Rhenania hatte anfangs die Farben weiß-blau-rot mit silberner Perkussion, weil bei ihrer Stiftung die Befreiungskriege erst fünf Jahre zurücklagen. Die Farben der französischen Trikolore zu tragen schien noch zu gewagt. Die Farben wurden später in blau-weiß-rot geändert, als diese weithin als die Farben des Rheinlandes anerkannt wurden. Dazu wird ein weißer Stürmer oder eine blaue Mütze getragen. Die Rhenanenfüchse tragen ein Fuchsband in blau-weiß-blau mit silberner Perkussion und statt des Stürmers eine blaue Studentenmütze. Der Wahlspruch lautet Einer für alle, alle für einen! und Nunquam retrorsum! (dt. „Weiche niemals zurück!“). Der Wappenspruch ist Sit ensis noster vindex! (dt. „Das Schwert sei unser Schutz“).
Geschichte
Das Corps Rhenania wurde am 15. Mai 1820 von Studenten an der Universität Bonn gestiftet. Die Stifter waren Ludwig Heusner, August v. Sivers, Theodor Friedrich Knyn, Friedrich Theodor Langen, Wilhelm Frießem, Eduard v. Runkel und Carl Sames. Im Sommersemester 1822 durch die Universitätsleitung suspendiert, bestand sie bis zum 1. Mai 1823 im Geheimen weiter. 1824 wurde sie formell rekonstituiert und ein Jahr später wieder suspendiert. Die erneute Rekonstitution erfolgte am 4. Juli 1829. Während der Progresszeit traten einige Mitglieder, Adolph Erlenmeyer, Gustav Eschborn und Karl Friedrich Reinhold Fock im Wintersemester 1843/44 aus und stifteten die Landsmannschaft Teutonia Bonn. Rhenania löste sich 1844 vorübergehend auf. Ihre Mitglieder vereinigten sich mit der Saxonia zu einer Verbindung Saxo-Rhenania mit den Farben blau-weiß-gold. Ein Teil der früheren Mitglieder rekonstituierte das Corps aber am 22. Oktober 1844.
Ab 9. November 1855 erneut suspendiert, wurde Rhenania am 6. Januar 1857 als Corps wieder aufgetan und gehört seither mit dem Bonner Senioren-Convent (Beitritt 1856) dem Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV) an. 1881 unterstützte der Bonner Rhenane Alexander von ClaerLeonhard Zander bei seiner Kösener Reforminitiative.
Rheinlandbesetzung
Während der Alliierten Rheinlandbesetzung hatte Rhenanias Senior eine Organisation von Studenten aufgebaut, die Bonn gegen Separatisten verteidigen sollte, welche eine „Rheinische Republik“ anstrebten. Mit anderen Studenten, Bürgern und Polizei gelang es ihr, die Erstürmung des Bonner Rathauses am frühen Morgen des 25. Oktober 1923 vorerst zu verhindern. Erst im weiteren Verlauf des Tages gelang es den Separatisten unter massiver Hilfe durch französische Truppen das Rathaus zu erobern.[2]
Zeit des Nationalsozialismus
1934 wurde das Corps mit der Forderung auf Ausschluss seiner jüdischen und mit jüdischen Ehefrauen verheirateten (sogenannt „nichtarisch-versippten“) Corpsbrüder konfrontiert. Diese Forderungen wurden auf der Basis des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom April 1933 gestellt. Die betroffenen Mitglieder traten aus. Rhenania nahm dies in der Hoffnung hin, durch die Anpassung an das neue Regime das Corps zu erhalten. Damit verletzte das Corps den eigentlich für alle Studentenverbindungen gültigen Grundsatz, dass die einmal verliehene Mitgliedschaft einem Angehörigen nur aufgrund schweren Fehlverhaltens aberkannt werden kann. Angesichts dessen und aus Protest gegen die Untätigkeit des Corps in dieser Frage traten weitere Mitglieder aus, die das Ausscheiden der jüdischen Mitglieder nicht hinnehmen wollten. Dieser Schritt konnte das Corps aber nicht vor der Suspension bewahren. Sie erfolgte 1936; Rhenania musste sich auflösen. Im selben Jahr hatte der Corpsburschen-Convent der Teutonia Bonn den Beitritt zum Corps Rhenania beschlossen; der Beschluss wurde aber nie umgesetzt.
