Deputation (Hamburg)Deputationen waren mit Bürgerinnen und Bürgern besetzte Verwaltungsausschüsse zur Mitwirkung und Kontrolle in den Fachbehörden – wobei die Fachbehörden den Landesministerien in den Flächenstaaten entsprechen. Die Deputierten waren ehrenamtlich tätig und wurden gemessen am Kräfteverhältnis von den in der Hamburgischen Bürgerschaft vertretenden Parteien vorgeschlagen und für die Dauer der Wahlperiode gewählt. Sie erhielten eine Aufwandsentschädigung nach dem Hamburgischen Entschädigungsleistungsgesetz (EntschädLG). Wählbar zum Deputierten war jeder Bürger Hamburgs, unabhängig von der Mitgliedschaft in einer Partei, der auch wahlberechtigt für die Bezirksversammlung ist, sofern er nicht selbst als Staatsbediensteter in derselben Behörde beschäftigt ist. Die Deputationen bestanden aus jeweils 15 Deputierten und dem Präses sprich dem Senator (vertretungsweise seinem Staatsrat) der jeweiligen Fachbehörde und werden von diesem als Vorsitzendem einberufen und geleitet. Die Aufgaben der Deputation bestanden aus der Mitwirkung bei der Aufstellung und Durchführung des Haushaltsplans der Fachbehörde, Teilnahme an grundsätzlichen Entscheidungen und Änderungen in der Fachbehörde, bei Einstellung und Beförderung von Beamten und Angestellten (mit wenigen Einschränkungen z. B. beim Verfassungsschutz und bei der Ernennung von Berufsrichtern). Sie befasste sich mit Beschwerden und Änderungsvorschlägen und hatten das Recht zur Akteneinsicht. Sie waren nicht an Weisungen gebunden. Die Entscheidungen der Deputation wurden mit Stimmenmehrheit gefällt. Bei Stimmengleichheit war die Stimme des Präses der Behörde ausschlaggebend. Gegen die Beschlüsse der Deputation konnte der Präses Einspruch beim Senat erheben, sofern Gesetze verletzt werden und das Staatswohl dadurch gefährdet schienen. Im Juni 2020 beschloss die Mehrheit der Bürgerschaft aus SPD und Grüne mit einer Zweidrittelmehrheit die Änderung der Hamburgischen Verfassung und weiterer Gesetze und damit die Deputationen abzuschaffen.[1][2] Seit dem 7. November 2020 sind die Deputationen aufgelöst. GeschichteDie Vorläufer der Deputationen sind bereits im späten Mittelalter nachweisbar. Bürger überwachten die Tätigkeiten der Ratsherren, die aus Sorge vor Amtsmissbrauch und Fehlentscheidungen niemals alleine zuständig sein sollten. Die Art, Zusammensetzung und Bezeichnung wechselte im Lauf der Jahrhunderte. Auch wurde der Begriff Deputation manchmal für eine Behörde oder ein Amt als Ganzes verwendet. Seit 1971 dürfen Bürgerschaftsabgeordnete nicht mehr zugleich Deputierte sein. Im Juni 2020 beschloss die Mehrheit der Bürgerschaft aus SPD und Grüne (Koalitionsfraktionen) mit einer Zweidrittelmehrheit die Änderung der Hamburgischen Verfassung (Art. 56) und andere Gesetze (u. a. Gesetz über Verwaltungsbehörden vom 30. Juli 1952) und damit die Deputationen abzuschaffen. Die Koalitionsfraktionen begründeten die Abschaffung u. a. wie folgt[3]: „(..) Die (...) Deputationen erscheinen in ihrer Stellung, ihren Aufgaben und ihrer Arbeitsweise nicht mehr zeitgemäß. Die früher in sie gesetzten Erwartungen haben sich jedenfalls in den letzten Jahren nicht mehr erfüllt. Weder stellen sie die 'eigentliche Kraftquelle der hamburgischen Verwaltung' (Oskar Mulert, Die Neuordnung der kommunalen Verwaltung der Hansestadt Hamburg, 1948, Seiten 124, 125) dar, noch wirken sie sich als 'Gegengewicht und Stimulationsfaktor für die bürokratische Verwaltung durch Berufspersonal' aus (Ipsen, Hamburgisches Staats- und Verwaltungsrecht, 5. Auflage 1975, Seite 20 unter Hinweis auf Kreutzer, DÖV 1954, 426). Sie verfügen in der Gesamtschau über geringe Kompetenzen und Einwirkungsmöglichkeiten und haben sich in der Praxis als überwiegend wenig wirksam erwiesen. Daher weisen sie kein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis auf. Die in nicht öffentlichen Sitzungen tagenden Deputationen erscheinen gegenüber der Öffentlichkeit als intransparent. So kann der Verfassungsauftrag des Artikels 56 HV, das Volk an der Verwaltung mitwirken zu lassen, nur unzureichend von den Deputationen erfüllt werden (Bernzen, Die Deputationen, 1980, Seite 23). Trotz ihrer jahrhundertealten Tradition dürften sie großen Teilen der Bevölkerung unbekannt sein.“ „Die Teilnahme der Deputationen an den Entscheidungen über Vorschläge, die von den Behörden für die Ernennung und Beförderung von Beamten einschließlich der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ab der Besoldungsgruppe A 13 und der Besoldungsgruppe R 1 aufwärts sowie für die Einstellung und Höhergruppierung von Angestellten ab der Entgeltgruppe 13 aufwärts und außertarifliche Verträge vergleichbarer Wertigkeit gemacht werden, hat in der Vergangenheit mit dazu beigetragen, dass die Dauer der Einstellungsverfahren im Vergleich zu denen der Privatwirtschaft nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Dies wirkt sich im Zuge des Fachkräftemangels bereits negativ aus.“ „Darüber hinaus sind die Mitwirkungs- und Kontrollrechte der Bürgerinnen und Bürger an der Verwaltung in anderen Bereichen – Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auf bezirklicher Ebene nach dem Bezirksverwaltungsgesetz, Auskunfts- und Veröffentlichungspflichten nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz – in den vergangenen Jahren erheblich gestärkt worden, sodass der Mehrwert der Deputationen im Zusammenspiel mit den Kontrollbefugnissen der Bürgerschaft in der Gesamtschau insgesamt nicht mehr überzeugt.“ „Durch die Abschaffung der Deputationen werden in den Fachbehörden zudem Stellenanteile von Beschäftigten, die bislang für die Geschäftsstellen der Deputationen tätig waren, für andere Aufgaben frei. Auch entfällt ein nicht unerheblicher personeller Aufwand, der mit der Erstellung der Sitzungsvorlagen und -protokolle sowie der Sitzungsteilnahmen von Beschäftigten der jeweiligen Fachbehörde verbunden war.“ Die Oppositionsfraktionen von CDU, Linke und AfD setzten sich dagegen für die Beibehaltung ein. Die Deputationen seien vor allem bei Personalfragen eine wesentliche Kontrollinstanz, um „Parteienfilz“ sowie Berufungen und Beförderungen nach Parteibuch in den Behörden vorzubeugen.[4] Auch in der Freien Hansestadt Bremen gab und gibt es ähnliche Deputationen, siehe Deputation (Bremen). WiderspruchsausschüsseEine ähnlich alte Tradition der Bürgerbeteiligung haben die Widerspruchsausschüsse. Sie sind in jeder Behörde eingerichtet und bestehen aus zwei Bürgern, die ähnlich wie die Deputierten bestellt werden, sowie dem Leiter des Rechtsamtes der jeweiligen Behörde als Vorsitzenden. Als eine Vorstufe des Verwaltungsrechts können hier die Bürger gegen Entscheidungen der Behörden Widerspruch einlegen. Beschlüsse können durch den jeweiligen Präses der Behörde aufgehoben werden. Parlamentsdokumente aus den Ausschussberatungen
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
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