Der vielleicht aus dem alemannischen Raum oder der Schweiz stammende Dichter ist nicht nur im Codex Manesse, wo er als Reiter im roten Gewand dargestellt wird, mit Liedern vertreten, sondern auch in der Jenaer Liederhandschrift. Er dichtete gegen Ende des 13. Jahrhunderts. Die Forschung ist sich nicht einig, ob Alexander zum niederen Adel gehörte, nimmt aber überwiegend an, dass er ein fahrender Sänger war.
Werk
Lieder
Von Alexander sind vier Lieder vollständig erhalten, eines fragmentarisch. Er verwendet eher schwer auflösbare Bilder, was auf einen hohen Bildungsgrad des Verfassers schließen lässt.[1] Alexander schrieb ein Weihnachtsgedicht, einen Minneleich, der vom Wesen Amors handelt und die Zerstörung Trojas erwähnt, und das Gedicht Hie vor dô wir kinder wâren, eine der wenigen Darstellungen von Kindheit in der zeitgenössischen Lyrik.
Liedbeispiel
Owe daz nach liebe gat (die beiden ersten Strophen)
Owe, daz nach liebe gat
leit, so man ez tribe!
nu wil Mynne unde ist ir rat,
daz ich da von scribe.
sie sprach selbe wider mich:
›scrib daz leyt ob allem leyde,
swa sich lieb von liebe scheyde
trurich unde unendelich.‹
Miner frowen unde mir
mac ich diz leit scriben.
sie lebet mir unde ich leb ir,
unde můzen triben
doch mit jamer unser tage.
Mynne wil unde kan gebieten,
daz wir uns durch sie genyeten
kurtzer vreude unde langer klage.[2]
Übersetzung in neuhochdeutsche Prosa
O weh, dass uns Liebe
Leid bringt, wenn wir ihrer pflegen!
Nun will die Minne,
dass ich über sie schreibe.
Sie sagte:
Schreib vom allerhöchsten Leid,
wenn sich Liebende trennen,
traurig und für immer.
Für meine Herrin und mich
will ich dies Lied schreiben.
Sie lebt durch mich und ich durch sie.
Unsere Klage lindern wir,
indem wir gemeinsam klagen:
Minne wird und kann uns gebieten,
dass wir durch sie
kurze Freude und lange Klage erleben.
Werke
Ein wunder in der werlde vert
Hie vor dô wir kinder wâren
Mín trûclîchez klagen (Minneleich)
Owê daz nach liebe gât
Sîôn trûre
Textausgaben
Friedrich Heinrich von der Hagen: Minnesinger. Deutsche Liederdichter des zwölften, dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts, aus allen bekannten Handschriften und früheren Drucken (HMS). Band II. Barth, Leipzig 1838, S. 364–367; Textarchiv – Internet Archive.
Ingeborg Glier: Meister Alexander (Der Wilde Alexander). In: Kurt Ruh (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2., völlig neu bearbeitete Auflage. Band 1: ‚A solis ortus cardine‘ – Colmarer Dominikanerchronist. de Gruyter, Berlin 1978, ISBN 3-11-007264-5, Sp. 213–218.
Peter Kern: Meister Alexanders Lied ‚Owê, Minne’. Kritik der Konjekturalkritik. In: Heimo Reinitzer (Hrsg.): Textkritik und Interpretation. Festschrift für Karl K. Polheim. Bern 1987, S. 83–95.
Ulrich Müller: Untersuchungen zur politischen Lyrik des deutschen Mittelalters. Göppingen 1974 (Zu Meister Alexander siehe S. 155–158).