Europäisches Zentrum für Jüdische MusikDas Europäische Zentrum für Jüdische Musik (EZJM) ist ein Institut der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTMH). Es wurde 1988 von Andor Izsák in Zusammenarbeit mit der Universität Augsburg gegründet und zog 1992 nach Hannover um, wo es der damaligen Hochschule für Musik und Theater (HMT) angegliedert wurde. Bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2012 stand Andor Izsák dem EZJM vor. Im Oktober 2015 wurde Sarah M. Ross auf die Professur für Jüdische Musikstudien unter besonderer Berücksichtigung synagogaler Musik berufen und übernahm gleichzeitig die Leitung des Zentrums. Standort des EZJM ist die Villa Seligmann in der Hohenzollernstraße 39 an der Eilenriede in der Oststadt von Hannover.[1] GeschichteBis 2012Ursprünglich hatte Andor Izsák das Europäische Zentrum für Jüdische Musik schon 1988 in Augsburg mit dem Auftrag der Dokumentation und Rekonstruktion, der insbesondere bis zur Reichspogromnacht 1938 in den Synagogen Europa gepflegten, jüdisch-liturgischen Musik gegründet. Zu den Aufgaben des EZJM zählten, neben dem Ausbau einer entsprechenden Sammlung, die Verbreitung des religiös-kulturellen Erbes vor allem durch Konzerte, Ausstellungen, Symposien und Publikationen sowie die authentische Darstellung und wissenschaftliche Aufarbeitung der Überlieferungen. Nach dem schrittweisen Aufbau einer Sammlung von Schriften, Partituren und Tondokumenten, wie etwa historischen Schallplatten, vermochte Izsák die Sammlungen mit einigen Synagogen-Orgeln zu erweitern, die vor den Zerstörungen durch die Nationalsozialisten gerettet werden konnten.[2] 1992 zog das EZJM nach Hannover um, wo es der damaligen Hochschule für Musik und Theater (HMT) angegliedert wurde. Im Jahr 2003 wurde Andor Izsák auf die Professur für synagogale Musik berufen. 2006 wurde die nach dem hannoverschen Unternehmer Siegmund Seligmann benannte Siegmund Seligmann Stiftung gegründet, mit deren Hilfe im Jahr 2008 die zuvor in städtischem Besitz befindliche Villa Seligmann übernommen wurde. Seit 2011 hat das EZJM seinen Sitz in der Villa Seligmann, die im Jahr 2012 offiziell als „Haus für die jüdische Musik“ eröffnet wurde. Die Villa stellt eines der wenigen hannoverschen Zeugnisse des jüdischen Bürgertums vor der Schoa dar und ist der Dokumentation, Erforschung und Vermittlung jüdischer Musik gewidmet.[2] In den Jahren zwischen 2012 (Emeritierung von Andor Izsák) und Oktober 2015 fand eine Umstrukturierung der Zuständigkeitsbereiche statt: Das kulturelle Veranstaltungsangebot (Konzerte, Vorträge) in der Villa Seligmann wird von der Siegmund Seligmann Gesellschaft organisiert, während sich das EZJM als Institut der HMTMH der Forschung und Lehre zu jüdischen Musiktraditionen widmet. Seit Oktober 2015Im Oktober 2015 übernahm Sarah M. Ross als Professorin für Jüdische Musikstudien die Leitung des EZJM. Als Teilbereich der musikwissenschaftlichen Forschung und Lehre an der HMTMH widmet sich das EZJM heute der Erforschung, Rekonstruktion, Dokumentation und Vermittlung jüdischer Musik in all ihren Erscheinungsformen: vom synagogalen Gesang über paraliturgische bis hin zu säkularen jüdischen Musiktraditionen in verschiedenen kulturellen Kontexten und Epochen. Die umfassende Untersuchung jüdischer Musik bezüglich ihrer Einbindung in die Komplexität des jüdischen Lebens in Europa und in außereuropäischen Ländern in Geschichte und Gegenwart ist zentrales Anliegen des Zentrums, dabei misst es dem interdisziplinären