Christoph Schäfer studiert von 1985 bis 1992 an der Hochschule für bildende Künste Hamburg zunächst bei Bernd Koberling und später bei Dan Graham. Aus einem konzeptuellen Hintergrund heraus entwickelt Schäfer Texte, Zeichnungen, Videos, Rauminstallationen, Diagramme, Wandzeichnungen, Filme, Kunst im öffentlichen Raum, Wunschproduktionen, Stadtplanungsprozesse, Bücher und Vortragsperformances. Ab 1989 entstehen Arbeiten, die sich mit dem urbanen Alltag befassen und konkrete städtische Situationen reflektieren und verändern. Diese Arbeiten bewegen sich am Rand des künstlerischen Feldes und entstehen häufig in Kooperation mit Anderen, Künstlern, Planern, Architekten. Der autonome Werkbegriff wird auf eine künstlerische Praxis erweitert, die als Plattform des Austauschs und der Produktion mit Anderen funktioniert. Am bekanntesten ist das Projekt Park Fiction, das im Hamburger Stadtteil St. Pauli einen öffentlichen Planungsprozess von unten organisiert. Eingebettet in eine politische Nachbarschaftsinitiative, entwickelt Park Fiction einen Planungsprozess als Spiel, eine Kollektive Wunschproduktion und Planungs-Tools wie den Action Kit, die den Zugriff auf Stadtplanung auch für Laien zugänglich machen sollen.
„Mich interessieren Hebelwirkungen – wie sich ein Spannungsverhältnis zwischen dem Imaginären und dem Status Quo herstellen lässt. (...) „Park Fiction“ war ganz direkt als Plattform der Wunschproduktion und des Austauschs mit anderen konzipiert. Allerdings lehne ich es künstlerisch wie politisch ab, zum Verwalter der Wünsche oder Ideen von Anderen zu werden – ich finde es wichtig, eine Praxis aus dem eigenen Alltag heraus, subjektiv und mit einer eigenen Haltung zu entwickeln.“
Schäfers Schriften tragen zur Theoriebildung in diesem erweiterten künstlerischen Feld bei und machen etwa den von Gilles Deleuze und Félix Guattari entwickelten Begriff der Wunschmaschine oder die von Henri Lefebvre ins Spiel gebrachte Produktion des Raums für künstlerische Praxis und emanzipatorische Bewegungen fruchtbar. Seine Texte setzen sich kritisch mit der neoliberalen Stadtentwicklung und mit der Rolle, die der Kunst in diesen Prozessen zugewiesen wird, auseinander.[2]
„Schäfer versucht, die Stadt nicht nur (...) als hieroglyphisches Symbolsystem räumlicher Praxis und gesellschaftlicher Macht zu lesen, sondern dieses gleichermassen auch zu verschieben. Die Stadt wird mit einem taktischen Wörterbuch neuer Bedeutungen überzogen und ihre Wände zur Leinwand einer Wunschproduktion, die zunehmend aus dem städtischen Raum verdrängt wird.“
2017 Christoph Schäfer – Bostanorama, Kunstraum Lakeside, Klagenfurt[8]
Publikationen
Die Stadt ist unsere Fabrik/The City is Our Factory. 304 Seiten, 150 Zeichnungen, deutsch/englisch, Spector Books, Leipzig 2010, ISBN 978-3-940064-95-0.
Tobias Nagl, Revolution Non Stop und die Politik des Urbanen: Wunschproduktion und „Stadtplanung“ in einigen Arbeiten Christoph Schäfers, in: Anselm Franke (Hrsg.): Positions 1, KW – Kunst-Werke Berlin 2002
Ulrike Bergermann: Maschinen aus Möglichkeiten: «Die Stadt ist unsere Fabrik». In: Zeitschrift für Medienwissenschaft. Heft 3: Aufzeichnen, Jg. 2, Nr. 2, S. 115–123, 2012. doi:10.25969/mediarep/2487
↑Tobias Nagl: Revolution Non Stop und die Politik des Urbanen. In: Anselm Franke (Hrsg.): KW Magazines. Positions, Nr.1. KW Berlin, Institute for Contemporary Art, Berlin 2002, S.12.