Castello Ducale di Bisaccia
Das Castello Ducale di Bisaccia ist eine Burg aus dem 13. Jahrhundert im Zentrum der Stadt Bisaccia in der italienischen Region Kampanien. Es liegt neben der dortigen Kathedrale. Dort errichteten bereits Mitte des 8. Jahrhunderts die Langobarden eine Burg, die aber bei einem Erdbeben im Jahre 1198 zerstört wurde. Im 13. Jahrhundert ließ Kaiser Friedrich II. die Burg wiederaufbauen.[1][2][3] Zu Zeiten Friedrichs II. gehörte das Lehen Riccardo di Bisaccia.[4] Im 16. Jahrhundert wurde sie in eine Adelsresidenz umgebaut. BeschreibungDie Mauern sind aus einer Mischung von groben Flusskieseln und zurechtgeschnittenen Kalksteinblöcken, sowie sehr dauerhaftem Mörtel, errichtet. Auf der Burg gibt es eine Zisterne mit Filter und Bogenrohren für Trinkwasser, einen 12 Meter hohen und 8 Meter breiten Turm, sowie eine kleine Kirche mit Apsis. Die Burg hat 42 Räume. Über dem Tor ist das Wappen der Familie Pignatelli d’Egmont angebracht, der die Burg vom Ende des 16. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts gehörte. Der Wohnbereich, in dem der Lehensherr logierte, befand sich im Südflügel. Früher gab es eine strategisch bedeutende Kontrollbastion, die Teil der Verteidigungslinie zum Schutz des Gebietes des westlichen und nördlichen Apulien war. Diese Verteidigungslinie, die entlang der Via Appia und der Via Traiana verlief, und zu der neben der Festung von Bisaccia die von Sant’Agata di Puglia und das Castello di Ariano Irpino gehörten, war das Werk des byzantinischen Katepans Basilio Boioanne, der sie im Verlauf seiner Verwaltungsreorganisation des Westlichen Katepanats bauen ließ. Die Burg von Bisaccia wurde in dieser Zeit castrum Byzacium oder castrum Bycantii genannt und war ein Verteidigungsvorposten der Byzantiner.[5] GeschichteDie NormannenDie ersten Dokumente, die die Existenz einer Burg bezeugen, sind aus normannischer Zeit, auch wenn die Langobarden um die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts bereits eine einfache Festung gebaut hatten.[6] Unter den Normannen wurde Bisaccia ein Lehen unter der Herrschaft eines Lehensherrn. Die Lehensherren banden die Bauern an das Lehen; diese wurden zusammen mit dem Lehen verkauft (die sogenannten Leibeigenen). Es gab zwei Arten von Agrarabkommen zwischen dem Lehensherrn und den Bauern:
In Bisaccia wurde die zweite Art von Abkommen praktiziert (it: Pastinato), wonach unter anderem ein Teil von Bisaccia Pastina benannt wurde. Dies führte dazu, dass das Castello di Bisaccia zu einem Zentrum der Bevölkerung werden sollte, um das herum neue Wohngebäude entstehen sollten, was unter anderem zur Verbreitung kleiner, bäuerlicher Anwesen führte. 1198 zerstörte ein schweres Erdbeben die Burg.[6] In Folge der Heirat zwischen der normannischen Königin Konstanze von Sizilien und dem Kaiser Heinrich VI. wurden die Kronen von Sizilien und des Heiligen Römischen Reiches in den Händen von Friedrich II., König von Sizilien und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, vereint. Wiederaufbau der Burg durch Friedrich II.Zwischen 1230 und 1246 gehörte das Lehen von Bisaccia dem Lehensherrn von Bisaccia, nämlich Lavello Riccardo I. di Bisaccia, dessen Sohn Ruggero di Bisaccia, die Mabilia de Amicis, direkte Verwandte des Dichters der sizilianischen Dichterschule Ruggero de Amicis, heiratete; aus der Ehe ging Riccardo II. di Bisaccia hervor.[7] 1246 aber wurde der Herr von Bisaccia, Riccardo I., vom Kaiser Friedrich II. von seinem Lehen verjagt und anschließend zusammen mit seinem Sohn wegen seiner Verstrickung in die Verschwörung von Capaccio angeklagt.[8][4] Friedrich II. ließ fast das gesamte Castello die Bisaccia wiederaufbauen, das fast vollständig von dem Erdbeben von 1198 zerstört worden war, und nutzte die Keller als Gefängnis.