Der Würger im Nebel
Der Würger im Nebel (Originaltitel: Strangler of the Swamp) ist ein US-amerikanischer Horror- und Mystery-Film von Regisseur Frank Wisbar aus dem Jahr 1946 und ein Remake seines Films Fährmann Maria aus dem Jahr 1936. HandlungEin abgeschiedenes Dorf in einer nicht näher lokalisierten Sumpfgegend, ähnlich dem Bayou-Gebiet im Süden der USA. Es gibt kaum Straßen, wichtigstes Verkehrsmittel, um von einem Ort zum anderen zu gelangen, ist die Fähre. Nicht nur die Lebenden, sondern auch die Toten benutzen diese Fähre, wie es in den Anfangstiteln heißt – denn in letzter Zeit wurden schon mehrmals erdrosselte Menschen in den Sümpfen gefunden und dann mit der Fähre ins Dorf gebracht. Auch wenn es jedes Mal wie ein Unfall oder ein Selbstmord aussah, geht doch die Angst im Ort um. Man schreibt die Todesfälle einem Gespenst zu, dem „Würger“. Denn vor Jahren wurde Douglas, der damalige Fährmann, als vermeintlicher Mörder von der gesamten Dorfgemeinschaft im Schnellverfahren verurteilt und gelyncht, indem man ihn an einem Baum aufgehängt hat. Und nun glauben die Menschen, er sei als rächender Geist zurückgekehrt. Christian Sanders, der Ortsvorstand, hält das allerdings lediglich für dummen Aberglauben. Dann wird auch Joseph Hart, der jetzige Fährmann, tot aufgefunden – um den Hals die Schlinge, mit der damals auch Douglas aufgeknüpft worden und die seitdem als eine Art Mahnmal an dem Baum hängengelassen worden war. Hart war es gewesen, dessen falsches Zeugnis als Schuldbeweis genügt hatte, um Douglas zu verurteilen – er selbst hatte daraufhin das einträgliche Fährgeschäft übernehmen können. Maria, Harts Enkelin, kommt ins Dorf zurück, nachdem sie zehn Jahre lang in der Großstadt gelebt hat, wo sie sich aber inzwischen zu einsam gefühlt hatte. Als sie vom Tod ihres Großvaters erfährt, erklärt sie sich bereit, den Fährdienst von ihm zu übernehmen. Sanders versucht allerdings zunächst, ihr die Umstände vom Tod ihres Großvaters zu verheimlichen – umso mehr, als inzwischen auch ein schriftliches Geständnis von Hart aufgetaucht ist: er hatte sich im Fall Douglas nicht nur falscher Zeugenaussage schuldig gemacht, sondern er war selber der eigentliche Mörder gewesen, für dessen Tat Douglas unschuldig hingerichtet wurde. Kurze Zeit später trifft auch Chris, der Sohn des Ortsvorstands, der ebenfalls in der Stadt gelebt hatte, wieder zuhause ein. Chris und Maria verlieben sich ineinander. Sanders verbietet seinem Sohn allerdings den Umgang mit Maria, denn schließlich sei sie ja die Enkelin eines Mörders. Darauf kontert Chris, das träfe auf ihn selbst genauso zu – da ja sein Vater, so wie alle anderen Beteiligten, mitgeholfen habe, einen Unschuldigen zu lynchen, sei er ebenso der Sohn eines Verbrechers. Dann sucht sich der Geist tatsächlich Chris als nächstes Opfer aus. Trotz Warnung seitens seiner Frau ignoriert Sanders nach wie vor den Fluch. Er möchte, um diesen „Aberglauben“ auszurotten, am liebsten den ganzen Sumpf trockenlegen und eine Straße hindurchbauen – und zwar mit dem Geld, das eigentlich für die Renovierung der zerstörten Kirche gesammelt worden war. Dagegen wehren sich aber die Frauen des Dorfes, die das für ein Sakrileg halten. Maria versucht alles, um ihren Geliebten zu retten, und nimmt den Kampf mit dem Geist auf, aber vergeblich. Schließlich flüchtet sie sich gemeinsam mit Chris in die Kirchenruine, die das Gespenst nicht betreten kann. Dennoch droht Chris langsam durch die Macht des „Würgers“ zu ersticken. Deshalb bietet Maria sich dem Geist von Douglas selber als Opfer an, wenn er dafür bereit ist, das Leben ihres Geliebten zu verschonen. Diese Geste schenkt dem Gespenst endlich Erlösung – es versinkt im Moor, Chris kann wieder atmen, und durch die Wolken über den Sümpfen dringen zum ersten Mal ein paar Sonnenstrahlen. ProduktionshintergrundAm Tag der sogenannten Reichskristallnacht 1938 verließ Frank Wysbar Deutschland und reiste in die USA aus. Seine jüdische Ehefrau Eva (geboren 1908 als Eva Krojanker) hatte bereits im September 1938 Deutschland verlassen und war in die Vereinigten Staaten emigriert. Hier änderte er seinen Nachnamen in Wisbar, tat sich allerdings sehr schwer, Arbeit im Filmbusiness zu finden und an seine früheren Erfolge anzuknüpfen. Lediglich einige kleinere Produktionsfirmen aus der Poverty Row Hollywoods beschäftigten ihn als Drehbuchautor. Für die Producers Releasing Corporation (PRC), die ärmste dieser Firmen, die ausschließlich kostengünstigste B- und C-Filme herstellte, konnte er immerhin insgesamt vier Filme als Regisseur drehen. Der zweite von diesen war Stranglers of the Swamp. Wisbar hatte selbst das Sujet vorgeschlagen: ein Remake von Fährmann Maria, dem vielleicht herausragendsten der Filme, die er während seiner Zeit in Deutschland inszeniert hatte. Das Budget für Strangler of the Swamp