Ertzaintza

Abzeichen der Ertzaintza

Die Ertzaintza (Neologismus aus baskisch herri ‚Volk‘, ‚Leute‘ und zain ‚Wächter‘, ‚Hüter‘ mit der Bedeutung ‚Volkswacht‘ oder ‚Hüter der Leute‘)[1][2] ist die Polizei der Autonomen Gemeinschaft Baskenland in Spanien. Ein Polizeibeamter oder eine Polizeibeamtin der Ertzaintza heißt ertzaina.[3]

Die Ertzaintza wurde 1982 in der Tradition der Ertzaña gegründet, einer im Oktober 1936 während des Spanischen Bürgerkrieges von der provisorischen Regierung des Baskenlandes errichteten und nach der Niederlage untergegangenen Polizeitruppe.[4]

Die Polizisten der Ertzaintza haben alle herkömmlichen Befugnisse der Vollzugspolizei in den Bereichen öffentliche Ordnung und Sicherheit, Straßenverkehr und kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit und nehmen auch Aufgaben der Terrorismusbekämpfung wahr. Die derzeit 8.000 Beamten, fast 90 % Männer,[5][6] unterstehen dem Sicherheitsministerium der baskischen Regierung. Auffälliges Erkennungszeichen an der Uniformierung der Ertzaintza ist eine rote Baskenmütze.

Die spanische Regierung nahm lange Zeit eine reservierte Haltung gegenüber der Ertzaintza ein, da sie ihr vorwarf, nicht konsequent genug gegen ETA und deren Umfeld vorzugehen.[7] Sie soll auch von Terroristen unterwandert gewesen sein und hat daher bis heute keinen direkten Zugriff auf Interpol-Datenbanken.[8] Nach mehreren vergeblichen Anläufen wurde 2021 eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des baskischen Sicherheitsministeriums und der Zentralregierung gebildet, um der baskischen Polizei die Beteiligung an Interpol und Sirene zu ermöglichen.[9] In der Vergangenheit kam es wegen Kommunikationsproblemen im Rahmen der Terrorbekämpfung schon zu Schusswechseln zwischen Beamten der Ertzaintza und der Guardia Civil.[10]

Fahrzeug der Ertzaintza

Da die Ertzaintza auch zur Bekämpfung der ETA-Sympathisantenszene eingesetzt wurde,[11] wird sie mitunter auch von baskischen Linksnationalisten kritisch beurteilt. Seit sie gegen den Terror der ETA vorging, war sie selbst Ziel von ETA-Anschlägen.[7] Im November 2001 verkündete ETA ein „Todesurteil“ gegen die Ertzaintza und erschoss drei Tage später an einem Kreisverkehr in Beasain zwei ertzainas, einen Mann und eine Frau, die den Verkehr regelten.[12]

Seit 2009 werden Fahrzeuge sowohl der Ertzaintza als auch der baskischen Stadtpolizei Udaltzaingoa anstelle des Schriftzugs mit dem Namen des Polizeikörpers oder ergänzend dazu auch mit der Aufschrift Polizia (baskisch für ‚Polizei‘ als Allgemeinbegriff) ausgeliefert, um Verwechslungen und Missverständnisse besonders bei Begegnungen mit Ausländern zu vermeiden, die die landessprachlichen Bezeichnungen nicht einordnen können. Zuvor hatte es einen gerichtlichen Freispruch gegeben, nachdem ein mit den Verhältnissen des spanischen Baskenlandes nicht vertrauter Mann aus Afrika die rot uniformierten Männer mit Baskenmütze und der Bezeichnung Ertzaintza nicht als Polizeikräfte erkannt und Widerstand gegen Vollzugsmaßnahmen geleistet hatte.[2]

Um das Geschlechterverhältnis zu verbessern und Hürden zu beseitigen, die Frauen den Zugang zur baskischen Polizei erschweren, hob die baskische Regierung im Frühjahr 2022 die bis dahin geltende Mindestkörpergröße für Bewerberinnen und Bewerber aller Geschlechter auf.[6]

Literatur

  • Fabian Hinrichs: Das Recht der spanischen Vollzugspolizei (= Würzburger rechtswissenschaftliche Schriften, 51). Ergon-Verlag, Würzburg 2004, ISBN 3-89913-364-1 (zugleich: Univ. Würzburg, Diss., 2004).

Einzelnachweise

  1. Gregorio Orozco Hernández: Ertzaintza o ertzaina. In: ABC, 30. November 2001, abgerufen am 18. Juni 2022 (spanisch).
  2. a b Ainhoa de las Heras: Llega la ‘Polizia’. In: El Diario Vasco, 4. Januar 2009, abgerufen am 18. Juni 2022 (spanisch).
  3. Katja Hald, Marieluise Schmitz (Hrsg.): Pons Grosswörterbuch Spanisch-Deutsch, Deutsch-Spanisch. Neubearbeitung 2008. Stuttgart 2008, ISBN 978-3-12-517487-0, S. 322.
  4. A historical right. Historische Information auf der Website der Ertzaintza, abgerufen im Juni 2022 (englisch).
  5. El Gobierno lamenta que solo el 11% de los ertzainas son mujeres. In: El Correo, 16. Dezember 2015, abgerufen am 18. Juni 2022 (spanisch).
  6. a b El Gobierno Vasco eliminará la altura mínima para que las mujeres puedan acceder a la Ertzaintza. In: El Diario Vasco, 9. März 2022, abgerufen am 18. Juni 2022 (spanisch).
  7. a b Walther L. Bernecker: Souveränität und Territorialität: Das „baskische Problem“ zwischen Pragmatismus, Ethnonationalismus und Separatismus. In: ders.: Spanien heute – Politik, Wirtschaft, Kultur. Vervuert, Frankfurt am Main 2008, S. 169–215 (hier: S. 181 f.).
  8. Carlos C. Borrà: La Ertzaintza se aleja de Interpol. In: Deia. 1. Februar 2020, abgerufen am 18. Juni 2022 (spanisch).
  9. Grande-Marlaska y Erkoreka acuerdan reforzar la colaboración en la lucha contra la violencia machista. Pressemitteilung der spanischen Regierung, 18. Juni 2021, abgerufen am 18. Juni 2022 (spanisch).
  10. Tres heridos en un tiroteo entre Guardia Civil y Ertzaintza. In: El País. 1. März 1997, abgerufen am 18. Juni 2022 (spanisch).
  11. Walther L. Bernecker: Souveränität und Territorialität: Das „baskische Problem“ zwischen Pragmatismus, Ethnonationalismus und Separatismus. Frankfurt am Main 2008, S. 195.
  12. Maribel Marín Yarza: Dos etarras asesinan a tiros a una pareja de 'ertzainas' que regulaban el tráfico en Beasain. In: El País, 24. November 2001, abgerufen am 19. Juni 2022 (spanisch).