[6][9] Der Turm der Burg mit quadratischem Grundriss – typisch für die Staufer – ist auf die Zeit Friedrichs II. zurückzuführen und wurde sicherlich so errichtet, dass „sein höchster Teil mit dem Netz der umliegenden Burgen Friederichs bis in die benachbarte Basilikata optisch verbunden war“.[10] Friedrich II. besuchte Bisaccia darüber hinaus 1250, wie aus der „Historia Diplomatica Fridericia II.“ hervorgeht, die berichtet, dass der Kaiser am 28. Juni 1250 „auf dem Feld in der Nähe von Bisaccia“ das folgende Dokument ausstellte:[11]
In der Nähe von Bisaccia befindet sich der Formicoso, eine Hochebene, die Friedrich II. in „Mons Sanum“ umbenannte, was die Wertschätzung des Kaisers für diesen Ort bestätigt.[13] Gemäß der Ausgabe 1980 des historischen Archivs für die neapolitanischen Provinzen „ist es leicht, dass Friedrich II. (...) an besagtem Ort sich zur Jagd (...) begab (...), der heute noch Formicoso genannt wird“ und das würde auch erklären, warum der Kaiser den Formicoso in „Mons Sanum“ umbenannte.[14] Laut der Website der Beni culturali ist es höchstwahrscheinlich, dass Friedrich II. das Castello di Bisaccia als Jagdschloss genutzt hat, wenn man an die Leidenschaft des Kaisers für die Falkenjagd und die Nähe des Dorfes zum Formicoso denkt, wo es reichlich Wild gab.[10][15][16] Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass die Burg gelegentlich Sitz der sizilianischen Dichterschule war.[10][17] 1254 flüchtete sich der Kaiser Manfred, der Sohn von Friedrich II., der von der Armee des Papstes gejagt wurde, genau auf das Castello di Bisaccia und rettete sich:
Manfred schenkte später das Lehen Bisaccia erst dem Grafen von Acerra und dann Matteo di Monticchio.[8] Nachdem Manfred 1266 in der Schlacht bei Benevent gefallen war, in deren Folge das Haus Anjou das Königreich Sizilien eroberten, kam Konradin, der Enkel von Manfred, 1267 nach Italien herunter, um zu versuchen, das Königreich zurückzuerobern, wurde aber geschlagen. In der Zwischenzeit organisierte Riccardo II. von Bisaccia, der Großvater des Barons von Bisaccia, Riccardo I. während der versuchten Rückeroberung Konradins, die Ehe seiner Schwester mit Matteo di Monticchio auch ohne die Genehmigung des Königs aus dem Hause Anjou; die Schwester brachte ihm so die Hälfte des Lehens Bisaccia als Mitgift. Als Karl I. von Neapel Konradin besiegt und Matteo di Monticchio wegen Verrats verurteilt hatte, verlehnte er 1268 das Lehen von Bisaccio an Anselme de Chevreuse.[19] Riccardo II. legte Berufung ein und 1268 gelangte er wieder in den Besitz des Lehens von Bisaccia, obwohl er der Schwager von Matteo di Manticchio, der den König verraten hatte, war:[20]
1274 wurde das Lehen Bisaccia an Guillaume de Cotigny verlehnt. Das Castello di Bisaccia unter den Häusern Anjou und Aragón (1266–1503)Das Lehen fiel an Guillaume de Cotigny, nach dessen Tod dessen Sohn Ruggiero es erbte, aber, nachdem dieser noch minderjährig war, wurde es verschiedenen Treuhändern überantwortet: Pietro de Narra (Schwager), Francesco di Montefusco und Nicola di Gesualdo. Als Ruggiero 1294 volljährig wurde, erhielt er die volle Macht über das Lehen.[8] In der Zwischenzeit gab es 1282 eine Revolution in Sizilien (Sizilianische Vesper), das sich vom Joch des Hauses Anjou befreite und an das Haus Aragón fiel. Letztere bemächtigten sich später auch des Königreichs Neapel, einschließlich des Lehens Bisaccia. 1419 gehörte die Burg Albanese Picciolo[22] Sein Nachfolger, Giacomo della Marra, lehnte sich gegen die Krone auf: Er scheiterte und wurde mit dem Verlust des Lehens bestraft.