Altensteig gehörte bis 1570 zur PfarreiAltensteigdorf, hatte aber an den mittelalterlich-romanischen Kapellen St. Anna (abgängig), St. Leonhard (Reste vorhanden) und St. Nikolaus bis zur Reformation unselbstständige Kaplaneien, deren Kaplane und Priester ein gemeinsames geistliches Leben in der Altensteiger Marienbruderschaft führten. Die Stadt Altensteig wurde unter der Markgrafschaft Baden-Durlach im Jahre 1556, 500 Jahre nach ihrer ersten urkundlichen Erwähnung, endgültig evangelisch. Die Kaplanei wurde zum Diakonat. 1570 wurde die spätgotisch veränderte Nikolauskapelle zur Pfarrkirche für die Stadt erhoben. Mit dem Anwachsen der Einwohnerschaft (1570: 200, 1768: 1050) wurde die Nikolauskirche zu klein und zudem baufällig. Wegen Platzmangels innerhalb der Stadtmauer wurde außerhalb die neue Stadtkirche von 1773 bis 1775 nach Plänen des Kirchenrats-Baumeisters Wilhelm Friedrich Goez (Ausführung: der Nagolder Bau- und Werkmeister Georg Christoph Reich) mit Doppelemporen für mehr als 800 Personen errichtet und die alte Nikolauskirche bis 1869 abgebrochen. Einige Gegenstände daraus fanden Verwendung.[2]
Ausstattung
Der längsrechteckige barockePredigtkirche[3] (Außenmaße 29,4 × 16,9 Meter) mit Dreiachtelschluss im Westen und einem 48 Meter hohen Kirchturm mit welscher Haube an der Ostseite besitzt eine Fassade, die durch Rundbogenfenster in Blendrahmenfeldern gegliedert wird.
Der Innenraum mit einer zweistöckigen Empore, mit Kanzel und Altar an der Ostseite, besitzt eine Orgel von Johannes Rohlf von 2002 in einem Gehäuse von Weinmar aus der Erbauungszeit.
Die Mittelstellung der Kanzel betont die zentrale Bedeutung der Verkündigung des Wortes Gottes, die Orgel als Gegenüber der Wortverkündigung betont den geistlichen Charakter der Musik. 2 × 12 Emporensäulen symbolisieren die Ergänzung des Alten Bundes (12 Stämme Israels) durch den Neuen. Über allem steht auf dem Kanzel-Schalldeckel der auferstandene Jesus Christus. Der damalige Neubau vor den Mauern der Stadt symbolisiert das erwartete himmlische Jerusalem, ein Motiv, das Professor Rudolf Yelin d. J. im Rahmen seiner künstlerischen Gesamtkonzeption bei der Kirchenrenovierung 1961 auf seinem Altarwandbild (Ölspachteltechnik) an die Spitze der alt- und neutestamentlichen Bildthemen (Gesetzestafeln, Weinreben, Öllämpchen, Dornen- und Königskrone, Himmlisches Jerusalem) gesetzt hat.[4]
Literatur
Kirche zwischen den Zeiten – 200 Jahre evangelische Stadtkirche Altensteig; Altensteig 1977
Friedrich Kühbauch, Fritz Oechslen, Hans Peter Jäger: Aus der Geschichte Altensteigs und seiner Stadtteile. Stuttgart 1987.
Werther Schneider und Brigitte Schneider: Kirchen in und um Nagold; hg. Ev. Kirchenbezirk Nagold, Tübingen 1993
Fritz Kalmbach (Hrsg.), Casimir Bumiller: Nachlese – Jubiläumsjahr 2000, 850 Jahre Berneck, 900 Jahre Altensteig, 900 Jahre Walddorf; Dokumentation der historischen Vorträge, Aufsätze, Reden und Veranstaltungen von Bürgern für Bürger; Calw 2000
Kirchenbezirk Calw-Nagold (Hg.): Die Evangelischen Kirchen im Kirchenbezirk Calw-Nagold; Neulingen 2022, S. 18 f – ISBN 978-3-948968-61-8
↑Landesamt für Denkmalpflege: Datenbank Bauforschung siehe [1]
↑Ulrich Zimmermann: Die Predigtkirche und die Querkirche - Protestantischer Kirchenbau in Württemberg. Eine Studie zur Geschichte und Theologie des Kirchenraums und zur Entstehung zweier Kirchenbautypen; Neulingen 2023, S. 254, 266 - ISBN 978-3-949763-29-8
↑Sabine und Klaus-Peter Lüdke: Das Altarwandbild Rudolf Yelins des Jüngeren. Eine Auslegung - siehe [2]