Chromosomenaberrationen (von lateinischaberrare „abweichen“), auch Chromosomenanomalien genannt, sind lichtmikroskopisch sichtbare strukturelle oder zahlenmäßige Veränderungen der Chromosomen eines Organismus oder einer Zelle.[1]
Bei Chromosomenaberrationen handelt es sich um größere Veränderungen des Erbguts, die bei Menschen zu schwerwiegenden Krankheitsbildern führen können und in der klinischen Zytogenetik mit der ISCN-Nomenklatur beschrieben werden (International System for Human Cytogenetic Nomenclature)[2].
Kleinere, in zytogenetischen Präparaten lichtmikroskopisch nicht sichtbare Veränderungen wie beispielsweise Mutationen an einzelnen Genen (Genmutationen) werden dagegen nicht zu den Chromosomenaberrationen gezählt.[3][1]
Chromosomenaberrationen werden in numerische und strukturelle Chromosomenaberrationen unterteilt, die in ihren eigenen Artikeln näher beschrieben sind.
Bei numerischen Chromosomenaberrationen, die auch als Genommutation bezeichnet werden, kommt es zu einer Veränderung der Chromosomenanzahl.
Aneuploidien entstehen durch eine sogenannte Non-Disjunction, welche zur Folge hat, dass entweder ein Chromosom geht, oder mehrfach vorhanden ist. Die Abweichung kann sowohl Geschlechtschromosomen als auch Autosomen betreffen. Bei Monosomien ist z. B. ein normalerweise paariges Chromosom nur als Einzelchromosom vorhanden, während es bei Trisomien dreifach vorhanden ist.[4]
Die Polyploidie ist eine bestimmte Form der Euploidie, bei der mehr als zwei vollständige Chromosomensätze vorliegen, so sind es bei der Triploidie z. B. drei.[5] Polyploidie ist bei zahlreichen Kulturpflanzen ein gezielt herbeigeführter Zustand, der durch den Einsatz mutagener Substanzen oder Kreuzungen entsteht.[6]
Strukturelle Chromosomenaberrationen können durch Mutagene mit clastogenem Potential verursacht werden. Numerische Chromosomenaberrationen können durch Substanzen mit aneugenem Potential ausgelöst werden und verändern den Aufbau einzelner Chromosomen.
Folgende Chromosomenmutationen werden unterschieden:[7]
Insertion; ein zusätzliches Teilstück wird eingefügt
Translokation; abgebrochene Teilstücke von Chromosomen, heften sich an ein anderes Chromosom
Inversion; umgekehrter Einbau eines Teilstückes, nach einem Doppelbruch
↑ abWerner Buselmaier, Gholamali Tariverdian: Humangenetik. Begleittext zum Gegenstandskatalog. Springer, Berlin 1991, ISBN 3-540-54095-4.
↑ISCN 2009: An International System for Human Cytogenetic Nomenclature (2009). Recommendations of the International Standing Committee on Human Cytogenetic Nomenclature
↑William Hovanitz: Textbook of Genetics. Elsevier Press, Inc., Houston, New York, 1953 (S. 190).„(...) if a change in structure (of chromosomes) is large enough to be visible in cytological preparations it is considered a chromosomal mutation. If it is too small to be readily observed, is known only from the genetic results of segregation and can be localized on a chromosome, it is known as a gene mutation. There is no sharp dividing line between gene mutations and chromosomal mutations. Eventually all gene mutations in their ultra-fine structure will be found to be structural, if only in the molecular arrangement of which the gene is composed.“