ClockspeedClockspeed: Wie Unternehmen schnell auf Marktveränderungen reagieren können (Originaltitel: Clockspeed: Winning Industry Control in the Age of Temporary Advantage) ist der Titel eines Buches aus dem Jahr 1998 von Charles H. Fine.[1] Die Studie beschäftigt sich mit den Gesetzmäßigkeiten von Machtverschiebungen innerhalb globaler Lieferketten. Weiterhin ist die Entwicklung der industriellen Produktionskonzepte und den Herausforderungen eines nachhaltigen Ausgleichs sozialer, ökologischer und ökonomischer Anforderungen an die Automobilindustrie thematisiert. Das Buch ist eine für einen breiteren auch nichtfachlichen Leserkreis gedachte Aufbereitung der Ergebnisse der dritten Phase des International Motor Vehicle Program (IMVP), des ältesten und größten internationalen Forschungskonsortiums für die Automobilindustrie. Es erschien ein Jahr nach der Erstveröffentlichung in weiteren englischen Ausgaben sowie in Deutsch, Japanisch, Niederländisch, Schwedisch und Spanisch. Rezensionen erfolgten in einschlägigen Fachzeitschriften und -konferenzen.[2] KernaussagenNach Fines Darlegungen studieren Biologen die Abläufe des Lebens oft an der Fruchtfliege. Der Grund sei der extrem kurze Lebenszyklus der Art. Forscher könnten daher in wenigen Jahren die genetischen Entwicklungen hunderter Generationen verfolgen. Dort erzielte Erkenntnisse würden dann auf die Forschungen an langlebigeren Arten wie beispielsweise dem Menschen übertragen. In seinem Buch schlägt Fine vor, auf der Suche nach strategischen Optionen für Unternehmen der Automobilindustrie ähnlich zu verfahren und zunächst die „Fruchtfliegen“ der Wirtschaft ausfindig zu machen und dann von denen zu lernen. Als Analogie zum Lebenszyklus in der Humangenetik definiert er für die „business genetics“ (Wirtschaftsgenetik) die „Clockspeeds“. Als die Fruchtfliegen der Wirtschaft identifiziert er die Infotainment- und die Computerindustrie. Die Automobilindustrie habe dagegen eine deutliche geringere Clockspeed während zum Beispiel die Luftfahrt zu den Branchen mit langsamer Clockspeed zu zählen sei. Als Gedankenexperiment spekuliert Fine darüber, ob die in der Computerindustrie in der jüngeren Vergangenheit (1998!) erfolgte Machtverschiebung in der Lieferkette vom Gerätehersteller (OEM) zu den Lieferanten Microsoft und Intel („Intel Inside“) sich angesichts des zunehmenden Wertes der Elektronik in einem Auto nicht zu ähnlichen Strukturen (Bosch oder Denso inside) entwickeln werde. Wesentliche Schlüsse, welche er aus der Betrachtung der Fruchtfliege Infotainment zieht, sind:
Fine stellt im Folgenden Instrumente vor, um beispielsweise
und zieht den Schluss, dass das „traditionelle“,[3] aus den zwei Dimensionen Produkt und Prozess bestehende Concurrent Engineering um eine dritte Dimension: Lieferkettenarchitektur zum 3-DCE (dynamisches Dreidimensionales-Concurrent-Engineering) erweitert werden müsse. An zahlreichen Fallbeispielen werden die Überlegungen erläutert und schließlich auch auf den öffentlichen Dienst und Institutionen der Lehre ausgedehnt.[4] Aufbau und InhaltDas Buch ist in drei Teile gegliedert und diese wiederum in jeweils drei bis fünf Kapitel.