betrug gerade einmal ca. 20.000 Dollar[1]. Zum Vergleich: Val Lewton hatte für seine zwischen 1942 und 1946 bei RKO hergestellten „intelligenten“ Horrorfilme, die ebenfalls als Billigproduktionen galten, immerhin im Schnitt jeweils etwa 150.000 Dollar zur Verfügung. Strangler of the Swamp ist von Kritikern häufiger mit Val Lewtons Produktionen verglichen worden[2]. Allerdings ließen diese kleinen, unabhängigen Produktionsgesellschaften ihren Regisseuren oft wesentlich mehr kreative Freiheit, als sie sie bei einem Major-Studio gehabt hätten, und Wisbar nutzte das geringe Budget so effektiv wie möglich aus. So unterstrich er durch bewusstes Betonen der räumlichen Enge des im Studio aufgebauten Sumpf-Settings noch die klaustrophobische Grundstimmung der Geschichte. Plastische Lichtsetzung, der gezielte Einsatz von Nebel und eine ausgefeilte Bildgestaltung – etwa längere Kamerafahrten entlang der sich durch den Sumpf bewegenden Fähre – erzeugen Tiefe und Atmosphäre. Durch simple Mittel wird zudem die perspektivische Wirkung verstärkt, wie etwa durch die Verwendung von auf Glas gemalten Kameravorsätzen, die die Illusion von Binsen und Sumpfgras im Bildvordergrund erzeugen. (Einmal wurde allerdings offensichtlich die Existenz der Glasplatte vergessen, so dass sich bei einem Kameraschwenk das Gras im Vordergrund mitbewegt.) Bei der Darstellung des Geistes verzichtet Wisbar (so wie auch schon bei den Auftritten des Todes in Fährmann Maria) auf aufwendige Special Effects. Eine einfache, aber wirkungsvolle Maske (Makeup: Bud Westmore), und die Art, wie Douglas bei jedem Erscheinen langsam aus den Schatten heraustritt und wieder mit ihnen verschmilzt (unterstützt durch ein wenig auf der Kameralinse verschmierte Vaseline[3]), genügen, um dem „Strangler“ eine jenseitige Ausstrahlung zu verleihen. Auch das trotz der kurzen Laufzeit des Films von unter einer Stunde sehr ruhige Erzähltempo trägt dazu, die spukhafte Atmosphäre der Geschichte zu intensivieren. BesetzungIn der Hauptrolle als Maria ist Rosemary La Planche (auch: LaPlanche, 1923–1979) zu sehen. Sie war eine ehemalige Schönheitskönigin (zweimal – 1940 und 1941 – Miss California, 1941 auch Miss America). Nach über fünfundzwanzig kleinen und kleinsten, meist nicht einmal im Nachspann genannten Filmauftritten war die Maria in Strangler of the Swamp ihre erste Hauptrolle. Kurz darauf drehte Wisbar dann, ebenfalls für die PRC, noch einen weiteren Film mit La Planche als Hauptdarstellerin, den Semi-Vampirfilm Devil Bat's Daughter (1946), eine Art Fortsetzung zu The Devil Bat (1940) mit Bela Lugosi, der einer der erfolgreichsten Horrorfilme des Studios gewesen war. Douglas, den Geist des toten Fährmanns, verkörpert Charles Middleton, der vor allem in seiner Rolle als Oberschurke Kaiser Ming in den drei Flash Gordon-Serials von Universal (ab 1936) populär geworden war. An diesen Erfolg konnte er danach allerdings nicht mehr anknüpfen, ab den 40er-Jahren wurde er fast nur noch in Poverty-Row-Produktionen in kleinen Rollen beschäftigt. Bemerkenswert ist auch die Mitwirkung von Blake Edwards in der einzigen größeren Rolle (als Liebhaber) während seiner Zeit als Schauspieler, bevor er seine Karriere als Regisseur (etwa der Pink Panther-Filmreihe) begann. Vergleich zwischen Fährmann Maria und Strangler of the SwampWährend die Basisgeschichte in beiden Filmen sehr ähnlich ist, gibt es doch auch einige auffallende Unterschiede. Manche davon sind wohl dem geringeren Budget und der kürzeren Laufzeit der Neuverfilmung geschuldet – Fährmann Maria dauert etwa 20 Minuten länger als Strangler of the Swamp. Andere Unterschiede dagegen sind inhaltlicher Art und ändern auch teilweise die Aussage des Films. Während Fährmann Maria im nationalsozialistischen Deutschland, noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs, entstand (und einiges an versteckter Regimekritik enthält), wurde Strangler of the Swamp von Wisbar nach seiner eigenen Flucht, im Exil, und kurz nach Kriegsende, gedreht – einige dieser Erfahrungen dürften auch in Drehbuchentscheidungen eingeflossen sein.
RezeptionVon der zeitgenössischen Filmkritik wurde Strangler of the Swamp, wie die meisten PRC-Produktionen, kaum wahrgenommen. Eine Ausnahme bildete etwa Showman’s Trade Review, dort hieß es in der Ausgabe vom 5. Januar 1946:
Erst als William K. Everson dem Film 1974 in seinem Standardwerk Classics of the Horror Film ein eigenes Kapitel widmete, wurden auch seriöse Filmhistoriker auf Strangler of the Swamp aufmerksam. Everson schreibt:
(zitiert nach der deutschen Ausgabe Klassiker des Horrorfilms von 1980) Heute ist Strangler of the Swamp allgemein als einer der wichtigsten unabhängig produzierten Horrorfilme seiner Epoche anerkannt. Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
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