Castbergske barneloverAls Castbergske barnelover (deutsch Castbergische Kindergesetze) werden sechs norwegische Gesetze bezeichnet, die im April 1915 verabschiedet wurden. Sie bildeten die Basis für die Gleichbehandlung von unehelichen und ehelichen Kindern und wurden nach dem Politiker Johan Castberg benannt, der sie gemeinsam mit der Frauenrechtsaktivistin Katti Anker Møller entwickelte. Die Gesetze gehörten zu den fortschrittlichsten in ganz Europa.[1] InhaltDie Castbergske barnelover bestanden aus sechs verschiedenen Gesetzen:[2]
GeschichteHintergrundEnde des 19. Jahrhunderts wurde als ein Problem erkannt, dass uneheliche Kinder viel häufiger in jungen Jahren sterben als Kinder, die in einer Ehe geboren wurde. Als einer der Gründe dafür galt, dass sich alleinstehende Mütter nicht ausreichend um die Kinder kümmern konnten, wenn sie gleichzeitig für die finanzielle Versorgung sorgen musste. Daraus entstand der Wunsch, unehelichen Kindern mehr Rechte zu geben. Im Jahr 1892 wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Väter von unehelichen Kindern stärker an der Versorgung der Kinder beteiligen sollte. Die Frauen musste jedoch selbst dafür sorgen, dass die Väter ihre Pflichten einhielten, weshalb das Gesetz keine größeren Effekte zeigte.[3] DebatteDie Tatsache, dass man uneheliche Kinder und ihre Mütter finanziell unterstützen wollte, war insgesamt wenig umstritten. Zu größeren Diskussionen führte hingegen die Gesetze, die das Erbrecht an die Situation anpassen sollten.[4] Einerseits sollte das Vermögen auch an uneheliche Kinder vererbt werden, andererseits sollte auch der Name des Vaters an das Kind übergehen. Diese Passage über das Erbrecht war unter anderem auch in Teilen der Frauenrechtsaktivistinnen der Zeit umstritten, weshalb es dort zu einer Spaltung kam. Die Gegner befürchteten unter anderem, dass die Ehe auf lange Sicht dadurch untergraben werden würde und somit das Fundament der Gesellschaft zerbräche. Bekannte Aktivistinnen wie Randi Blehr und Gina Krog unterstützten hingegen alle Gesetze.[5] Entwicklung der GesetzeDer radikale Venstre-Politiker Johan Castberg, der im Jahr 1900 ins Nationalparlament Storting eingezogen war, schlug ab 1901 verschiedene Gesetze vor, um die bereits bestehenden auszuweiten. Castberg wurde dabei von verschiedenen Seiten unterstützt, als eine seiner wichtigsten Unterstützerinnen galt seine Schwägerin und Frauenrechtsaktivistin Katti Anker Møller. Er bezeichnete sie später als die „Mutter der Kindergesetze“ (norwegisch: barnelovenes mor). Das Thema wurde schließlich an das statistische Amt Statistisk sentralbyrå weitergeleitet, welches 1907 einen Bericht über die Situation der unehelichen Kinder im Land vorlegte. Dort wurde unter anderem dargelegt, in welchen Landesteilen es die meisten unehelichen Kinder gab und die hohe Kindersterblichkeitsrate untersucht.[6] Ein Vorschlag Castbergs aus dessen Zeit als Justizminister im Jahr 1909 wurde im Parlament Storting jedoch aufgrund des bald folgenden Regierungswechsels nicht behandelt. Im Jahr 1912 schlug der neue Justizminister Frederik Stang der konservativen Høyre eine abgeschwächte Version der Gesetze vor, diese wurden aber ebenfalls nicht umgesetzt. Nach einem erneuten Regierungswechsel wurde Castberg zum ersten Sozialminister der Geschichte Norwegens ernannt und er legte nun erneut einen Vorschlag für die Kindergesetze vor, die nun auch im Parlament behandelt wurden. Am 10. April 1915 verabschiedeten die Abgeordneten den Gesetzesvorschlag, wobei die Politiker der Høyre und Teile der Venstre sich gegen die Neuerungen aussprachen. Für den Vorschlag stimmten die Abgeordneten der Arbeiderpartiet und der radikalere Flügel der Venstre. Castberg selbst erklärte, dass der Tag der Verabschiedung der Gesetze als ein „ehrenvoller Tag in die Geschichte dieser Versammlung“ eingehen werde.[3] Die Gesetze hatten schließlich bis in die 1950er-Jahre bestand, als sie im Rahmen einer Überarbeitung aufgehoben wurden. WelterbeIm Jahr 2015, also 100 Jahre nachdem sie verabschiedet wurden, wurde im Nationalparlament Storting ein Seminar über die Gesetze, Johan Castberg und Katti Anker Møller veranstaltet. Daraufhin fragte das Archiv des Parlaments im Jahr 2016 bei Weltdokumentenerbe der UNESCO an, ob die Dokumente dort aufgenommen werden könnten. Dieses Gesuch wurde im Jahr 2017 bewilligt und die um die Gesetze angesammelten Dokumente Teil des Archivs.[7] Weblinks
Einzelnachweise
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