[5] Wirtschaftsgenetik – Was wir von Fruchtfliegen lernen könnenFine definiert die Supply-Chains von Unternehmen auch als deren Kompetenzketten und bezeichnet diese in Analogie zur Genetik als deren „molekulare Struktur“, deren Mutationen und Evolutionsprozessen im Weiteren seine Aufmerksamkeit gilt. Die Doppelhelix bildet ihm ein Modell changierender Integrationsrichtungen, in dem bei vertikaler Dominanz Großunternehmen vorherrschen und bei horizontaler dynamisch-innovative und wo jeder Durchlauf zugrunde gegangene Unternehmenssaurier zurückließe. Lieferkettendesign – Die ultimative KernkompetenzWettbewerbsvorsprünge werden als regelmäßig temporär dargestellt. Damit bestehe eine überdauernde Kernkompetenz in der Fähigkeit, sich für die jeweils richtige Kernkompetenz zu entscheiden, die sich aus der Position auf der Doppelhelix ergibt. Je nach dem könne es sich beispielsweise um das Vertriebsnetz handeln, oder das Markenmanagement oder das Produktdesign. Dabei werde der Wettbewerb von miteinander konkurrierenden Supply-Chains geprägt, in der das jeweilige Unternehmen immer nur eine beschränkte Rolle spielt. Der Erfolg sei daher für die Unternehmen, welche immer wieder von neuem voraussehen können, welche die zukünftig entscheidenden Kompetenzen in einer Lieferkette sein werden. Für die Dynamik in einer Supply-Chain seien zwei Gesetzmäßigkeiten zu beobachten:
Die Supply-Chain wird in drei Komponenten analysiert:
Eine strategische Analyse müsse sich auf alle drei stützen. Managementstrategien im Zeitalter kurzfristiger Wettbewerbsvorteile – Dreidimensionales-Concurrent-Engineering (3-DCE)Im von Fine als klassisch bezeichneten Concurrent Engineering[6] wird das Produkt und der zugehörige Produktionsprozess weitgehend zusammenhängend und zeitlich parallel entwickelt. Die Konsequenz aus einem Denken in Lieferketten mache jedoch deutlich, dass das Lieferkettendesign eine notwendige Ergänzung ist, welche das Concurrent Engineering zum Dreidimensionalen-Concurrent-Engineering erweitert. Strategisch sei dabei festzulegen, welchen Teil der Lieferkette das Unternehmen selbst bestreiten will. Anhand des Clockspeed-Modells wird eine Vier-Schritte-Vorgehensweise zur Vorbereitung dieser Make-or-buy-Entscheidung entwickelt:
Epilog: Wenn Fruchtfliegen die Erde erobern – Die Clockspeeds von Menschen und öffentlichen InstitutionenSoziale Systeme und öffentliche Einrichtungen unterlägen ebenfalls der Clockspeed. In diesem Kapitel setzt Fine sich damit auseinander, welche Konsequenzen die in der Wirtschaft zu beobachtende Beschleunigung der Clockspeeds für diese Bereiche hat und wie man ihnen begegnen kann. BedeutungNach den Angaben des WorldCat sind bis zum Oktober 2010 zum Stichwort „Clockspeed“ über 70 Autoren tätig geworden. Es werden 34 Bücher, 66 Aufsätze, 47 Internet-Ressourcen nachgewiesen. Hinzu kommen 24 „Dissertations“. Sieht man von den typischerweise verstärkten Rezensionen zur Neuerscheinung ab, ist die Aufnahme des Textes zunächst verhalten. Erst ab dem Jahr 2004, fünf Jahre nach dem Erscheinen, nehmen darauf aufbauende Arbeiten deutlich zu. Das Buch ist offenbar bis ins Jahr 2010 aktuell, da die Veröffentlichungen unter dem Stichwort unvermindert anhalten.[7] Fines Arbeit gehört inzwischen zu den Grundlagen des Supply-Chain-Managements[8][9] und wird ebenfalls im Strategischen Management herangezogen,[10] als Grundlage für Rationalisierungsprojekte angesehen[11] und hilft beim Controlling.[12] An der Clockspeed einzelner Branchen und Unternehmen sind Investoren interessiert. So versucht man, Fines Messverfahren zu verbessern und die Aussage der sich verkürzenden Taktrate zu präzisieren.[13] Die nachgewiesenen, sich beschleunigenden Clockspeeds sind weiterhin ein Treiber, neue Formen des Innovationsmanagements zu entwickeln. Das so genannte iPod-Syndrom, wo Apple als No-Name im Markt für mobile Abspielgeräte in kürzester Zeit Sony als Marktführer verdrängte, gilt dafür als mahnendes Beispiel.[14] Literatur
Weitere Veröffentlichungen des Autors zum Thema
Auswahl von Sekundärliteratur (nach Alter)
Einzelnachweise
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