Mit Angehörigen des Corps Saxonia Bonn und des Corps Teutonia Bonn unterstützten Alte Herren Rhenanias die SC-Kameradschaft Yorck von Wartenburg. Ihr wurde Rhenanias Corpshaus zur Verfügung gestellt. Entgegen dem Verbot wurden bis 1944 Mensuren gefochten. Am 11. Juni 1944 gehörte Rhenania zu den Corps, die auf der Rudelsburg die Rekonstitution des KSCV beschlossen. Die Vereinbarungen kamen aus kriegsbedingten Gründen nicht mehr zum Tragen. Die GeStaPo leitete eine Untersuchung ein. Die Verfahren verliefen sich in den Wirren der letzten Kriegsmonate.
Auf Rhenanias Veranlassung rief der SC zu Bonn 1949 die Corps nach Altena, wo sich der Verband Alter Corpsstudenten rekonstituiert hatte. Zu dem Treffen am 6./7. Januar 1950 kamen Vertreter von 20 Corps. Beschlossen wurde die Gründung der Interessengemeinschaft, die die Wiederbegründung des KSCV vorbereiten sollte.
Sie erfolgte am 19. Mai 1951 auf der Godesburg. Die Auflösung des KSCV von 1935 wurde nichtig erklärt.[3]
Am 30. Mai 1953 wurde der Altherrenverband des Corps Thuringia Leipzig aufgenommen. Das aktive Corps der Thuringia wurde von Rhenania ab dem 18. Januar 1971 mit einem eigenen Aktivenbetrieb in Saarbrücken wiedereröffnet. Nach der deutschen Vereinigung kehrte Thuringia an ihren Heimatort zurück.
Im Wintersemester 1972/73 suspendierte Rhenania. Im Herbst 1973 begann der Umbau des Hauses. Als Übergangslösung diente das Haus im Florentiusgraben. Am 2. März 1974 rekonstituierten Ernst Brenning I vom Corps Normannia Berlin, Wilhelm Ellinger vom Corps Brunsviga Göttingen und Michael Schlicht vom Corps Thuringia Leipzig das Corps Rhenania. Seitdem herrscht wieder geordneter Corpsbetrieb.
Wie schon 1950 und 1989 stellte Rhenania 2013/14 den Vorortsprecher des KSCV.
Wilhelm Heinzerling (1828–1896), Richter, Mitglied des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes, Lehrbeauftragter für Grundzüge der Rechtswissenschaft und Nationalökonomie, Mitglied und Sekretär der Zweiten Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen, Präsident der Hessischen Landessynode
Ludwig Heusner (Politiker) (1800–1861), Notar und Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, Stiftungssenior des Corps
Gottfried Kuhnt (1884–1967), OLG-Präsident und Justizminister von Schleswig-Holstein
August Lamey (1816–1896), Präsident des Badischen Landtages und Badischer Minister, erwirkte Amnestie für Revolutionäre von 1848 und Gleichberechtigung der Juden. Sein Denkmal in Mannheim wurde 1935 von der NSDAP entfernt.
