        std::cout << "Ihre Bestellung bitte!" << std::endl;
    }

    virtual void MahlzeitServieren() {
        std::cout << "Hier Ihre Mahlzeit. Guten Appetit!" << std::endl;
    }

public:
    // Diese Methode benutzt die Factory-Methode.
    void MahlzeitLiefern() {
        BestellungAufnehmen();
        MahlzeitZubereiten(); // Aufruf der Factory-Methode
        MahlzeitServieren();
    }
};

// konkreter Erzeuger für konkretes Produkt "Pizza"
class Pizzeria : public Restaurant {
protected:
    // Implementierung der abstrakten Methode der Basisklasse
    virtual void MahlzeitZubereiten() {
        mahlzeit = std::make_shared<Pizza>();
    }
};

// konkreter Erzeuger für konkretes Produkt "Rostwurst"
class Rostwurstbude : public Restaurant {
protected:
    // Implementierung der abstrakten Methode der Basisklasse
    virtual void MahlzeitZubereiten() {
        mahlzeit = std::make_shared<Rostwurst>("Pommes und Ketchup");
    }
};

int main() {
    Pizzeria daToni;
    daToni.MahlzeitLiefern();

    Rostwurstbude brunosImbiss;
    brunosImbiss.MahlzeitLiefern();
}

Anwendungsfälle

Die Fabrikmethode (in der GoF-Bedeutung) wird angewendet, wenn eine Klasse die von ihr zu erzeugenden Objekte nicht kennen kann bzw. soll, oder wenn Unterklassen bestimmen sollen, welche Objekte erzeugt werden. Typische Anwendungsfälle sind Frameworks und Klassenbibliotheken. Bei GRASP stellt die Fabrikmethode eine Lösung dar, um sich den Zielen der geringen Kopplung und der hohen Kohäsion anzunähern.

Virtuelle Methode in Schnittstelle oder Klasse

Die virtuelle Methode kann sowohl in der Schnittstelle oder in der Klasse (z. B. Fassade) definiert sein, die auch sonst für Objekte eines Typs zuständig ist. Unterklassen können dann spezifische Typen erzeugen. Typische Szenarien:

Erzeugen abhängiger Objekte

Beispiele:

  • Java: java.sql.Connection.createStatement() – das erzeugte Statement verweist auf die Connection und „lebt in dieser“.
  • .NET: System.Data.IDbConnection.CreateCommand() – das erzeugte IDbCommand verweist auf die Connection und „lebt in dieser“.

Oft haben die erzeugten abhängigen Objekte wieder Fabrikmethoden für davon abhängige Objekte, z. B. hat IDbCommand eine Methode CreateParameter(). Daher lassen sich Klassen mit solchen Factory-Methoden nicht als „Factory-Klassen“ (mit Hauptverantwortung „Object Creation“) verstehen – im Unterschied zur abstrakten Fabrik.

Erzeugen unabhängiger Objekte über zentralisierte „indizierte Konstruktoren“

Eine Methode aus einer Familie von Fabrikmethoden wird mit Hilfe eines Dictionarys über einen Key aufgerufen. Code-Snippet (mit C#-delegates statt Unterklassen – der Delegate-Typ repräsentiert den Erzeuger, jede konkrete anonyme Methode jeweils einen KonkretenErzeuger):

delegate IFoo CreateFoo(IContext creationParameter);

static IDictionary<Key, CreateFoo> fooFactory = new Dictionary<Key, CreateFoo>();

// Statische Initialisierung:
fooFactory[key1] = cp => new FooForKey1(cp);
fooFactory[key2] = cp => new FooForKey2Or3(new Key2Child(cp));
fooFactory[key3] = cp => new FooForKey2Or3(new Key3Child(cp));

Aufruf:

IFoo newObject = fooFactory[key](someContext);

Erlaubt ein kompaktes, deskriptives Design der Objekterzeugung. Gefahr (insbesondere, wenn – z. B. in C# – im Dictionary direkt auf Funktionsaufrufe verwiesen wird), dass die Factory-Objekte mehr Verantwortung übernehmen.

„Static Factory Method“

Einzelne static-Methode, die ein Objekt eines Typs oder Untertyps zurückliefert. Kein virtual constructor – Sinn der Sache: Zentraler, klassenbasierter Access Point für Objekterzeugung analog zu new. Erfordert manchmal Einführung einer einzelnen Klasse nur als Factory Method Holder. Beispiele:

  • Java: java.util.Collections.singletonMap()
  • Java: javax.xml.parsers.DocumentBuilderFactory.newInstance()

Verwandte Entwurfsmuster

Eine abstrakte Fabrik (Abstract Factory) wird im Allgemeinen mittels Fabrikmethoden realisiert.

Fabrikmethoden werden typischerweise aus Schablonenmethoden (Template Method) heraus aufgerufen.

Fabrikmethoden finden sich oft in Singletons.

Einzelnachweise

  1. Erich Gamma, Richard Helm, Ralph Johnson, John Vlissides: Entwurfsmuster. 5. Auflage. Addison-Wesley, Bonn 1996, ISBN 3-8273-1862-9, S. 133 ff.