[22] Das Lehen und die Burg vergaben die Herrscher aus dem Hause Aragón an den Condottiere Giacomo Piccinino.[22] Am 8. September 1462 vergab König Ferdinand I. von Neapel das Lehen Bisaccia an Pirro del Balzo, den Herzog von Venosa, nachdem er erfahren hatte, dass Giacomo Piccinino auf die Seite des Feindes (des Herzogs Karl II. von Neapel) gewechselt hatte.[22] Spanische Epoche (1503–1707)1503 wurde Bisaccia spanisches Herrschaftsgebiet. Am 6. Juni 1504 wurde Bisaccia, das königlicher Besitz war (Friedrich von Aragón hatte die Eigentümerin des Lehens, Isabella del Balzo, geheiratet), an Niccolò Maria de Somma verkauft.[23] 1518, nach dem Tod von De Somma ohne Erben fielen die Burg und das Lehen von Bisaccia an den königlichen Hof, der das Lehen an den Soldaten Giuliano Buccino verlehnte.[23] Am 29. Juli 1532 wurde das Lehen als Anerkennung für der Krone geleistete Dienste an Alfonso d’Avalos, Markgraf von Vasto, abgegeben.[24] 1533 wurde die Burg für 3500 Dukaten an Giovan Battista Manso verkauft.[24] 1567 fiel das Lehen an Giulio Manso, der 1571 verstarb, und das Lehen seinem minderjährigen Sohn, Giovanni Battista Manso II. unter der Treuhänderschaft der Großmutter Laura Manso hinterließ. Letztere war gezwungen, noch 1571 das Lehen von Cucolo (Cuccari) wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten durch die durch ihren Neffen angehäuften Schulden, versteigern zu lassen.[24] Giovanni Battista blieb also die Burg, in der 1588 sein Freund Torquato Tasso zu Gast war; wie Tasso war auch Giovanni Battista Schriftsteller, wenn auch mit geringerem Erfolg. Torquato Tasso in BisacciaGegen Ende des 16. Jahrhunderts gehörte das Castello di Bisaccia Giovanni Battista Manso II., einem Freund des bekannten Dichters Torquato Tasso. Letzterer ließ sich, als er in Neapel angekommen war, wegen seines schlechten Gesundheitszustandes und wirtschaftlicher Not, wozu noch literarisch-religiöse Kontroversen über ‘‘Das befreite Jerusalem‘‘ von Pedanten kamen, von Melancholie überwältigen. So nahm er die Einladung seines Freundes Manso an, ihn auf sein Lehen nach Bisaccia zu begleiten, wo dieser einige Meinungsverschiedenheiten zwischen seinen Vasallen schlichten konnte. (Kap. IV des Lebenslaufes). In Bisaccia, wo sich Tasso in den Monaten Oktober und November 1588 aufhielt, empfand er sehr große Erleichterung und gab sich – wie man aus einem Brief von Manso an den Prinzen von Conca ersieht – der Jagd hingab, während er bei schlechtem Wetter viele Stunden damit verbrachte, dem Singen und Spielen zuzuhören. Und da Tasso an die Existenz von Geistern glaubte, überzeugte ihn der Graf von Bisaccia, einen in seiner Familie zu haben; dieser verliebte Geist, der ihn – wie Tasso im Dialog „Il messaggero“ erzählt – in seinen Träumen besuchte, erschien ihm in Gestalt eines Jünglings mit blauen Augen, ähnlich denen, die Homer der Göttin Athene zuschreibt. Der Aufenthalt Tassos in Bisaccia ist in einem Gemälde von Bernardo Celentano und in den Versen eines Gedichtes von Luigi Conforti verewigt; und Armando Ciollaro meint in einem Artikel, der in der Roma veröffentlicht wurde, dass die oben zitierten Verse auf die Fassade der Burg geschrieben worden seien. Der berühmte Literaturkritiker Francesco de Sanctis, der das Castello di Bisaccia besucht und das Panorama von einem Fenster aus bewundert hatte, schrieb:[25]
Herzogtum BisacciaIm Jahre 1600 erhob König Philipp II. von Spanien Bisaccia wegen der Verdienste von Ascanio Pignatelli (1. Herzog von Bisaccia) und der Dienste, die dessen Vater, Scipione, Markgraf von Lauro, für die Krone geleistet hatte, zum Herzogtum.[26] Liste der Herzöge von Bisaccia in spanischer Zeit