Dialog mit anderen Musik- und Kulturwissenschaften und den Jüdischen Studien – sowohl auf der Ebene der Forschung, als auch der Lehre – eine primäre Bedeutung zu. Die Bibliothek des EZJMDie Bibliothek des EZJM ist Teil der Bibliothek der HMTMH. Als Spezialbibliothek liegt ihr Sammelschwerpunkt auf jüdischer Musik, insbesondere Synagogalmusik. Darüber hinaus findet sich Literatur zu angrenzenden Forschungsgebieten wie Judaistik, Ethnologie und allgemeiner Musikwissenschaft. Neben aktueller Forschungsliteratur ist ein wesentlicher Bestandteil der Bibliothek die „Sammlung Andor Izsák“ mit u. a. dem „Nachlass Edith Gerson-Kiwi“ und der „Sammlung Oberkantor Nathan Saretzki“. Seit 2012 befindet sich die EZJM-Bibliothek im zweiten Stock der Villa Seligmann. Die Datenbank „Synagogale Musik“Im März 2016 wurde das Projekt Online-Datenbank „Synagogale Musik: Kantorinnen + Kantoren, Komponistinnen + Komponisten“ (Arbeitstitel) gestartet. Es gab ein erstes Planungstreffen und der technische Aufbau der multimedialen Datenbank befindet sich derzeit in der ersten Planungsphase.[3] Die Datenbank zu synagogaler Musik ist als Kooperationsprojekt mit institutionellen, wie auch privaten Partnern angelegt. Ziel der Datenbank ist es, die sakrale Musik des Judentums nicht nur im geschlossenen wissenschaftlichen Expertendiskurs zu erforschen, sondern diese als lebendige Tradition sichtbar zu machen und im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu verankern. Darüber hinaus soll Deutschland als Forschungsstandort für synagogale Musik gestärkt werden. Neben gängigen (musik-)historischen Datensätzen zu synagogaler Musik, die in der Datenbank abrufbar gemacht werden sollen (wie etwa Personendaten, Institutionen und ihre Sammlungen, Informationen zu den Werken etc.), stellt die gleichzeitige Bereitstellung musikethnologischer Daten (wie etwa zu den Minhagim und den jüdischen Gemeinden, in denen eine bestimmte Musiktradition gepflegt wird etc.) die Besonderheit dieser Datenbank dar. Zugleich sind Interessenten und Nutzer, insbesondere die jüdischen Gemeinden, aufgefordert, thematisch relevante Materialien und Informationen beizusteuern.[4] Zielgruppen sind nicht nur Informationsfachleute und Wissenschaftler, sondern vor allem auch Musikpraktiker, jüdische Gemeinden und weitere Interessierte. Durch das Sammeln, Dokumentieren, Informieren und Teilen von Wissen über synagogale Musik in all ihren Erscheinungsformen soll ein Dialog zwischen der Forschung zu jüdischer Musik und der jüdischen Musikpraxis ermöglicht werden mit dem Ziel, das Thema in der öffentlichen Wahrnehmung zu verankern. Ein Feedback-Tool wiederum soll das EZJM darüber informieren, ob und auf welche Weise Kulturträger in Vergessenheit geratene synagogale Musiktraditionen in ihr Gemeindeleben rückgeführt oder in kreativer Weise in das öffentliche Kulturleben eingeführt haben. So sollen Metadiskurse zu kultureller Nachhaltigkeit im Sinne der angewandten Forschung vorangetrieben werden. Weitere Forschungsprojekte (Auswahl)
Neue Studienmöglichkeit an der HMTMHZum Wintersemester 2016/17 wurde erstmals das Schwerpunktfach „Jüdische Musikstudien“ im Masterstudiengang „Musikforschung und Musikvermittlung“ der Hochschule für Musik, Theater und Medien (HMTMH) angeboten.
Publikationen (unvollständig)
Siehe auchMedienecho (Auswahl)
Literatur
WeblinksCommons: Europäisches Zentrum für Jüdische Musik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
Koordinaten: 52° 23′ 4,3″ N, 9° 45′ 17,5″ O |