Paul Moldenhauer (1876–1947), Aufsichtsrat I.G. Farben bis 1930, Reichswirtschaftsminister 1929, Reichsfinanzminister 1930, MdR 1920–1930, Control Office zur Auflösung der I.G. Farben 1945
Friedrich Müller (1803–1876), nassauischer (sp. preußischer) Verwaltungsbeamter und Abgeordneter der Landstände des Herzogtums Nassau
Friedrich von Werthern (1804–1864), Geheimer Rat, Staatsminister, Leiter des Landesministeriums des Herzogtums Sachsen-Meiningen
Kommunal- und Staatsbeamte
Richard Beissel von Gymnich (1802–1879), Majoratsherr, Landrat des Landkreises Schleiden, Kammerherr, Schlosshauptmann von Koblenz
Erich Bohnekamp (1901–1955), Landwirt, Kommunalpolitiker, Landrat des Landkreises Rees
Rudolph von Dewitz (1815–1863), Jurist, Landrat des Landkreises Landsberg (Warthe)
Wilhelm von Dönniges (1814–1872), Historiker und Diplomat des Königreichs Bayern
Karl Gerhardt (1864–1939), Landessyndikus und Stellvertreter des Landesdirektors der Provinz Brandenburg, Direktor der Landesversicherungsanstalt Brandenburg
Curt Godlewski (1880–1959), Präsident des Statistischen Reichsamts
Alfred Gülcher (1849–1922), Landrat des Landkreises Eupen, Preußischer Verwaltungskommissar von Neutral-Moresnet
Franz von Guérard (1868–1951), Präsident der Reichsbahndirektion Köln
Eduard Haber (1866–1947), Gouverneur von Deutsch-Neuguinea, Präsident des Reichsausgleichsamtes
Gustav Hasselbach (1818–1898), Wirklicher Geheimer Rat, Generaldirektor der indirekten Steuern im Preußischen Finanzministerium, Vorsitzender der Statistischen Zentralkommission
Clemens August Heckmann (1825–1884), Bürgermeister von Münstermaifeld, Landrat der Landkreise Zell/Mosel und Adenau
Gustav Kautz (1826–1897), Bürgermeister von Rheinböllen und Moers
Michael Habs (* 1950), Manager, apl. Professor für Phytopharmakologie, Geschäftsführer bei Dr. Willmar Schwabe
Carl Heusner (1802–1883), Arzt, Gründer der Kaltwasserheilanstalt Mühlbad in Boppard
Max Hochrein (1897–1973), Professor, Internist und Arbeitsmediziner
Dominicus Kalt (1804–1887), Arzt, Gründer des St. Johannes-Hospitals in Bonn, Präsident des Vereins der Ärzte des Regierungsbezirkes Köln, Leibarzt der Prinzessin von Thurn und Taxis
Karl Speck (1828–1916), Arzt und Begründer der Sport und Arbeitsphysiologie
Wilhelm Thomé (1809–1846), Augenarzt und Geburtshelfer in Köln
Emil Ungar (1849–1934), Professor und Begründer der Rechtsmedizin in Bonn
Naturwissenschaftler und Ingenieure
Otto Andres (1907–1985), Weingutsbesitzer, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz
Jörg Fleischhauer (* 1939), Professor für Theoretische Chemie an der RWTH Aachen
Richard Greeff (1829–1892), Mediziner, Zoologe und Hochschullehrer
Otto Braun (1824–1900), Schriftsteller und Journalist
Adolf Buff (1838–1901), Erzieher von Prinz Leopold, Herzog von Albany, Kaiser Wilhelm II. und Prinz Heinrich von Preußen, Vorsteher des Stadtarchivs Augsburg
Otto Butterlin (1900–1956), Chemiker und Kunstmaler in Mexiko
Carl d’Ester (1838–1879), Musikdirektor in Frankfurt am Main und Wiesbaden
Jean Louis Sponsel (1858–1930), Direktor des Kgl. Sächsischen Kupferstichkabinetts, des Grünen Gewölbes, des Historischen Museums sowie des Münzkabinetts, 1905–1909 Vorsitzender des Verbandes Alter Corpsstudenten
Theodor Friedrich Knyn (1801–1877), Reichskommissar für die Spielbank in Homburg, Präsident des Obergerichts der Provinz Rheinhessen, Stifter des Corps
Otto von Vacano (1827–1897), Präsident des Oberlandesgerichts in Colmar
Carlos Wetzell (1890–1973), Industriemanager und Industrieller
Wolfgang Weynen (1913–1994), Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Wiesbaden, Vorsitzer der Geschäftsführung der Deutschen Presseagentur
Joseph Hirschel (1817–1885), Professor für Kirchenrecht, Mainzer Domkapitular
Wilhelm Ludwig Krafft (1821–1897), Professor für evangelische Theologie an der Universität Bonn
Literatur
F. R. Moldenhauer: Corpsgeschichte der Rhenania zu Bonn 1820–1909. 1909.
Hans Gerhardt [Rhenaniae Bonn]: Hundert Jahre Bonner Corps. Die korporationsgeschichtliche Entwicklung des Bonner S.C. von 1810 bis 1918. Verlag der Deutschen Corpszeitung, Frankfurt am Main 1926.
Matrikel der Bonner Rhenanen 1820–1970. o. J.
Paulgerhard Gladen: Die Kösener und Weinheimer Corps. Hilden 2007, S. 134 f.