Die Pignatellis lebten im Castello di Bisaccia, ihrer Adelsresidenz. Das Erdbeben von 1694 zerstörte die Burg teilweise, aber die Schäden wurden repariert. Österreichische und bourbonische Zeit (1707–1805)Mit dem Frieden von Utrecht fiel das Königreich Neapel an die Österreicher. Unter der Herrschaft der Österreicher war Herzog von Bisaccia (außer Francesco II.):
Von 1731 bis 1739 war Österreich in den polnischen Thronfolgekrieg verwickelt. 1734 wurden die Königreiche von Neapel und Sizilien mit der Schlacht von Bitonto formal nach zwei Jahrhunderten zunächst spanischer und dann österreichischer Herrschaft unabhängig. Auf dem Thron von Neapel und Sizilien setzten sich die Bourbonen fest. In dieser Zeit waren Herzog von Bisaccia:
1769 wurde die Burg nach einem fürchterlichen Brand nach und nach von den adligen Lehensherren aufgegeben.[6] Viele der durch den Brand beschädigten Räume wurden nicht mehr instandgesetzt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gestattete der Herzog von Bisaccia den Bürgern des Ortes, neue Wohnhäuser auf dem Gelände des Burggrabens zu errichten. Die Abschaffung des FeudalismusNach dem Sieg bei Austerlitz am 2. Dezember 1805 betrieb der französische Kaiser, Napoleon Bonaparte, die Besetzung des neapolitanischen Gebietes, die erfolgreich unter Gouvion-Saint Cyr und Reynier durchgeführt wurde, und erklärte somit die bourbonische Dynastie als abgesetzt. Der französische Kaiser ernannte dann seinen Bruder Joseph zum König von Neapel. Unter einer vorwiegend fremden Verwaltung, die aus dem Korsen Cristoforo Saliceti, Andrea Miot und Pier Luigi Roederer bestand, wurden radikale Reformen, wie die Abschaffung des Feudalismus, versucht und umgesetzt.
Mit diesem Gesetz wurde laut Professor Bevilacqua „mit einem Streich die gesamte Gerichtsbarkeit, die Jahrhunderte lang den Baronen eine fast absolute Macht über Menschen, Gebiete, Burgen, Städte, Flüsse, Straßen und Mühlen gab, gestrichen. Kraft dessen wurden die Lehensherren, die alter Sonderrechte über die Bevölkerung beraubt wurden, in einfache Eigentümer ihrer Besitzungen umgewandelt, während alle anderen territorialen Realitäten, die nicht mehr besonderen Gepflogenheiten oder Vorrechten unterworfen waren, unter das Gewohnheitsrecht des neuen Staates fielen.“ Am 8. März 1809 verstarb der achte Herzog von Bisaccia, Giovanni Armando Pignatelli, ohne Erben; das Lehen und der Titel des Herzogs von Bisaccia fielen damit an den königlichen Hof zurück.[27] Die La Rochefoucaulds1815 kehrten mit dem Sieg über Napoleon und Joachim Murat die Bourbonen auf den Thron von Neapel zurück. Der Titel des Herzogs von Bisaccia, der für ungefähr 40 Jahre ungenutzt blieb, wurde am 16. Mai 1851 einem entfernten Verwandten des Königs von Neapel, Ferdinand II., verliehen: Carlo Maria Sosthènes de la Rochefoucauld-Doudeauville.[28] 1860 eroberte der savoyische General Giuseppe Garibaldi das Königreich beider Sizilien und somit auch Bisaccia, das an das Königreich Sardinien angeschlossen wurde; dieses wiederum wurde 1861 in „Königreich Italien“ umbenannt. Das Erdbeben 1910 zerstörte die Burg:
Der 13. Herzog von Bisaccia, Edouard François Marie de la Rochefoucauld (4. Februar 1874 in Paris – 8. Februar 1968), verkaufte die Burg 1956. Seit 1977 gehört die herzogliche Burg der Gemeinde, die sie für verschiedene Ausstellungen und Veranstaltungen nutzt; schließlich wurde in ihrem Inneren das Museo civico archeologico di Bisaccia (dt.: Archäologisches Stadtmuseum von Bisaccia) eingeweiht, in dem etliche archäologische Fundstücke gezeigt werden, darunter die aus dem „Grab der Prinzessin“.[6] Einzelnachweise
Quellen
WeblinksCommons: Castello Ducale di Bisaccia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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