Ewald BosseEwald Theodor Alfred Bosse (* 18. September 1880 in Stockholm; † 22. September 1956 in Voksenkollen bei Oslo) war ein norwegischer Volkswirt und Soziologe. Er versuchte ab 1927 eine human- und sozialwissenschaftlich fundierte „Arbeitslehre“ zu begründen, in deren Mittelpunkt eine rationale Anwendung der lebendigen Arbeitskraft stand. LebenEwald Bosse, Sohn des Verlagsbuchhändlers Johan Bosse (1836–1896) und seiner Ehefrau Anne-Marie Lehmann (1834–1894), schloss 1902 ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Oslo mit dem juristischen Staatsexamen ab. 1903 heiratete er Margit Heltberg (1884–19??) und studierte sodann Volkswirtschaft, Soziologie und Philosophie in London, Paris und Kiel (am Institut für Weltwirtschaft), wo er 1914 promovierte. Er war dort 1920–1926 (Honorar-)Professor für skandinavisches Wirtschaftsleben. Unter dem Einfluss von Ferdinand Tönnies wandte er sich danach verstärkt der Soziologie, zumal der Arbeitssoziologie zu. Zurück in Oslo, gründete und leitete Bosse ab 1938 das Institutt for Samfunnsforsking og Arbeidslære (Institut für Sozialforschung und Arbeitswissenschaft), das auch den emigrierten Deutschen Ernst Hugo Fischer und Heinz Maus ein Unterkommen bot. Nach dem deutschen Überfall auf Norwegen 1940 schloss er es.[1] WerkEwald Bosses Hauptwerk besteht aus den drei 1927–1939 (in norwegischer Sprache) erschienenen Bänden Arbeidslæren [Arbeitslehre] mit den zeitbezogenen Schwerpunkten: Wirtschaft (genetische Analyse der wirtschaftlichen Arbeit, 1927), Recht (auf Arbeit, 1933) und Armut (als gesellschaftliches Phänomen, 1939). Hier entwickelte er im Zusammenhang mit seiner Option für einen genossenschaftlich-sozialdemokratischen Entwicklungspfad zur nicht-regulativen (neodestributiv-keynsianischen oder korporativ-faschistischen) Überwindung der Weltwirtschaftskrise der kapitalistischen Ökonomie verschiedene Typologien und Taxonomien eines „dritten Weges“ jenseits kapitalistischer Profit- und bürokratischer Kommandoökonomie zur Verwirklichung einer gesellschaftlichen Organisation des größtmöglichen Glücks möglichst vieler Menschen. Mit genetisch(-analytischem) Schwerpunkt im ersten Band, theoretisch (-sozialwissenschaftlich)em im zweiten und praktisch(-politisch)em im dritten präsentiert Bosse unter anderem (a) fünf Arbeitsformen („servistische“, „dependente“, „societäre“, „famulatorische“ und „parasitäre“); (b) zwei Arbeitslosigkeitformen („objektiv-strukturale“ und „subjektiv-personale“) und (c) vier Armutsursachen (sozialstrukturelle, ökonomische, politische und biologische). RezeptionFerdinand Tönnies machte bereits 1935 in Max Horkheimers Pariser Zeitschrift für Sozialforschung (zu dessen Unwillen[2]) auf die Bedeutung Bosses aufmerksam. In Deutschland und dann während der deutschen Besatzung Norwegens 1940–45 wurde Ewald Bosses Rezeption nachhaltig abgebrochen. Seine Ideen zur Entwicklung einer sozial- und interdisziplinären Arbeitswissenschaft wurde jedoch 1988 von Irene Raehlmann in ihrer Bonner wissenschaftssoziologischen Dissertation erörtert und als „fast utopisch anmutende [...] gesellschaftspolitische Vorstellungen“ bewertet. LiteraturPrimärliteratur
Sekundärliteratur
WeblinksEinzelnachweise
|