1970 wurde sie zur Richterin am Landgericht Darmstadt ernannt. Schwerpunkt ihrer richterlichen Tätigkeit war das Strafrecht. Dort war sie, teils mit Dienstermäßigung wegen der Betreuung ihrer zwei Kinder, als Strafrichterin tätig.
1989 wurde sie zur Erprobung an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) abgeordnet. Wurde sie an das Hessische Ministerium für Justiz abgeordnet, wo sie 1989 bis 1993 als Referatsleiterin und ab 1990 als Fortbildungsreferentin tätig war.[1]
Im Oktober 1995 erfolgte die Berufung zur Präsidentin des Landgerichts Limburg an der Lahn[1], ebenfalls mit dem Vorsitz einer Strafkammer verbunden.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Nachdem die OLG-Spitze durch die Gutachteraffäre des Präsidenten Horst Henrichs über ein Jahr unbesetzt war, berief sie Justizminister Rupert von Plottnitz (Bündnis 90/Die Grünen) ab Juni 1998 zur Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Sie war damit in Frankfurt die erste Frau auf dieser Position seit Gründung des Gerichts im Jahr 1866.[1] Sie übernahm gleichzeitig den Vorsitz des 6. Senats (Urheberrecht). In ihre Dienstzeit fielen im April 1999 der Umzug des gesamten Gerichts in das zu diesem Zweck angemietete Gebäude der ehemaligen Bundesbahn-Direktion in der Friedrich-Ebert-Anlage sowie nach den Anschlägen vom 11. September 2001 die Entscheidungen zur Rasterfahndung und der sogenannte Al-Qaida-Prozess vor dem Staatsschutzsenat. Im Juni 2002 zog das Gericht unter ihrer Leitung wieder in das inzwischen sanierte und modernisierte Stammhaus auf der Zeil.
Brigitte Tilmann war – vor allem im Ruhestand – vielfältig ehrenamtlich tätig:[1]
Von 2006 bis 2015 war sie Vorsitzende des Fördervereins für die Anlaufstelle für straffällig gewordene Frauen in Frankfurt am Main.
Von 2006 bis 2016 war sie Vorstandsmitglied des Fördervereins des Fritz-Bauer-Instituts in Frankfurt am Main. Bis 2013 nahm sie dessen Vorsitz wahr.[7]
Sie war unabhängige Aufklärerin und 2010 – neben der Rechtsanwältin Claudia Burgsmüller – Verfasserin des Abschlussberichts über sexuellen Missbrauch an der privaten Odenwaldschule. Die beiden Juristinnen haben die ersten Berichte zur Dokumentation und Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs an der Odenwaldschule erstellt.
Im Mai 2015 wurde Burgsmüller und Tillmann vom Hessischen Kultusministerium beauftragt, die Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch an der staatlichen Elly-Heuss-Knapp-Schule in Darmstatt um fassend aufzuarbeiten. Die beiden stellen ihren abschließenden Bericht im Herbst 2016 der Öffentlichkeit vor.[8][9][10]
Sie war außerdem Vorstandsmitglied des Fördervereins Palliare, der sich für unheilbar kranke Patienten der Palliativmedizin in Offenbach am Main einsetzt.
Veröffentlichung
Claudia Burgsmüller, Brigitte Tillmann: Institutionelles Versagen beim Umgang mit sexueller Gewalt im schulischen Kontext: Aufarbeitung der sexuellen Missbrauchsfälle an Schülern der Elly-Heuss-Knapp-Schule in Darmstadt (1965 – 1992). 1. Auflage. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-20722-9.
Ehrung
2021 Verleihung des Hessischen Verdienstordens für die Arbeit im Rahmen der Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs an der Odenwaldschule. Die Justizministerin Eva Kühne-Hörmann ehrte Tilmann mit den Worten: „Ihr beispielhaftes Engagement hat dazu beigetragen, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland sicherer aufwachsen können.“[12]
↑Urteil Bundesverfassungsgericht vom 8. Februar 2001, 2 BvF 1/00 - (BVerfGE 103, 111 ff.)
↑Personalnachrichten: Oberlandesgericht. In: Justiz-Ministerial-Blatt für Hessen. Hessisches Ministerium der Justiz, September 2006, S. 452, archiviert vom Original am 6. Februar 2021; abgerufen am 1. Februar 2021.