Der Stricker war ein produktiver mittelhochdeutscher Dichter in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.
Über seine Lebensumstände ist wenig bekannt, außer dass er vermutlich von niederer Herkunft war und sich seinen Lebensunterhalt als Wander- und Berufsdichter verdienen musste. Ob sein Name ein sprechender „Künstlername“ war, wie ihn viele Spruchdichter traditionell trugen, etwa in der Bedeutung „der Verse-Knüpfer“, oder ob es sich um einen Eigennamen handelt, ist umstritten. Sprachlich-dialektale Eigenheiten sprechen dafür, dass er aus dem südlichen Rheinfranken oder aus dem östlichen Franken stammte; seine dichterische Laufbahn zeigt ihn jedoch überwiegend in Österreich. Seine Texte dürften zwischen 1220 und 1250 entstanden sein.
Sein Werk umfasst u. a. Groß- und Kleinformen der Epik aus verschiedenen Gattungen:
die neue Form der (lehrhaften oder komischen) Kurzerzählung (siehe auch: Der nackte Ritter und Die drei Wünsche (Märe)), die als die eigentliche literarhistorische Leistung des Strickers gelten kann.
Karl Bartsch (Hrsg.): Karl der Große. Quedlinburg 1857 (Photomechanischer Nachdruck der Ausgabe 1857 mit einem Nachwort von Dieter Kartschoke, Berlin 1965).
Otfrid Ehrismann (Hrsg.): Der Stricker, Erzählungen, Fabeln, Reden. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch (= Reclams Universal-Bibliothek; Band 18821). 2. überarbeitete Auflage. Reclam, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-018821-7.
Hanns Fischer (Hrsg.): Der Stricker. Verserzählungen. Band 1 (= Altdeutsche Textbibliothek; Band 534). 5. verb. Auflage besorgt von Johannes Janota. Tübingen 2000, ISBN 3-484-20071-5.
Hanns Fischer (Hrsg.): Der Stricker. Verserzählungen. Band 2 (= Altdeutsche Textbibliothek; Band 68). 3. rev. Auflage besorgt von Johannes Janota. Tübingen 1984, ISBN 3-484-20168-1.
Klaus Hofmann (Hrsg.): Strickers „Frauenehre“: Überlieferung, Textkritik, Edition, literaturgeschichtliche Einordnung. Elwert, Marburg 1976, ISBN 3-7708-0550-X (zugl. Marburg/Lahn, Univ., Diss., 1975).
Der Pfaffe Amis von dem Stricker. Ein Schwankroman des 13. Jahrhunderts. Hrsg. und übersetzt von Helmut Henne. Kümmerle Verlag, Göppingen (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik. Band 530), ISBN 3-87452-770-0.
Hans Lambel (Hrsg.): Erzählungen und Schwänke (des Stricker). 2. Auflage. Leipzig 1883.
Wolfgang Wilfried Moelleken (Hrsg.): Die Kleindichtung des Strickers. 5 Bände (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik. Band 107). Göppingen 1973–1978, ISBN 3-87452-213-X.
Michael Resler (Hrsg.): Daniel von dem blühenden Tal (= Altdeutsche Textbibliothek. Band 92). Tübingen 1983, ISBN 3-484-20192-4.
Michael Schilling (Hrsg.): Der Pfaffe Amis. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach der Heidelberger Handschrift cpg 341 übersetzt und kommentiert von Michael Schilling (= Reclams Universal-Bibliothek; Band 658). Reclam, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-000658-9.
Stefanie Weber (Hrsg.): Strickers Karl der Große. Analyse der Überlieferungsgeschichte und Edition des Textes auf Grundlage von C (= Schriftenreihe Schriften zur Mediävistik; Band 18). Hamburg 2010, ISBN 978-3-8300-5245-6.
Literatur
Wolfgang Achnitz: Ein maere als Bîspel. Strickers Verserzählung Der kluge Knecht. In: Volker Honemann, Tomas Tomasek (Hrsg.): Germanistische Mediävistik. 2. Aufl., Lit, Münster 2000, ISBN 3-8258-2269-9, S. 177–203.
Sabine Böhm: Der Stricker. ein Dichterprofil anhand seines Gesamtwerks (= Europäische Hochschulschriften). Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-631-49214-6.
Thorsten Böhm: Das Böse in Der Pfaffe Amis von Der Stricker und Reinhart Fuchs von Heinrich der Glîchezâre. 1999 GRIN Verlag, ISBN 978-3-638-86873-0
Helmut Brall-Tuchel: Höfische Ideologie und feudale Herrschaftsgewalt. Überlegungen zum Strukturwandel höfischer Epik im Werk des Stricker. In: Alfred Ebenbauer (Hrsg.): Philologische Untersuchungen gewidmet Elfriede Stutz zum 65. Geburtstag. Wien 1984, ISBN 3-7003-0548-6, S. 102–130.
Helmut Brall-Tuchel: „Wahrlich, die Pfaffen sind schlimmer als der Teufel!“. Zur Entstehung der deutschen Schwankdichtung im 13. Jahrhundert. In: Euphorion. Zeitschrift für Literaturgeschichte 94/2000, S. 319–334.
Michael Egerding: Probleme mit dem Normativen in Texten des Strickers. Vorüberlegungen zu einem neuen Strickerbild. In: Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 50/1998, S. 131–147.
Karl-Ernst Geith, Elke Ukena-Best, Hans-Joachim Ziegeler: Der Stricker. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Band 9, 2. Auflage Berlin, New York 1995, Sp. 417–449.
Hansjürgen Linke: Der Dichter und die gute alte Zeit. Der Stricker über Schwierigkeiten des Dichtens und des Dichters im 13. Jahrhundert. In: Euphorion. Zeitschrift für Literaturgeschichte. Band 71, Heft 2, 1977, S. 98–105.
Hedda Ragotzky: Gattungserneuerung und Laienunterweisung in Texten des Strickers (= Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur. Band 1). Tübingen 1981, ISBN 3-484-10420-1.
Johanna Reisel: Zeitgeschichtliche und theologisch-scholastische Aspekte in „Daniel von dem blühenden Tal“ des Strickers (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik. Band 464). Kümmerle Verlag, Göppingen 1986, ISBN 3-87452-699-2.
Werner Röcke: Die Freude am Bösen. Studien zu einer Poetik des deutschen Schwankromans im Spätmittelalter (= Forschungen zur Geschichte der älteren deutschen Literatur. Band 6). München 1987, ISBN 3-7705-2397-0.
Stephen L. Wailes: Studien zur Kleindichtung des Stricker (= Philologische Studien und Quellen; Band 104). Berlin 1981, ISBN 3-503-01642-2.
Henning Wuth: Till, Niemand und der Hof. Zur paradoxalen Auflösung von Repräsentation in der frühen Neuzeit. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 116/1997, S. 101–107.